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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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eröffnet und die Anklage verkündet werden«, wies der Magister ihn zurecht. »Immerhin geht es nicht nur um dieses verlotterte Frauenzimmer, sondern auch um einen in betrügerischer Absicht geschlossenen und falsch beschworenen Vertrag.«
    Auf ein Zeichen des Richters erhob sich Ruppert und trat in die Mitte des Saales. Mit seiner schwarzen Kutte und dem silbernen Kreuz auf seiner Brust glich er einem Mönch. Nur die Tonsur fehlt noch, dachte Mombert mit grimmiger Miene.
    Ruppertus Splendidus, der Bastard des Grafen von Keilburg, beschuldigte Meister Matthis, ihn wissentlich getäuscht und zur Verlobung mit seiner Tochter genötigt zu haben.
    »Er dachte wohl, er könne einem Fremden, der nur selten nach Konstanz kommt, seine Tochter unterschieben«, rief er zuletzt mit hallender Stimme. »Doch diese beiden braven Männer hier folgten dem Ruf ihres Gewissens und warnten mich vor Matthis Schärers Hinterlist und dem liederlichen Lebenswandel seiner Marie.«
    »Ja, genau so war es«, stimmte Utz dem Magister zu.
    Marie drehte sich zu ihrem Vater um, in der Erwartung, er würde aufstehen und gegen diese widerlichen Unterstellungen protestieren. Doch Matthis Schärer saß schwankend auf der Bank, hielt seinen rot angelaufenen Kopf mit beiden Händen fest und vermied es, in ihre Richtung zu blicken. So blieb ihr nichts anderes übrig, als sich und damit auch ihn zu verteidigen.
    Sie deutete eine Verneigung an und sah dem Richter direkt in die Augen. »Das ist ein infames Lügengebilde, ehrwürdiger Vater! Als mein Vater den Vertrag unterzeichnet hat, war ich eine reine, unschuldige Jungfrau, so wahr mir Gott helfe. In dieser Nacht haben mir die drei elenden Schufte dort mit Gewalt geraubt, wasich unter dem Schutz meines Vaterhauses sorgsam gehütet habe. Die Gottesmutter ist meine Zeugin!«
    »Wenn du die Wahrheit sprichst, wird die Matrone, die dich geprüft hat, deine Worte bestätigen. Wenn du aber gelogen hast, wird dich die volle Schwere des Gesetzes treffen.«
    Marie begehrte auf. »Aber sie kann meine Unschuld doch gar nicht bezeugen! Sie hat mich erst in meiner Schande gesehen und mir mit eigener Hand das Blut von meinen Schenkeln gewaschen.«
    Pater Honorius seufzte. »Marie Schärerin, wenn die Witwe Schusterin uns versichern kann, dass dein Jungfernblut geflossen ist, werden wir deine Unschuld als erwiesen ansehen, und die volle Härte des Gesetzes wird die wahren Schuldigen treffen.«
    Die Miene des Richters verriet ebenso wie seine Stimme, dass er nicht an diese Möglichkeit glaubte. Marie spürte, wie sich jedes Haar auf ihrem Körper aufrichtete. Sie konnte nur hoffen, dass Euphemia angesichts des Kreuzes und der Heiligenbilder ringsum ihrem Gewissen gehorchte und nicht aus Rache, weil ihr Vater ihren Heiratsabsichten eine Abfuhr erteilt hatte, einen Meineid schwor. Doch als die Witwe hereingeführt wurde, sah Marie ihr an, dass diese nicht vorhatte, die Wahrheit zu sagen.
    Pater Honorius forderte die Frau auf, vor ihn zu treten, und musterte sie, bis sie unruhig wurde. »Du bist Euphemia Schusterin, Witwe das Schusters Otfried, und hattest die Aufgabe, an diesem Morgen die Jungfräulichkeit der der Hurerei angeklagten Marie Schärerin zu prüfen. Berichte dem Gericht, wie du ihren Zustand beurteilst.«
    Euphemia verzog das Gesicht und stieß die Luft durch die Zähne. »Ehrwürdiger Vater. Eine tugendsame Jungfrau kann ich das Mädchen wohl kaum mehr nennen.«
    Pater Honorius sah sie streng an. »Euphemia Schusterin, im Namen Gottes und unseres Herrn Jesus Christus fordere ich dich auf, uns die Wahrheit zu sagen. Hat die Angeklagte geblutet?Hast du Anzeichen dafür feststellen können, dass man ihr in der Nacht Gewalt angetan hat? Überlege gut und schildere uns genau, was du gesehen hast.«
    Die Witwe zögerte keinen Augenblick. »Ich habe keinerlei Blut feststellen können und auch keine Spur davon, dass sie in der Nacht von einem Mann benutzt worden ist. Das schwöre ich bei Gott, dem Allmächtigen.«
    Marie schrie wild auf. »Sie lügt! Sie hasst meinen Vater und ist deswegen mit denen im Bund, die mich vergewaltigt haben!«
    Magister Ruppertus sprang auf. »Ehrwürdiger Vater, so geht das nicht weiter. Wir müssen verhindern, dass diese Metze weiterhin unbescholtene Menschen in den Schmutz zieht.«
    Pater Honorius schlug mit der flachen Hand auf den Tisch, dass der Stein dröhnte. »Ihr habt Recht, Magister Ruppertus. Die Unverfrorenheit dieses verworfenen Geschöpfs ist des Teufels. Büttel,

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