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Die Wand der Zeit

Die Wand der Zeit

Titel: Die Wand der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Bruce
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erster Marschall.«
    »Ich kenne Sie nicht.«
    »Ich bin Bran.«
    Sie schüttelt den Kopf. »Nein.«
    Ich gebe ihr einen Stoß, als ich sie loslasse und mich abwende.
    »Vielleicht sollten Sie jetzt gehen.«
    Ich gehe zur Tür hinaus. Ich sehe mich nicht noch einmal um.
    Ich mache mich auf den Weg zu Abels Haus. Laufe durch die dunklen Straßen. Man sieht kaum noch irgendwo Licht. Es ist später, als ich dachte. Der Mondschein wirft Schatten von den Dächern. An einer Dachkante bewegt sich etwas. Ich blicke rasch auf. Nichts zu sehen. Ich drehe mich im Kreis. Immer noch nichts. Ich denke an die Insel zurück, an die Köpfe, die mich von den Kliffs her angestarrt haben.
    Als ich den Blick senke, sehe ich ihn. Eine Gestalt, das Gesicht kann ich nicht erkennen. Er drückt sich in einen Hauseingang. Ich rufe. Laufe auf ihn zu. Hinter ihm öffnet sich eine Tür, und weg ist er.
    Ich werfe mich gegen die Tür. Schlage mit beiden Händen dagegen. Nehme Anlauf und versetze ihr einen Tritt.
    Mausmenschen. Sie halten sich im Dunkeln. Was sie nicht verstehen, davor laufen sie weg.
    Diesmal habe ich mein Messer dabei. Es gleitet mühelos in den Spalt. Ich drehe es und spüre, wie das Metall nachgibt. Das Schloss öffnet sich leicht. Es ist eingerostet wie eines, das jahrelang nicht benutzt worden ist. Ich betrete Abels Haus und warte, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen. Alles ist voll Staub. Der ganze Raum ist grau davon, noch grauer durch das Mondlicht.
    »Hallo?«, höre ich mich rufen. Ich weiß nicht, ob ich eine Antwort erwarte.
    Allmählich kann ich in der Dunkelheit Gegenstände ausmachen, Sachen, die ich kenne. An der Wand hängt eine Degenscheide, die Abel gehört hat. Er bekam sie von mir als Auszeichnung nach einer Schlacht. Hinter den feindlichen Linien hatte er einen Trupp Soldaten in Sicherheit gebracht und dabei noch einen Wachposten gefangen genommen. Eine Glanztat zu einer Zeit, wo jede weitere Niederlage unser Ende hätte bedeuten können. Ich weiß noch, wie er die Scheide entgegengenommen hat. Todernst sah er mich an, als ich sie ihm überreichte. Sein Blick war schon fast feindselig, aber wohl eher ein Ausdruck der Entschlossenheit. Mit Lächeln hat er es nie so gehabt.
    Ich spüre, dass in diesem Raum irgendetwas passiert ist. Sachen liegen herum. Eine Schublade steht offen. Abel war ein sehr ordentlicher Mensch. Deshalb arbeiteten wir gut zusammen. Wir waren uns da ähnlich. Nichts entging seiner Aufmerksamkeit. Wenn das Abels Haus ist, muss etwas passiert sein. So verlottert. Aber es ist Abels Haus. Mit Abels Sachen.
    Auf dem Tisch liegt ein Hauptbuch von der Art, wie ich sie hatte anfertigen lassen. Ich schlage es auf. Es ist leer bis auf denVermerk »Eigentum von Bran. Auf Verlangen dem Büro des Marschalls von Bran auszuhändigen«. Diesen Vermerk hatte ich eingeführt. Effektiv bedeutete er wenig, aber er war einer der Bausteine der Siedlung, ein Schritt zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung. Als Geste war er ganz entscheidend. Ich klappe das Buch zu. Meine Finger hinterlassen Spuren auf dem verstaubten Umschlag. Ich bedaure, dass das Buch kein Datum trägt, das einen Hinweis auf den Zeitpunkt von Abels Verschwinden hätte geben können, und dass weder meine noch Abels Handschrift darin zu finden ist, denn damit hätte ich meine Geschichte untermauern können.
    Ich gehe in die Küche. Die Schränke sind leer, der ganze Raum ist leer bis auf einen kleinen Tisch und den umgekippten Stuhl. Das Schlafzimmer liegt neben der Küche. Dort ist es wegen des Rollos vor dem einzigen Fenster beinah stockdunkel. Nur durch die Ritzen zwischen den Wandbrettern dringt Licht. In der Mitte steht ein Bett aus Holz und am Fuß des Betts eine Truhe. Ich klappe sie auf. In der Ecke liegt zusammengeknüllt eine Jacke. Mein Herz schlägt schneller. Ich schüttle sie aus. Es ist eine Militärjacke. Die Abzeichen sind abgerissen, doch die Anzahl der Risse verrät mir, dass es die Jacke meines Stellvertreters ist. Ich sehe sie noch vor mir, wie sie früher aussah. Ich schaue nach dem Namen an der Brusttasche. Auch er ist abgerissen worden.
    Das Bett ist ungemacht. Die Laken sind zerwühlt. Ich schüttle sie aus. Halte mir eine Decke ans Gesicht. Ich kann sie riechen. Tief atme ich ein. Die Decke riecht nach ihr. Nach der Seife an ihren Händen. Nach ihrem Haar. Ich lege mich hin.
    Ich schlafe wie betäubt. Als ich aufwache, wird es schon hell. Ich nehme die Jacke und gehe in die Küche. Dort am Bodenspringt

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