Die Wahrheit
nicht das erste Mal, daß jemand das Gericht verläßt, um einem anderen Job nachzugehen, oder?«
Jordan blickte ihn scharf an. »Nein, keineswegs, John. Im Lauf der Jahre haben Beth und ich schon mehrmals darüber gesprochen, wenn Sie es genau wissen wollen. Ich werde dem Senat nicht ewig angehören. In New Mexico besitze ich eine Ranch von siebentausend Morgen. Ich könnte mir gut vorstellen, daß ich mich bis zum Ende meiner Tage darum kümmere.«
»Und Ihre Frau übernimmt Ihren Job, damit er in der Familie bleibt, und wird Senatorin von Virginia?«
»Ich habe mir nie angemaßt, Vermutungen über die Pläne meiner Frau anzustellen. Diese Unkenntnis bringt zusätzliche Frische und Belebung in unsere Ehe, was ich unglaublich erregend finde.« Er lächelte über seine Bemerkung, und Fiske ertappte sich, daß er ebenfalls lächelte.
Sara wollte ihr Glas heben, als ihr plötzlich ein Gedanke kam. »Dürfte ich mal telefonieren, Senator?«
»Benutzen Sie das Telefon in meinem Arbeitszimmer, Sara. Da sind Sie ungestört.«
Sie warf Fiske einen Blick zu, sagte aber nichts. »Eine erstaunliche junge Frau«, sagte Jordan Knight, nachdem Sara gegangen war.
»Da möchte ich Ihnen nicht widersprechen«, sagte Fiske.
»Da sie als Assessorin für Beth arbeitet, kenne ich sie ganz gut. Ich war für sie beinahe so etwas wie eine Vaterfigur, könnte man fast sagen. Ihr steht eine brillante Zukunft bevor.«
»Nun ja, in Ihrer Frau hat sie ein blendendes Vorbild.« Fiske wäre beinahe an seinem Drink erstickt, als er diese Worte sagte.
»Da haben Sie vollkommen recht. Beth macht keine halben Sachen.«
Fiske dachte kurz über diese Bemerkung nach. »Ich weiß, Ihre Frau ist eine Draufgängerin, aber vielleicht sollte sie es ein bißchen ruhiger angehen lassen, bis die Morde an den Assessoren aufgeklärt sind. Sie wollen einem Verrückten doch bestimmt keine weitere Zielscheibe präsentieren.«
Jordan Knight betrachtete Fiske kurz über den Rand seines Glases hinweg. »Glauben Sie wirklich, auch die Richter könnten in Gefahr sein?«
Fiske glaubte es eigentlich nicht, aber das würde er Knight nicht verraten. Er wollte nicht, daß irgend jemand in seiner Wachsamkeit nachließ. Immerhin war es ja möglich, daß er und Sara mit ihren Schlußfolgerungen falsch lagen.
»Drücken wir es mal so aus, Senator. Falls Ihrer Frau etwas zustößt, wird niemand etwas darum geben, was ich glaube.«
Jordan Knight erbleichte ein wenig. »Ich verstehe, was Sie meinen.«
Fiske bemerkte, daß mehrere andere Gäste darauf warteten, mit dem Senator sprechen zu können. »Ich möchte Ihre Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Machen Sie weiterhin so gute Arbeit.«
»Danke, John, das habe ich vor.«
Senator Knight wandte sich den anderen Gästen zu. Er mußte sich nicht die Mühe machen, durch den Raum zu streifen, um mit einzelnen Personen zu sprechen. Seine Frau hatte wahrscheinlich schon alle wichtigen Gäste begrüßt.
In Jordan Knights Arbeitszimmer wählte Sara ihre Privatnummer, um den Anrufbeantworter abzuhören, was sie zu Hause versäumt hatte. Sie hoffte verzweifelt, etwas von George Barker zu hören, dem Zeitungsherausgeber aus Rufus Harms’ Heimatstadt. Ihre Hoffnung wurde erfüllt, als sie die tiefe Stimme des alten Mannes hörte, die sich ein wenig zerknirscht anhörte.
Sara riß einen Zettel vom Notizblock auf dem Schreibtisch ab und schrieb den Namen von Harms’ ehemaligem Anwalt auf: Samuel Rider. George Barker hatte ihr nur den Namen durchgegeben; offensichtlich enthielten seine Akten nach fünfundzwanzig Jahren keine weiteren Informationen. Sie mußte so schnell wie möglich die Adresse und Telefonnummer der Kanzlei dieses Rider herausfinden. Der Zufall kam ihr zu Hilfe: Auf dem Regal auf der anderen Seite des Zimmers stand ein Exemplar des neuesten Martindale-Hubbell, des offiziellen Branchenverzeichnisses ihrer Profession, das angeblich Namen, Kanzleiadresse und Telefonnummer jeden Anwalts enthielt, der in den Vereinigten Staaten praktizieren durfte. Das Nachschlagewerk war in Bundesstaaten und Bezirke unterteilt. Sara beschloß, es zuerst mit Virginia zu versuchen. Als sie den Index dieses Bundesstaates durchsah, wurden ihre Bemühungen belohnt. Sie stieß auf den Namen Samuel Rider, blätterte zu der angegebenen Seite und fand dort eine Kurzbiographie des Mannes. Rider war Anfang der siebziger Jahre beim JAG gewesen. Das mußte der Mann sein.
Sara rief unter der angegebenen Nummer an, doch niemand ging ans
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