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Die Wahrheit

Die Wahrheit

Titel: Die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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landen.
    »Ich hab’ euch gesehen! Zum Teufel mit euch beiden. Halb nackt! Ihr habt euch geküßt, während dein Bruder tot auf irgendeinem Seziertisch liegt! Dein Bruder!« Er brüllte die Worte so laut, daß seine Stimme sich überschlug.
    Als Fiske klarwurde, was sein Vater gesehen - oder zu sehen geglaubt - hatte, brach seine Stimme. »Pop, es ist nichts passiert.«
    »Du Arschloch.« Ed versuchte, seinen Sohn an den Haaren zu ziehen, an der Kleidung, wo immer er ihn zu fassen bekam. »Du herzloser Mistkerl«, brüllte er. Sein Gesicht war knallrot angelaufen, sein Atem ging immer gequälter, seine Bewegungen wurden schwerfällig.
    »Hör auf, Pop, hör auf, du kriegst noch einen Herzinfarkt.«
    Die beiden Männer rangen wie verrückt miteinander, rutschten aus, stürzten, wälzten sich über den Boden und den Schotterweg.
    »Mein eigener Sohn!« kreischte Ed. »Ich habe keinen Sohn mehr! Meine beiden Söhne sind tot.«
    Fiske ließ seinen Vater los, und der alte Mann blieb erschöpft am Boden liegen. Er versuchte aufzustehen, sank aber wieder zurück. Sein T-Shirt war von der Anstrengung schweißgetränkt, und der Geruch von Alkohol und Tabak umhüllte ihn. Fiske stand über seinem Vater. Seine Brust hob und senkte sich schwer, und sein Blut vermischte sich mit salzigen Tränen.
    Eine entsetzte Sara stieg aus dem Wagen, kniete neben Ed nieder und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter. Sie wußte nicht, was sie sagen sollte.
    Plötzlich schlug Ed blindlings um sich und traf Sara am Oberschenkel.
    Sie stöhnte vor Schmerz auf.
    »Verschwindet von hier, verdammt noch mal! Beide. Sofort!« schrie Ed.
    Fiske ergriff Saras Arm und zog sie hoch. »Gehen wir, Sara.« Er schaute seinen Vater an. »Dad, fahr mit dem Wagen zurück.« Als Fiske und Sara sich in den Wald schlugen, hörten sie noch immer das Geschrei des alten Mannes.
    Saras Bein schmerzte, und die Tränen machten sie halb blind. »O Gott, John«, sagte sie, »das alles ist meine Schuld.«
    Fiske antwortete nicht. In ihm brannte ein Feuer. Nie war der Schmerz so stark gewesen, und er hatte Angst. Die leidenschaftslosen Warnungen Dutzender Ärzte wirbelten durch seinen Kopf. Er schritt immer schneller aus, bis Sara beinahe rennen mußte, um mithalten zu können.
    »John, John, bitte sagen Sie etwas.«
    Sie griff nach seinem Kinn, um ihm das Blut abzuwischen, doch er stieß ihre Hand zurück. Dann lief er abrupt los.
    »John!« Sara rann ihm nach, doch er war viel zu schnell für sie. »John!« rief sie, »bitte, kommen Sie zurück! Bleiben Sie stehen! Bitte!«
    Im nächsten Augenblick hatte Fiske eine Kurve des Waldwegs erreicht - und dann war er aus Saras Blickfeld verschwunden.
    Sie wurde langsamer; das Brennen in ihrer Brust war fast unerträglich. Sie trat auf einen lockeren Erdklumpen und stürzte schwer. Schluchzend blieb sie auf dem Bett aus Kiefernnadeln liegen. Ihr Schenkel schmerzte und verfärbte sich bereits an der Stelle, wo Ed sie getroffen hatte.
    Als sich eine Zeitlang später eine Hand auf ihre Schulter legte, fuhr sie zusammen. Erschrocken schaute sie hoch, überzeugt, daß Ed sie eingeholt hatte und nun ebenfalls verprügeln wollte, weil sie die Erinnerung an seinen toten Sohn beschmutzt hatte.
    Aber es war John. Er atmete schwer, sein T-Shirt war schweißnaß, und das Blut auf seinem Gesicht verkrustete bereits. »Alles in Ordnung?«
    Sara nickte und rappelte sich auf, biß die Zähne zusammen, als der Schmerz ihr Bein durchraste. Wenn Eds ungezielter Schlag gegen ihren Schenkel schon so weh tat, wollte sie sich lieber nicht vorstellen, welche Schmerzen Fiske ertragen mußte, nachdem er einen Hieb voll ins Gesicht abbekommen hatte. Sara stützte sich auf ihn, als er sich bückte, den Rock hochzog und das Bein untersuchte.
    Er schüttelte den Kopf. »Das wird einen ganz schönen blauen
    Fleck geben. Dad wußte nicht mehr, was er tat. Verzeihen Sie bitte.«
    »Ich habe es verdient.«
    Mit Fiskes Hilfe konnte Sara einigermaßen gehen.
    »Es tut mir leid, John«, sagte sie noch einmal. »Das ... das ist ein einziger schrecklicher Alptraum.«
    Als sie den Wohnwagen fast erreicht hatten, hörte Sara, wie Fiske irgend etwas sagte. Zuerst dachte sie, er würde zu ihr sprechen, aber dem war nicht so.
    Er sprach erneut, ganz leise, den Blick starr nach vorn gerichtet. »Es tut mir leid.« Ungläubig drehte er langsam den Kopf.
    Sara wußte instinktiv, daß die Entschuldigung nicht ihr galt. Vielleicht dem tobenden Mann an der Anlegestelle. Oder

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