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Die Wanderhure

Titel: Die Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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aufatmen, als sie das hörte, doch ein Reisender, der den Konstanzer Zug begleitete und seiner Kleidung nach ein Gelehrter aus Luzern war, schüttelte unwillig den Kopf. »Das kann nicht sein. Ich hatte mit Magister Ruppertus Splendidus und seinem Erzeuger, dem Grafen Heinrich, während eines Rechtsstreits zu tun. Ruppert ist so arm wie eine Kirchenmaus und kann sich noch nicht einmal ein anständiges Advokatengewand leisten, wie soll er das Anwesen eines reichen Konstanzer Bürgers gekauft haben?« Seine Stimme klang gehässig.
    Der ältere Fuhrknecht widersprach ihm vehement. »Da habt Ihr gewiss etwas Falsches gehört. Der Magister lebt jetzt in Meister Matthis’ Haus und ist immer sehr fein gekleidet. He, Utz, sag doch etwas. Du warst doch dabei, als das mit der Schärerin passierte und Meister Matthis verschwunden ist.«
    Aller Augen wandten sich Utz zu. Marie hörte ihr Herz so stark klopfen, dass sie glaubte, die Leute müssten es hören. Sie presste die Hand auf die Brust und hielt den Atem an, damit ihr auch keine Silbe der Antwort entging.
    Utz zog die Schultern hoch, machte eine abwehrende Geste und spie ins Feuer. »Was soll die dumme Fragerei? Ich weiß doch auch nicht mehr als ihr. Meister Matthis’ Tochter wurde der Unzucht überführt und aus der Stadt gejagt. Was danach mit ihr oder Schärer passiert ist, davon habe ich keine Ahnung.«
    »Aber du bist noch in seinem Haus ein und aus gegangen, als Magister Ruppertus schon darin gewohnt hat. Da hast du doch sicher einiges gehört«, rief einer der Fuhrknechte, dem die Neugier ins Gesicht geschrieben stand.
    Marie schob sich näher, damit ihr keine Regung in Utz’ Gesicht entging. Als er abwinkte und in aggressivem Tonfall behauptete,er wisse überhaupt nichts von der Sache, fühlte sie, wie eine eisige Hand über ihr Rückgrat strich. Der Mann log, das fiel sogar einigen Leuten am Tisch auf, und er wehrte alle weiteren Fragen mit bissigen Worten ab. Als das Drängen der anderen ihm zu viel wurde, stand er auf und ging zu einem der Schlafplätze, ohne seinen Wein ausgetrunken und, wie einer der Bewaffneten verärgert von sich gab, wie gewohnt die Wachen eingeteilt zu haben. Sein Benehmen war den Zurückbleibenden ein Rätsel und gab ihnen Anlass zu wilden Spekulationen. Da aber keiner von ihnen die Neugier der anderen stillen konnte, wandten sich die Gespräche bald anderen Themen zu.
    Eine Weile vermochte Marie vor lauter Aufregung kein Glied zu rühren. Sie fragte sich, warum Utz, mit dessen Verleumdung ihr Unglück begonnen hatte, seinen Anteil an der Sache so herunterspielte. Da musste es etwas geben, was er vor Gott und der Welt verheimlichen wollte, und das konnte nicht nur mit ihr zu tun haben. Utz war nicht der Mann, der die Schusterswitwe Euphemia zu ihrer falschen Aussage hätte bewegen können. Das konnte nur Ruppert fertig gebracht haben, während der Fuhrmann sein Handlanger gewesen war. Ob die beiden ihren Vater umgebracht hatten, um sich seinen Besitz anzueignen? Allerdings konnte sie sich nicht vorstellen, wie das zugegangen sein sollte, denn die Obrigkeit legte sofort die Hand auf Besitztümer ohne Erben. Dann fiel ihr ein, dass ihr Bräutigam gute Verbindungen zum Bischof und anderen hohen Herren hatte, und konnte sich durchaus vorstellen, dass er sich mit deren Hilfe in den Besitz ihres Elternhauses gesetzt hatte. Denn wäre ihr Vater noch am Leben, hätte er den Magister niemals über die Schwelle gelassen.
    Am liebsten wäre Marie aufgesprungen, um Utz vor allen Anwesenden als Frauenschänder und Mörder anzuklagen, aber sie machte sich schnell klar, dass sie sich damit nur selbst schaden würde und damit auch den Frauen, mit denen sie gezogen war. Niemand würde ihr glauben – bis auf Utz, und der würde nichtdavor zurückschrecken, sie ebenfalls umzubringen und ihre Gefährtinnen dazu. Die Wälder ringsum konnten viele dunkle Geheimnisse aufnehmen, und niemand würde auffallen, wenn ein paar Huren darin verschwanden.
    Marie wusste selbst nicht, woher sie die Kraft nahm, den Hof ungesehen zu verlassen. Draußen kauerte sie sich an die Umzäunung und streichelte gedankenverloren die beiden Ziegen. Eines war sicher: Ihr Vater würde nicht kommen, um sie zu retten, und es gab auch sonst niemanden, der sich für ihr Schicksal interessierte. Ruppert musste hinter dem Gerücht stecken, ihr Vater habe sich auf die Suche nach ihr gemacht, um Onkel Mombert und andere Leute in die Irre zu führen.
    Sie lauschte dem Rauschen des nahen

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