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Die Wahrheit

Die Wahrheit

Titel: Die Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baldacci
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oder fischen - ebenfalls allein. Er hatte nicht das Bedürfnis nach Gesprächen mit anderen Menschen und war von daher ein ziemlich verschlossener Mensch. Aber das alles hatte sich jetzt geändert. Ihm war noch nicht in vollem Umfang deutlich geworden, was er auf sich genommen hatte, doch er ahnte, daß es eine riesige Verantwortung darstellte. Doch an der Richtigkeit seiner Entscheidung zweifelte er keinen Augenblick.
    Joshs Freund hatte den Kleinlaster zum Wohnmobil umgebaut, und sein Bruder war nun hinten im Fahrzeug und ruhte sich aus ... wenngleich Josh bezweifelte, daß Rufus wirklich schlafen konnte. Im Wohnteil des Fahrzeugs befanden sich auch Vorräte und Wasser für einen Monat, zwei Jagdgewehre und eine halbautomatische Pistole; eine weitere steckte in Joshs Gürtel. Dieses Arsenal war nichts im Vergleich zu dem ihrer Verfolger, die ihnen bald auf den Fersen sein würden, doch Josh hatte schon mehr als einmal in fast aussichtslosen Situationen gesteckt und dennoch überlebt.
    Er zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch bedächtig aus dem Fenster. Sie befanden sich bereits dreihundert Kilometer von Roanoke entfernt, und Josh wollte so viele Meilen zwischen sie und die Stadt bringen, wie er nur konnte. Er wußte, daß man die Flucht mittlerweile entdeckt haben würde. Ihre Verfolger - ihre Jäger - würden Straßensperren errichten. Aber nicht in einer so einsamen Gegend wie dieser, hoffte Josh, nicht so weit draußen. Er und Rufus hatten sich einen Vorsprung verschafft, doch die Lücke würde sich schnell schließen. Was Personal und Ausrüstung betraf, waren die Jungs in Grün ihnen haushoch überlegen. Aber Josh jagte und fischte seit mindestens zwanzig Jahren hier in der Gegend. Er kannte all die verlassenen Hütten, die versteckten Täler, die kleinste Lichtung im ansonsten undurchdringlichen Wald. Und er war ein Mann, der gelernt hatte, zu überleben und dem Tod immer wieder zu entwischen - nicht nur durch den täglichen Existenzkampf in den USA, auch in den Dschungeln Vietnams, eine halbe Welt entfernt.
    Obwohl Josh sämtlicher Autorität, ob staatlicher oder sonstiger Natur, zutiefst mißtraute, brach er das Gesetz nicht leichthin. Doch er hatte seinen kleinen Bruder nie für einen verrückten Mörder gehalten.
    Rufus hätte niemals zur Army gehen dürfen. Er war einfach nicht aus dem richtigen Holz geschnitzt. Ironischerweise war Josh, der hochdekorierte Kriegsheld, eingezogen worden. Rufus dagegen hatte sich freiwillig gemeldet, hatte seine Dienstzeit aber hauptsächlich im Bau verbracht. Josh war nicht allzu versessen darauf gewesen, für ein Land das Gewehr in die Hand zu nehmen, das ihn und alle anderen Menschen seiner Hautfarbe weitgehend im Stich gelassen hatte. Dennoch hatte er sich nicht gegen die Einberufung gewehrt, hatte sich schleifen und drillen lassen und hatte gegen den Vietkong gekämpft, jedoch nicht für sein Land, sondern aus einem ganz anderen Motiv. Er hatte es für sich und die Männer in seiner Kompanie getan. Einen anderen Grund, Menschen zu töten, mit denen er keinen persönlichen Streit hatte, gab es für ihn nicht.
    Josh bremste und bog auf eine unbefestigte Straße ab, die tiefer in die Wälder führte. Rufus hatte ihm einiges von dem erzählt, was vor fünfundzwanzig Jahren geschehen war, und was diese Männer mit ihm angestellt hatten. Josh spürte, wie sein Gesicht rot anlief, als er nun an einen Zwischenfall dachte, den er verdrängt hatte, der aber noch immer Zorn und Haß in ihm entfachte: Was ihr Wohnort, diese Kleinstadt in Alabama, der Familie Harms angetan hatte, nachdem die braven Bürger von Rufus’ Verbrechen gehört hatten, war unsäglich. Damals hatte Josh versucht, seine Mutter zu schützen. Es war ihm nicht gelungen. Laß mich den Männern begegnen, die meinem Bruder das angetan haben, lieber Gott. Hast du gehört, Gott? Hörst du mir zu?
    Josh hatte die Absicht, sich eine Zeitlang hier zu verstecken, bis der anfängliche Eifer ihrer Jäger ein wenig abgeflaut war, und dann weiterzufahren. Vielleicht konnten sie sich nach Mexiko durchschlagen und dort untertauchen. Josh ließ nicht allzuviel zurück. Eine zerstörte Familie, die immer mehr zerfiel. Eine Schreinerei, die er trotz seines Fleißes und seiner Geschicklichkeit nur mühsam hatte über Wasser halten können. Rufus war alles an Familie, was Josh noch geblieben war. Und er, Josh, war ganz bestimmt alles, das Rufus je an Familie haben würde. Ein Vierteljahrhundert hatte man sie

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