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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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erst nach dem Maienfest.
    Im März, als die Straßen endlich wieder frei wurden, erhielt Arigund Nachricht von ihrem Vater. Ihre Stiefmutter hatte im Februar erneut ein Mädchen zur Welt gebracht, gesund und munter, aber eben wieder nicht der gewünschte Stammhalter. Es war auf den Namen Anna Barbara getauft worden, nach Arigunds Mutter. Die Thundorferin hatte auch diese Geburt gut überstanden. Herr DeCapella plante bereits das nächste Kind, welches dann der heiß ersehnte Erbe werden sollte. Arigund überlegte, ob es auch ihr Schicksal sein würde, Kind auf Kind zu gebären, um die Linie der Brennberger zu erhalten. Allerdings ließ sich ihr Gatte, seit die Schwangerschaft festgestellt worden war, nicht mehr sehen. Arigund konnte es nur recht sein. Er hatte ohnehin nie mehr Zeit mit ihr verbracht, als unbedingt nötig war, um seinen Samen in sie zu ergießen, und oft genug hatte er ihr dabei das Gefühl gegeben, diesen nicht wert zu sein. Dann war er wortlos aufgestanden und gegangen. Was Wirtho den lieben langen Tag so tat, davon wusste Arigund herzlich wenig. Es war ihr auch egal. In jedem Fall sorgte er dafür, dass seine Gattin bei den Burgmannen einen schweren Stand hatte. Von den Rittern richtete lediglich der Truchsess hin und wieder das Wort an seine Schwiegertochter. Seit sie sich in anderen Umständen befand, war sein Ton noch etwas freundlicher geworden. Zuweilen sandte er ihr sogar kleine Geschenke oder Leckereien.
    Mit der Zeit ging es Arigund besser, aber sie war einsilbig geworden, und wenn sie sang, ertönten getragene Weisen. Annelies versuchte ihre Herrin ständig aufzumuntern oder stimmte sogar das eine oder andere lustige Liedchen an. Ihr machte die Schwangerschaft offenbar überhaupt nichts aus, im Gegenteil, sie schien sie sogar zu genießen.
    »Jetzt hat es sich wieder bewegt«, zwitscherte sie plötzlich und hätte vor Aufregung beinahe das Nähzeug fallen lassen. »Herrin, fühlt doch einmal. Da ist ein Fuß. Ich bin mir sicher, sie zappelt ganz aufgeregt.«
    »Woher willst du wissen, dass es ein Mädchen wird?«, merkte Arigund an und versenkte ihre Nadel in den Stoff.
    »Daran gibt es gar keinen Zweifel, und sie wird Euren Namen tragen, Arigund«, sagte Annelies in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
    »Was meint denn Matthias dazu?«
    »Dem ist es recht, Hauptsache, sie sieht aus wie ich.«
    Wen wunderte dieser Wunsch, hatte der Truchsess doch dafür gesorgt, dass jeder wusste, wer der Vater dieses Kindes war. Arigund erstaunte es eigentlich nur, dass Matthias die Sache so gelassen hinnahm. Andererseits, er war ein höriger Knecht: Vielleicht fand er es sogar gut, dass seine Frau sich der Gunst des Burgherren erfreute? Oder lag es an den Privilegien, die der Truchsess veranlasst hatte, seit er wusste, dass seine Saat aufgegangen war? Reimar von Brennberg verwöhnte Annelies mit warmer Kleidung und einer eigenen Kammer, die der Burgherr allerdings bis vor Kurzem auch selbst noch aufsuchte. Zudem sprach er in den höchsten Tönen von ihr, sehr zu Wirthos Verdruss. Die Zofe nahm die nächtlichen Besuche des Burgherren kommentarlos hin, auch nachdem der längst zu seinem Recht gekommen war.
    »Spürt Ihr denn nichts?«, riss die Zofe ihre Herrin aus dem Grübeln.
    »Doch sicher, dann und wann. Vor allem nachts, wenn ich ruhen möchte.«
    »Habt Ihr Euch denn schon über einen Namen Gedanken gemacht, Herrin?«
    »Da wird nicht viel nachzudenken sein: Reimar, wie sein Großvater.«
    Und wie Frau Arigunds große Liebe, dachte die Zofe, doch laut sagte sie: »Nicht Wirtho?«
    »Kaum anzunehmen. Er interessiert sich sowieso nicht für das Kind.«
    »Das kommt schon noch, wenn die Amme es ihm in die Arme legt«, versuchte Annelies wieder einmal zu trösten. »Ihr werdet sehen.«
    »Ich habe da meine Zweifel. Aber egal; wenn er seine Zeit lieber mit Saufkumpanen und mit Würfelspielen verbringt, so soll er doch. Wenigstens habe ich dann meine Ruhe.«
    Eine Weile schwiegen die beiden und nähten fleißig weiter. Annelies war als Erste fertig, hob ihre Arbeit hoch und hielt den Stoff vor sich.
    »Ich fürchte, die Zeit der eng geschnürten Kleider ist endgültig vorbei«, seufzte sie. »Ich habe so viel zugenommen. Ihr dagegen seid noch immer rank und schlank wie ein Reh.«
    »Du übertreibst«, beschönigte Arigund. »Ich sehe bei dir kaum einen Unterschied zu früher – na ja, ein bisschen vielleicht.«
    Die junge Burgherrin deutete ein Lächeln an.
    »Und mein Busen«, lamentierte die

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