Die Wahrheit
Parkplatz am Straßenrand gefunden.«
Fiske starrte zum Bürgersteig hinüber. »Ich könnte schwören, daß ich den Wagen genau dort abgestellt habe.«
Sara schaute aus dem Fenster. »Direkt neben diesem Halteverbotsschild, meinen Sie?«
Fiske sprang aus dem Wagen, und genau in diesem Augenblick wurde der Regen stärker. Er blickte zu dem Schild hinauf und schaute dann zu der Lücke, in der sein Auto gestanden hatte. Er setzte sich wieder in Saras Wagen, lehnte sich im Sitz zurück und schloß die Augen. Wassertropfen schimmerten auf seinem Gesicht und im Haar. »Mann, was ist das heute für ein Tag.«
»Ich rufe die Nummer vom Abschleppdienst an, dann können Sie das Bußgeld bezahlen und bekommen den Wagen zurück.« Sara zog ihr Handy hervor und wählte die Nummer, die sie vom Halteverbotsschild ablas. Sie ließ es zehnmal klingeln, doch niemand hob ab. Schließlich unterbrach sie die Verbindung. »Sieht nicht so aus, als würden Sie Ihren Wagen heute noch zurückkriegen.«
»Ich muß es unbedingt meinem Dad sagen.«
»Oh.« Sie dachte kurz nach. »Na gut, dann fahre ich Sie eben.«
Fiske schaute in den strömenden Regen hinaus. »Im Ernst?«
Sara legte den Gang ein. »Suchen wir Ihren Dad.«
»Können wir vorher noch irgendwo vorbeifahren?«
»Klar. Wenn Sie mir sagen wo.«
»Bei der Wohnung meines Bruders.«
»John, ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.«
»Ich halte es für eine tolle Idee.«
»Wir kommen sowieso nicht rein.«
»Ich habe einen Schlüssel«, sagte Fiske.
Sara schaute völlig verwirrt drein.
»Ich habe Mike beim Umzug geholfen, als er hier am Gericht anfing.«
»Hat die Polizei die Wohnung denn nicht versiegelt?« »Chandler hat gesagt, er wolle sie sich erst morgen ansehen.« Fiske schaute Sara an. »Keine Angst, Sie bleiben im Wagen. Wenn irgendwas passiert, fahren Sie einfach los.«
»Und wenn Michaels Mörder in der Wohnung ist?«
»Haben Sie ’nen Wagenheber im Kofferraum?«
»Ja.«
»Dann ist heute mein Glückstag.«
Sara atmete ganz flach ein. »Ich hoffe, Sie wissen, was Sie tun.«
Das hoffe ich auch, dachte Fiske.
KAPITEL 26
Als sie Michael Fiskes Wohnung erreichten, fand Sara einen Parkplatz um die Ecke. »Können Sie den Kofferraum von innen entriegeln?« fragte Fiske und stieg aus, als Sara nickte.
Sie hörte, wie er kurz den Kofferraum durchstöberte. Als er dann plötzlich am Seitenfenster auftauchte, zuckte sie unwillkürlich zusammen. Dann drehte sie rasch die Scheibe herunter.
»Verriegeln Sie die Türen, lassen Sie den Motor laufen und halten Sie die Augen auf, klar?«
Sie nickte und sah, daß er in der einen Hand den Wagenheber und in der anderen eine Taschenlampe hielt.
»Wenn Sie nervös werden oder irgend etwas passiert, geben Sie einfach Gas. Ich bin ein großer Junge. Ich komme schon irgendwie nach Richmond.«
Störrisch schüttelte Sara den Kopf. »Ich warte hier.«
Als sie beobachtete, wie Fiske um die Ecke ging, kam ihr ein Gedanke. Sie wartete noch eine Minute, bis sie sicher war, daß er das Haus betreten hatte; dann fuhr sie um die Ecke, zurück auf die Straße, an der Michael gewohnt hatte, und parkte gegenüber von dem Reihenhaus. Sie zog das Handy hervor und schaltete es wieder ein. Falls sie irgend etwas beobachten sollte, das ihr auch nur entfernt verdächtig vorkam, würde sie in Michaels Wohnung anrufen und Fiske warnen. Ein guter Plan für einen Notfall. Doch Sara hoffte, daß es nicht so weit kommen würde.
Fiske schloß die Tür hinter sich, schaltete die Taschenlampe ein und schaute sich um. Es gab keine offensichtlichen Anzeichen dafür, daß jemand die Wohnung durchsucht hatte.
Er betrat die kleine Küche, die durch eine hüfthohe Theke vom Wohnzimmer abgetrennt wurde. Dann suchte er nach Plastikbeuteln, fand schließlich welche in einer Schublade des Küchenschranks und zog sie sich über die Hände, um keine Fingerabdrücke zurückzulassen. Eine schmale Tür führte in die Speisekammer, doch Fiske hielt sich gar nicht erst damit auf, den winzigen Raum zu inspizieren. Sein Bruder war nicht der Typ, der Dosen mit Mais und Erbsen in ordentlichen Reihen aufstellte.
Er ging durchs Wohnzimmer und sah in der kleinen Garderobe nach, entdeckte aber in keiner der Manteltaschen etwas. Dann ging er zum Schlafzimmer im hinteren Teil der Wohnung. Die Bodenbretter waren abgetreten und knirschten bei jedem Schritt. Er stieß die Tür auf, schaute ins Zimmer. Das Bett war nicht gemacht, und da und dort lagen Kleidungsstücke.
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