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Die Wanderbibel

Titel: Die Wanderbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Kehle , Mario Ludwig
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heil unten ankommen, fragte ich mich, derweil sich die letzten Nebelschwaden auflösten und auch die Sonnenbrille gegen die Helligkeit kaum schützte.
    Es sollte gelingen. Es sollte sogar sehr amüsant werden. Wir spazierten die siebzig Höhenmeter zur Bergstation zurück und hielten uns ab sofort immer an den Rand der Skipiste. Plötzlich fuhren zwei Osterhasen an uns vorbei und winkten. Wir konzentrierten uns immer wieder auf die Skifahrer, die von oben heranrauschten. Aus Sicherheitsgründen – Helme hatten wir wieder mal keine dabei. Erneut kamen zwei Osterhasen vorbei, dann folgte ein Schlauchboot. In dem Boot saßen zwei Mädchen im Bikini und johlten, zwei junge Männer mit Schnorchel und Taucherbrille steuerten das Boot mit Hilfe von Paddeln durch den Schnee. Die acht Füße hatte das Quartett in Alufolie eingewickelt. Als Nächstes folgte ein Kanu, das allerdings immer wieder zur Seite kippte. Dieser Paddler kam nur unwesentlich schnel ler als wir voran. Eine Viertelstunde später war das Schlauchboot an einem Pfosten gestrandet, die Luft war entwichen, die Mädchen schlotterten und hüpften im Schnee auf und ab. Die Osterhasen tanzten um die kichernden Mädchen herum und versorgten sie aus einer Thermosflasche mit Glühwein. »Wenn jetzt noch ein Strandkorb vorbeifährt, fress ich einen Besen«, rief ich Anja zu, als wir die Skipiste überqueren mussten. Stattdessen kamen die beiden Engländer vorbei, die uns wüst beschimpften. Wir hatten uns also doch auf die Pisten gewagt mit unserem peinlichen Wanderoutfit. »Drüben Richtung Bäume«, hechelte Anja und deutete damit an, dass wir uns der Baumgrenze näherten, wo wir Schleichwege bis zur Mittelstation finden sollten. Ein Tandemski kam vorbei, auf dem zwei halb nackte Jungs auf Flip-Flops in die Tiefe rutschten beziehungsweise sich mühsam auf den Beinen hielten. »Pass auf, der Strandkorb kommt noch!«, brüllte ich, als ich in einiger Entfernung einen Snowboarder ausmachte, der einen ausgewachsenen Sonnenschirm über seinen Kopf hielt. An einem sicheren Platz nahe einer mit Schindeln bedeckten Hütte entdeckten wir noch ein gutes Dutzend junger Leute, die sich auf Luftmatratzen der Mittelstation näherten.
    Wir schafften es unverletzt zur Mittelstation und zum Lunch in die »Wedelstube«. Ein Strandkorb kam nicht vorbei, aber ein junger Mann, der ständig schrie: »Ist das scheiße eiskalt«, während er halb nackt und mit einem um die Schulter gelegten Handtuch auf einer Bastmatte versuchte, den Hang hinunterzukommen. Unten an der Mittelstation hatte der Wind einige Wasserbälle herangeweht sowie einen herrenlosen aufblasbaren Sessel.
    Wieder einmal fragten wir uns in der Gondelbahn, was hier gespielt wurde. Kameramänner oder -frauen sahen wir nicht, Fasching war vorbei, und wir selbst waren einfach keine zwanzig mehr. Natürlich waren wir an diesem Tag der Alptraum eines jeden Skifahrers und Planers von Winterwanderwegen – genau so sollte man es eigentlich nicht machen. Am nächsten Tag machten wir es richtig und verhielten uns vorbildlich. Vom Talort Au wanderten wir auf dem viel gepriesenen Weg durch ein »einsames Hochtal« mit Blick auf den eisigen Zitterklapfen bis zur Bergkristallhütte und kehrten dort ein. Eine Herausforderung war nach einem Bier und zwei Enzianschnäpsen der Rückweg, unsere Schlitten hatten wir zu Hause gelassen.
    Nebenbei bemerkt kann man mit etwas Pech auch im Sommer die schönsten Winterwanderungen machen. Schneefälle bis in mittlere Lagen sind im Juli oder August gar nicht so selten. Mitten im Juli 2009 scheiterte die Besteigung eines bescheidenen Zweieinhalbtausenders in Südtirol in hüfttiefem Neuschnee.

12 Wie viel Masse verträgt ein Massenlager?
    Übernachten auf einer Berghütte
    »Sich nicht zu waschen, auf Stroh zu liegen, mit fremden Leuten Bein an Bein. Da muss man schon sehr hoch gestiegen oder tief gefallen sein.« Ich weiß nicht mehr, wo ich diesen Spruch gelesen habe. Aber eins war mir sofort sonnenklar: Der unbekannte Poet hatte ganz sicher reichlich Erfahrung in Sachen Übernachtung in einer Berghütte vorzuweisen.
    Wer in den Alpen hoch hinaus oder eine mehrtägige Wanderung unternehmen will, wird nämlich in den allermeisten Fällen um die Übernachtung auf einer Berghütte kaum herumkommen.
    Der weitaus größte Teil der Hütten in den Alpen ist bewirtschaftet. Hier kann sich der Wanderer bei Bier und Knödeln stärken und auch mehr oder weniger komfortabel sein müdes Haupt betten. Bei den

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