Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
Rechte durchzusetzen.«
»Aber das ist gegen die Regel. Es muss ein ehrlicher Kampf stattfinden.«
Der Pater winkte ab. Der Wein ließ ihn redselig werden. »Regeln hin, Regeln her. Es wird sein, wie ich gesagt habe.«
»Aber Wirtho …«
»Der braucht sich auf Berta keine Hoffnungen mehr zu machen. Wenn er es nicht selbst versteht, dann wird sein Vater ihm schon Bescheid geben.«
Arigund kam es so vor, als würde sie in Pater Anselms Stimme eine Spur von Triumph und Häme vernehmen, aber bestimmt bildete sie sich das nur ein. So meinte sie lediglich lahm: »Wirtho und Berta werden nicht begeistert sein. Die beiden sind sich von Herzen zugetan.«
Der Pater lachte rau. »Dann sieh dir doch mal an, wie das Weib mit dem Grafen turtelt. Und überdies: Alea iacta est. Der Bursche wird sich damit abfinden müssen, dass er die Eckmühlerin nicht bekommt. Das ist längst beschlossene Sache.«
»Dann ist der Wettstreit gar nicht echt?«
»Wenn du es so ausdrücken willst. Aber so hat der Eckmühler dem Nachbarn immerhin keinen Grund für eine Fehde geliefert.«
»Listig, in der Tat. Das hätte ich dem alten Fuchs gar nicht zugetraut.«
»Ist auch nicht auf seinem Mist gewachsen«, warf sich der Kaplan in die Brust, »sondern es war alles …«
Arigund hielt den Finger an den Mund. Sie hatte den Kirchenmann unterschätzt. Der war gerissener, als sie angenommen hatte. Sie beugte sich näher zu ihm herüber. »Und wie ist der Graf auf Berta aufmerksam geworden?«, wollte das Mädchen wissen.
Mit einem wissenden Gesicht lehnte sich Pater Anselm zurück und sagte lediglich: »Die Wege Gottes sind unergründlich.«
Arigund blieb nichts anderes übrig, als zu nicken. Sie würde schon noch herausbekommen, wer diese Sache gedeichselt hatte. Doch zunächst räumten die Mägde die leer gefegten Platten ab. Man schaffte Platz für Gaukler, Jongleure und Spielleute. Danach gaben die anwesenden Minnesänger ihr Können zum Besten, und schließlich spielten die Musikanten zu einem lustigen Schreittanz auf. Soweit die Ritter dazu noch in der Lage waren, führten sie ihre Damen zur Tanzfläche. Auch der Graf reihte sich mit Berta ein. Kaum dass Wirtho dies sah, packte er auch schon seine Tischnachbarin rüde am Arm und zerrte sie nach vorne. Frau Kunigund runzelte die Stirn, und selbst ihr Gatte beobachtete seinen Erstgeborenen mit verkniffenem Mund. Höflich führte er seine Gattin zur der mit Binsen bestreuten Fläche. Während des ganzen Tanzes versuchte Wirtho, durch den übermäßigen Alkoholgenuss schon leicht schwankend, in Bertas Nähe zu kommen, was sein Vater jedoch erfolgreich verhinderte. Doch kaum hatten die Musikanten ihre Instrumente aus der Hand gelegt, stürmte der junge Ritter in Richtung seiner Angebeteten. Sein Kopf war purpurrot, die Haare standen ihm zu allen Seiten ab. Reimar von Brennberg versuchte, seinen Sohn festzuhalten, doch der gebärdete sich wie ein Stier und drängte ungestüm auf Berta zu. Der Graf trat überrascht vor seine Tischdame. »Ihr wünscht, Herr Ritter?«, fragte er barsch.
Wirtho schluckte. Er war nahe daran, die Beherrschung zu verlieren. Reimar von Brennberg war mittlerweile neben ihn getreten und legte die Hand auf die Schulter seines Sohnes.
»Auf ein Wort mit Eurer Dame, hoher Herr«, quetschte Wirtho mühsam zwischen den Zähnen hervor.
Berta trat scheu hinter ihrem Beschützer vor. Alle im Saal waren aufmerksam geworden. Doch der junge Brennberger verkniff sich, was er hatte sagen wollen, und meinte lediglich: »Edle Berta, erlaubt mir Euch zu sagen, wie wunderschön Ihr heute ausseht.«
Der Truchsess atmete sichtlich auf, und auch Berta zauberte ein gönnerhaftes Lächeln auf ihr Gesicht.
»Es wird mir eine Ehre sein«, fuhr Wirtho fort, »morgen unter Eurem Zeichen in den Tjost reiten zu dürfen.«
Berta sah ihn verwirrt an und stotterte: »Aber ich gab es bereits dem Herrn von Ortenburg!«
Der Brennberger wurde blass. Sein Mund klappte auf und zu. Der Graf nickte ihm höflich zu und sagte: »Wenn es sonst nichts mehr gibt?«
Er reichte seiner Dame den Arm und führte sie an ihren Platz zurück. Der alte Truchsess fasste seinen Sohn ebenfalls unter und zog ihn zur Seite. Arigund beobachtete, wie sich die beiden ein heftiges Wortgefecht lieferten. Sie ahnte, worum es dabei ging, und ihr war gar nicht wohl dabei. Plötzlich war ihr die Lust am Feiern vergangen, und sie bat darum, zurück zum Lager gebracht zu werden. Den ganzen Weg über musste sie an die Begegnung mit
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