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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wenigstens die Hände wäscht, oder wir werden auf getrennter Küche bestehen müssen.«
    Marie verzog schmollend das Gesicht. »Ich würde am liebsten auf die Gesellschaft der vier verzichten.«
    »Ich auch, das kannst du mir glauben. Aber es ist zu riskant, mit den Wallfahrern zu ziehen. Es sind genug Kerle dabei, die uns neben der Straße auf den Rücken legen würden, ohne zu bezahlen. Warten wir aber, bis alle weg sind, haben wir die Mönche am Hals, die bei zwei einsamen Frauen schnell ihre Gottesfurcht vergessen.«
    Marie brach ein Stück Brot ab, das ebenfalls noch aus Arnstein stammte, und schob es sich in den Mund. »Warum mussten wir ausgerechnet auf diese Dreckfinken stoßen? Hätten es nicht ein paar nettere Huren sein können?«
    »Man spricht nicht mit vollem Mund, es sei denn, du willst dir an Berta ein Beispiel nehmen«, wies Hiltrud sie zurecht.

III.
    A m nächsten Morgen brachen die ersten Wallfahrer auf. Trotzdem gab es noch Arbeit für die sechs Huren. Da Marie als wählerisch galt, kamen nur zwei Männer zu ihr. Der erste war ein junger Ritter, den sein Vater geschickt hatte, um dem Kloster eineSpende zu überbringen. Der Bursche fand wohl, dass die Mönche auf die paar Schillinge verzichten konnten, die er für die schöne Hure ausgab. Der zweite war der Prior des Klosters, in dessen Händen die gestifteten Gelder zusammenliefen. Er erwies sich als der angenehmere der beiden. Während der Ritter recht ungestüm zu Werke ging, zog der fromme Mann eine Stellung vor, die vielleicht der Demut seines geistlichen Amtes entsprach, aber gewiss nicht den Lehren der heiligen Kirche. Er legte sich auf den Rücken und ließ Marie das tun, was im Allgemeinen Männerwerk genannt wurde.
    Hiltrud hielt ihr Versprechen und ließ nur die Freier in ihr Zelt, deren Aussehen und Geruch den Regeln entsprachen, die sie Marie vor fast vier Jahren vorgebetet hatte. Einige der Abgewiesenen bedachten sie mit bösen Schimpfworten und stellten sich dann vor den Zelten der vier übrigen Huren an, die jeden nahmen, der drei Haller Pfennige bezahlen konnte.
    Im Laufe des Tages sprachen immer mehr Wallfahrer ihr letztes Gebet in der Kapelle und brachen dann auf. Als der Andrang vor den Zelten der anderen Huren nachließ und sich auch die Kirche sichtbar leerte, empfand Marie plötzlich das Bedürfnis, dort ein Gebet zu sprechen. Sie wunderte sich über sich selbst, denn seit jenem schrecklichen Tag in Konstanz hatte sie kein Gotteshaus mehr betreten und auch sonst keinen Trost im Glauben mehr gefunden. Sie legte ein Tuch um, das einen Teil der gelben Bänder verdeckte, und schlenderte zu der Wallfahrtskirche hinüber.
    Als sie durch das Tor treten wollte, vertrat ein älterer Mönch ihr den Weg. »Das ist das Haus der Heiligen Jungfrau. Hier haben Huren nichts verloren.«
    Für einen Augenblick überlegte Marie, ob sie ihn mit ein paar Münzen bestechen sollte, doch dann kochte die ganze Wut über die Behandlung vor dem bischöflichen Gericht in Konstanz wieder in ihr hoch. Sie zog das Tuch enger um die Schulternund wandte sich mit einem Ruck ab, um der plötzlich zugreifenden Hand des Mönches zu entgehen. Trotzdem nahm sie die Enttäuschung auf seinem Gesicht wahr und die dahinter aufflackernde Gier. Sie wusste, was er beabsichtigte. Sie sollte sich den Eintritt in die Kirche mit ihrem Körper erkaufen. Aber den Gefallen würde sie ihm nicht tun. Welchen Wert hätte ihr Gebet noch, wenn sie unter dem Dach des Gotteshauses Unzucht getrieben hatte? Nach den Regeln der Kirche war das ein Verbrechen, für das die Frau zumindest etliche Rutenhiebe zu erwarten hatte.
    Der Mönch gab nicht so schnell auf, sondern folgte ihr ein Stück über die Wiese. Einige Wallfahrer enthoben Marie der bösen Worte, die ihr auf der Zunge lagen, denn sie hielten ihn auf und baten ihn, einen Segen über die Devotionalien zu sprechen, die sie von den Händlern erworben hatten.
    Marie atmete auf und richtete ein lautloses Gebet an die Schutzheilige der Hübschlerinnen, wie Maria Magdalena von den Huren genannt wurde. Dann setzte sie sich neben Hiltruds Ziegen ins Gras und kraulte die Zicklein.
    Hiltrud gesellte sich zu ihr. »Du hattest Recht, Marie. Zwar habe ich heute weniger verdient als an ähnlichen Tagen, doch ich fühle mich weitaus besser.«
    Marie lehnte ihren Kopf an Hiltruds Schulter. »Das freut mich für dich. Auch wenn wir nur Huren sind, die sogar von denen verachtet werden, die in den Städten als unehrliche Menschen gelten, so haben

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