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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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fragen, wie es ihr geht und ob sie nicht Lust hat, mit mir nach Feierabend ins Kino zu gehen. Aber ich traue mich nicht. Ist das auch Liebe?«
    »Nee, das ist Schwachsinn. So kommt man nie an das Mädchen ran, das man liebt. Nicht so schüchtern, mein Junge. Du bist jung, siehst gut aus und hast alles, was man braucht.«
    »Was muss ich tun, Mr Quinn?«
    Robert schenkte ihm Whisky nach. »Ich würde Jenny gern herunterrufen, aber sie hat einen anstrengenden Nachmittag hinter sich. Wenn du meinen Rat hören willst: Trink das, fahr heim, zieh die Uniform aus und ein normales Hemd an. Dann rufst du hier an und schlägst Jenny vor, essen zu gehen. Du sagst, du hast Lust, in Montburry einen Hamburger zu essen. Dort gibt es ein Restaurant, das sie sehr mag. Ich gebe dir die Adresse. Du siehst, du kommst wie gerufen. Wenn du dann im Lauf des Abends merkst, dass die Stimmung entspannt ist, schlägst du ihr einen Spaziergang vor. Ihr setzt euch auf eine Bank und schaut euch die Sterne an. Du zeigst ihr die Sternbilder …
    »Die Sternbilder?«, unterbrach Travis ihn verzweifelt. »Ich weiß kein einziges!«
    »Dann zeig ihr einfach nur den Großen Bären.«
    »Den Großen Bären? Ich erkenne den Großen Bären überhaupt nicht! Verdammt, ich bin aufgeschmissen!«
    »Gut, dann zeig ihr einen x-beliebigen leuchtenden Punkt am Himmel, und gib ihm irgendeinen Namen. Frauen finden es immer romantisch, wenn sich ein Kerl mit Astronomie auskennt. Aber pass auf, dass du nicht ein Flugzeug für eine Sternschnuppe hältst! Und danach fragst du sie, ob sie mit dir auf den Sommerball gehen will.«
    »Glauben Sie, sie sagt Ja?«
    »Da bin ich mir sicher.«
    »Danke, Mr Quinn. Vielen Dank!«
    Nachdem er Travis nach Hause geschickt hatte, gelang es Robert, Jenny aus ihrem Zimmer zu locken. Sie setzten sich zusammen in die Küche, um ein Eis zu essen.
    »Mit wem soll ich denn jetzt auf den Ball gehen, Pa?«, fragte Jenny unglücklich. »Ich werde allein hingehen müssen, und alle werden sich über mich lustig machen.«
    »Mal doch nicht den Teufel an die Wand. Ich bin mir sicher, es gibt haufenweise Typen, die davon träumen, mit dir hinzugehen.«
    Jenny stopfte sich einen Riesenlöffel Eis in den Mund.
    »Ich wüsste zu gerne, wer!«, stöhnte sie mit vollem Mund. »Ich kenne nämlich keinen Einzigen.«
    In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Robert ließ seine Tochter abheben und hörte sie sagen: »Ah, hallo, Travis … Ja? … Ja, gerne … In einer halben Stunde? Perfekt. Bis gleich.« Sie legte auf und lief zurück zu ihrem Vater, um ihm zu erzählen, dass es ihr Freund Travis gewesen war, der ihr vorgeschlagen hatte, in Montburry essen zu gehen. Robert bemühte sich, überrascht zu wirken.
    »Siehst du?«, sagte er. »Ich habe dir ja gesagt, dass du nicht allein auf den Ball gehen wirst.«
    Zur selben Zeit schnüffelte Tamara in Goose Cove im leeren Haus herum. Sie hatte lange gegen die Tür getrommelt – vergebens. Wenn Harry sich versteckte, würde sie ihn schon finden. Aber es war niemand da, also beschloss sie, sich ein wenig umzusehen. Sie begann im Wohnzimmer, ging dann durch die anderen Räume und schließlich auch in Harrys Büro. Dort wühlte sie in den auf seinem Schreibtisch verstreut liegenden Papieren, bis sie auf eines stieß, das er gerade erst geschrieben haben konnte.
    Meine Nola, allerliebste Nola, Nola, meine Liebe! Was hast Du getan? Warum wolltest Du sterben? Etwa meinetwegen? Ich liebe Dich, ich liebe Dich über alles. Verlass mich nicht. Wenn Du stirbst, sterbe ich auch. Du bist das Einzige in meinem Leben, Nola, was zählt. Vier Buchstaben: N-O-L-A .
    Außer sich, steckte Tamara das Papier in die Tasche. Sie war fest entschlossen, Harry Quebert zu vernichten.

19.
    Der Fall Harry Quebert
    »Schriftsteller, die nächtelang durchschreiben, koffeinsüchtig sind und selbst gedrehte Zigaretten rauchen, sind ein Mythos, Marcus. Sie müssen so diszipliniert sein wie ein Boxer beim Training. Zeitpläne müssen eingehalten, Übungen wiederholt werden. Behalten Sie Ihren Rhythmus bei, seien Sie zäh, und sorgen Sie für strenge Ordnung bei Ihren Sachen. Das ist der dreiköpfige Zerberus, der Sie vor dem schlimmsten Feind der Schriftsteller schützen wird.«
    »Und wer ist dieser Feind?«
    »Die Frist. Wissen Sie, was das Wort Frist bedeutet?«
    »Sagen Sie es mir.«
    »Es bedeutet, dass Ihr von Natur aus launisches Gehirn innerhalb einer von jemand anderem festgesetzten Zeitspanne etwas produzieren muss. Genau so,

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