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Die Wahrheit

Die Wahrheit

Titel: Die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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Es gab kaum etwas Entspannenderes als eine Bootsfahrt in der frühmorgendlichen Stille, und Fiske kannte sich hier aus. »Wir haben Vollmond, und das Boot hat Scheinwerfer und eine Signalleuchte. Außerdem kenne ich diesen Abschnitt des Flusses sehr gut. Und auf dem Wasser ist es viel kühler.« Er blickte sie fragend an.
    Sara zögerte nicht. »Hört sich gut an.«
    Sie gingen zum Boot, und Fiske half ihr hinein.
    »Wissen Sie, wie man ablegt?« fragte er.
    »Als ich in Stanford studierte, war ich bei einigen Bootsregatten dabei.«
    Fiske beobachtete, wie Sara gekonnt die Knoten löste und das Tau einholte. »Dann muß Ihnen der alte Mattaponi ziemlich langweilig vorkommen.«
    »Kommt darauf an, mit wem man hinausfährt.«
    Sie setzte sich neben Fiske, der ins Schrankfach neben dem Stuhl des Bootsführers griff und einen Schlüsselbund hervorzog. Er ließ den Motor an, und sie tuckerten langsam von der Anlegestelle weg. Als sie in der Flußmitte waren, schob Fiske den Gashebel zurück, bis sie ein ziemlich hohes Tempo erreicht hatten. Auf dem Wasser war es um etwa fünf Grad kühler. Fiske hielt eine Hand am Steuerruder und in der anderen das Bier. Sara winkelte die Beine an und richtete sich dann auf, bis ihr Oberkörper sich über der tiefen Windschutzscheibe befand. Sie streckte die Arme aus und ließ ihren verschwitzten Körper vom Wind kühlen.
    »Mein Gott, das fühlt sich herrlich an.«
    Fiske schaute aufs Wasser hinaus. »Mike und ich sind oft um die Wette über den Fluß geschwommen. Manchmal wurde es ziemlich gefährlich. Ein paarmal dachte ich, einer von uns würde ertrinken. Aber eines ließ uns immer durchhalten.«
    »Und was?«
    »Wir konnten den Gedanken nicht ertragen, der andere könnte siegen.«
    Sara lehnte sich zurück und schwang den Stuhl herum, bis sie Fiske anschauen konnte. Dabei glättete sie ihr Haar.
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Ihnen eine sehr persönliche Frage stelle?«
    Fiske verkrampfte sich leicht. »Wahrscheinlich.«
    »Sie werden es nicht falsch verstehen?«
    »Wahrscheinlich doch.«
    »Warum standen Sie und Michael sich nicht näher?«
    »Kein Gesetz besagt, daß Brüder sich nahestehen müssen.«
    »Aber Sie und Mike schienen so viel gemeinsam zu haben. Er hatte eine hohe Meinung von Ihnen, und Sie waren offensichtlich sehr stolz auf ihn. Ich . spüre, daß Sie irgendwelche Differenzen hatten. Aber ich komme einfach nicht dahinter, was zwischen Ihnen schiefgegangen ist.«
    Fiske stellte den Motor ab und ließ das Boot treiben. Dann schaltete er auch den Scheinwerfer aus, und der Mond wurde zu ihrer einzigen Lichtquelle. Der Fluß war sehr ruhig, und sie befanden sich an einer der breitesten Stellen. Fiske zog die Hosenbeine hoch, ging zur Seite des Bootes, setzte sich auf den Rand und tauchte die Füße ins Wasser.
    Sara setzte sich neben ihn, zog den Rock ein wenig hoch und tat es ihm gleich.
    Fiske schaute über den Fluß und nippte an seinem Bier.
    »John, ich will wirklich nicht neugierig sein.« »Und ich bin wirklich nicht in der Stimmung, darüber zu sprechen. In Ordnung?«
    »Aber ...«
    Fiske fuhr mit der Hand durch die Luft. »Sara, das hier ist nicht der richtige Ort, und ganz bestimmt ist es nicht die richtige Zeit, klar?«
    »Sicher, es tut mir leid. Aber mir liegt an Ihnen. An Ihnen allen.«
    Sie saßen schweigend da, während das Boot dahintrieb, so weit vom Ufer entfernt, daß das laute Zirpen der Zikaden kaum zu ihnen drang.
    Schließlich bewegte Fiske sich. »Wissen Sie, Virginia ist wunderschön. Hier gibt es Wasser, Berge, Wälder, Strande, Geschichte, Kultur, High-Tech-Zentren und alte Schlachtfelder. Die Leute hier sind nicht so hektisch wie anderswo. Sie genießen das Leben mehr. Ich könnte mir nicht vorstellen, woanders zu leben. Verdammt, ich bin nie woanders gewesen.«
    »Und hier gibt es wirklich schöne Campingplätze«, sagte Sara.
    Fiske lächelte. »Das auch.«
    »Also bedeutet der Abstecher in die Reiseliteratur, daß das Thema Michael und John Fiske offiziell beendet ist?« Sara hatte kaum ausgesprochen, als sie sich auch schon auf die Zunge biß. Du und dein verdammtes Maulwerk, schalt sie sich.
    »Ich glaube schon.« Fiske stand abrupt auf. Das Boot schaukelte, und beinahe wäre Sara im Wasser gelandet. Fiske streckte die Hand aus und ergriff ihren Arm. Er packte fest zu. Sie schaute zu ihm hoch. Ihre Augen waren so groß wie der Mond über ihr, die Füße trieben sanft im Wasser, und ihr Kleid war naß, wo der Fluß es berührt

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