Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
entschieden.«
»Das war so nicht ausgemacht«, wehrte sich die Kaufmannstochter.
»Gewonnen hat er erst, wenn sein Gegner kampfunfähig ist. Wollen doch mal sehen, ob sich unser ›Kleiner‹ auch im Schwertkampf behauptet.«
»Pah, das schafft er schon«, gab Arigund an. »Er sitzt ja noch auf dem Pferd. Es sollte ein Leichtes sein, den Kerl in die Knie zu zwingen.«
»Das wäre aber ziemlich unritterlich!«, merkte Eustancia an. »Ein echter Ritter muss schon auf Augenhöhe bleiben.«
Arigund runzelte die Stirn. Warum, um Himmels willen, sollte man einen Vorteil nicht nutzen, wenn er sich auftat. Doch auch Reimar schien die Ritterehre über den Siegeswillen zu gehen. Er stieg tatsächlich aus dem Sattel, gab seinem Braunen einen Klaps und stellte sich dem Kampf auf dem Boden. Es zeigte sich sofort, dass es ein ungleiches Ringen werden würde. Reimars Gegner überragte ihn um eine Spanne. Zudem war er doppelt so stark. Ohne zu zögern, drosch er auf den Brennberger ein und zerbeulte dessen schöne neue Rüstung. Reimar hielt tapfer dagegen, konnte aber kaum mehr tun, als die Schläge mit Schwert und Schild abzuwehren und hin und wieder einen Ausfall wagen.
»Das ist jetzt echt eine Nummer zu groß für unseren Helden«, stellte Eustancia fest. Auch andere Damen waren auf den Zweikampf aufmerksam geworden. Reimar bemühte sich weiter, ermüdete aber sichtlich unter den Hieben seines Gegners. Ein neuer, gewaltiger Schlag, zwang ihn in die Knie. Reimar sank das Schild in seiner Hand.
»Drei … zwei … eins …«, zählte Magdalena und streichelte Eustancias Fibel begehrlich.
Siegesgewiss hob der Ritter sein Schwert, um dem jungen Gegner den Rest zu geben, vernachlässigte aber in diesem Moment seine Deckung. Mit einem gut platzierten Hieb mit der Kante seines Schildes in die Kniekehlen überraschte der Junge seinen Widersacher. Dem zog es augenblicklich die Beine weg. Er stürzte über Reimar. Die beiden Ritter blieben mit rudernden Armen liegen. Ein Herold und mehrere Knappen liefen herbei. Der Kampf galt als unentschieden. Arigund warf Magdalena einen triumphierenden Blick zu.
»Kannst deine Fibel behalten«, gab diese klein bei.
»Und du musst nicht für mich nähen«, meinte Arigund großzügig.
»Willst du noch einmal wetten?«, fragte Magdalena hoffnungsvoll. »Dein Ritter ist ja noch im Turnier?«
»Im Gegensatz zu deinem«, lenkte Arigund ab, »den trägt man nämlich eben vom Platz.«
Magdalena gönnte ihrem Helden lediglich einen kurzen Seitenblick und winkte ab.
»Wo ist eigentlich Wirtho?«, wollte Arigund wissen.
»Der schont seine Kräfte für den Tjost«, klärte sie Magdalena auf.
»Muss er wohl«, bemerkte Eustancia spitz, »unser zukünftiger Herr von Brennberg. Seine Gegner haben es in sich, das lässt sich nicht leugnen. Er ist so ziemlich der Jüngste im Turnier um Berta.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder dem Kampfplatz zu. Reimar war mittlerweile der einzig verbliebene »Jungspund« auf dem Turnierplatz. Doch der letzte Kampf hatte ihn seine ganze Kraft gekostet. Seinem nächsten Gegner hatte er nichts mehr entgegenzusetzen. Schon die erste Attacke warf ihn zu Boden. Sein Schwert flog außer Reichweite. Er musste sich geschlagen geben, aber es schien ihm wenigstens nichts passiert zu sein. Arigund atmete auf.
»Uups, jetzt ist es geschehen«, stellte Eustancia nüchtern fest. »Das war es für Reimar, aber er hat sich wirklich tapfer geschlagen.«
»Das finde ich auch«, erkannte Magdalena an. »Schau mal, sogar sein Vater scheint stolz auf ihn zu sein. Jedenfalls habe ich noch nie zuvor gesehen, dass er ihm anerkennend auf die Schulter klopft.«
»Wenn unser junger Held so weitermacht, klappt es vielleicht doch noch, dass der Herzog ihn als Vasall an den Hof ruft und später auch mit einem Lehen versieht«, mutmaßte die stets gut informierte Eustancia. »Und da wir schon beim Thema sind: Wisst ihr, wer heute erwartet wird?«
Magdalena und Arigund schüttelten den Kopf. Eustancia kostete den Augenblick aus wie einen Schluck süßen Wein. Endlich ließ sie die Katze aus dem Sack: »Gebhard von Ortenburg.«
»Du meinst doch nicht etwa den Grafen von Murach?«, hakte ihre Schwester nach. Eustancia nickte.
»Ist nicht wahr«, staunte Magda.
»Doch: Ich habe vorhin Boten mit dem Ortenburg’schen Wappen auf die Burg reiten sehen, und jetzt pfeifen es die Spatzen von den Dächern.«
»Ein echter Graf, was für eine Auszeichnung für den Eckmühler«, stellte Arigund
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