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Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert

Titel: Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Dicker
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sich eine Scheibe Schinken. Als Tamara ihren Gast Schweinefleisch essen sah, durchrieselte sie ein wohliges Gefühl der Erleichterung. Der Mann war perfekt: Er war weder Neger noch Jude.
    Als sie ihre fünf Sinne wieder beisammenhatte, fiel ihr auf, dass Robert seine Krawatte abgelegt hatte und beide Männer das Bier aus der Flasche tranken.
    »Was macht ihr denn da? Ihr trinkt ja keinen Champagner! Und du, Robert, warum bist du so nachlässig gekleidet?«
    »Mir ist heiß!«, klagte Bobbo.
    »Und ich trinke lieber Bier«, erklärte Harry.
    Da erschien Jenny, aufgedonnert, aber bildschön in ihrem Abendkleid.
    Zur selben Zeit fand in der Terrace Avenue 245 Reverend Kellergan seine Tochter weinend in ihrem Zimmer vor.
    »Was ist los, Liebes?«
    »Ach, Papa, ich bin so traurig …«
    »Warum?«
    »Wegen Mutter …«
    »Sag das nicht …«
    Nola saß auf dem Boden, in ihren Augen standen die Tränen. Sie tat dem Reverend unendlich leid.
    »Wollen wir ins Kino gehen?«, schlug er vor, um sie aufzuheitern. »Nur du und ich und eine Riesentüte Popcorn! Die Vorführung beginnt um sechzehn Uhr, das schaffen wir.«
    »Meine Jenny ist ein ganz besonderes Mädchen«, erklärte Tamara, und Robert nutzte den unbeobachteten Moment, um sich mit Aufschnitt vollzustopfen. »Stellen Sie sich vor, schon mit zehn hat sie alle Schönheitswettbewerbe weit und breit gewonnen. Weißt du noch, Jenny, mein Schatz?«
    »Ja, Mom«, seufzte Jenny unbehaglich.
    »Wollen wir uns nicht ein paar Fotoalben ansehen?«, schlug Robert mit vollem Mund vor, die Rolle spielend, die seine Frau zuvor mit ihm einstudiert hatte.
    »Oh, ja!«, rief Tamara begeistert. »Die Fotoalben!«
    Rasch holte sie einen Stoß Alben, die die ersten vierundzwanzig Jahre in Jennys Leben bebilderten. Jedes Mal, wenn Tamara eine Seite umblätterte, kreischte sie: »Wer ist dieses bildhübsche Mädchen wohl?« Und dann antworteten Robert und sie im Chor: »Unsere Jenny!«
    Nach den Fotoalben befahl Tamara ihrem Mann, die Champagnerkelche zu füllen. Dann kam sie auf die Gartenparty zu sprechen, die sie für kommenden Sonntag geplant hatte.
    »Wenn Sie Zeit haben, kommen Sie doch am nächsten Sonntag zum Mittagessen, Mr Quebert.«
    »Gerne«, erwiderte er.
    »Keine Sorge, das wird keine große Sache. Ich weiß ja, dass Sie hierhergekommen sind, um dem mondänen Trubel in New York zu entfliehen. Wir geben einfach nur ein ländliches Essen mit ein paar netten Leuten.«
    Um fünfzehn Uhr fünfzig betraten Nola und ihr Vater das Kino. Im selben Augenblick parkte ein schwarzer Chevrolet Monte Carlo davor.
    »Besetze schon mal die Plätze«, bat David Kellergan seine Tochter. »Ich hole uns Popcorn.«
    Nola verschwand just in dem Moment im Saal, als Harry und Jenny das Kino betraten.
    »Besetze du schon mal die Plätze«, bat Jenny Harry. »Ich gehe noch schnell auf die Toilette.«
    Harry betrat den Saal, und plötzlich stand Nola im Gedränge vor ihm.
    Als er sie sah, zersprang ihm fast das Herz. Sie hatte ihm so gefehlt.
    Als sie ihn sah, zersprang ihr fast das Herz. Sie musste mit ihm reden. Wenn er mit dieser Jenny zusammen war, musste er es ihr sagen. Sie wollte es von ihm selbst hören. »Harry«, sagte sie. »Ich …«
    »Nola …«
    Da tauchte Jenny im Gewühl auf. Als Nola sie erblickte, wurde ihr klar, dass sie mit Harry gekommen war, und sie verließ fluchtartig den Saal.
    »Ist alles in Ordnung, Harry?«, erkundigte sich Jenny, die Nola nicht gesehen hatte. »Du machst so ein komisches Gesicht.«
    »Ja … Ich … Ich komme gleich wieder. Besetze schon mal die Plätze. Ich hole uns Popcorn.«
    »Ja! Popcorn! Mit viel Butter, bitte!«
    Harry verließ den Saal durch die Schwingtür. Er sah, wie Nola das Foyer durchquerte und auf die für die Öffentlichkeit gesperrte Empore im ersten Stock zusteuerte. Vier Stufen auf einmal nehmend, stürmte er hinter ihr her die Treppe hoch.
    Der erste Stock war leer. Er holte Nola ein, ergriff ihre Hand und drängte sie gegen die Wand.
    »Lassen Sie mich los«, sagte sie. »Lassen Sie mich los, oder ich schreie!«
    »Nola! Nola, sei mir nicht böse.«
    »Warum gehen Sie mir aus dem Weg? Warum kommen Sie nicht mehr ins Clark’s?«
    »Es tut mir leid …«
    »Sie finden mich nicht hübsch, ist es das? Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie mit Jenny Quinn verlobt sind?«
    »Was? Ich bin nicht mit ihr verlobt. Wer hat dir das erzählt?«
    Vor Erleichterung trat ein breites Lächeln auf Nolas Gesicht. »Jenny und Sie … Sie sind nicht

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