Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)
mit ein.
»Was für ein Troll dieser Junge doch ist«, keuchte er zwischen zwei Lachanfällen. »Bin gespannt, was später einmal aus ihm wird.«
»Wer weiß«, erwiderte Arigund, »jedenfalls wird einem in seiner Gesellschaft nicht langweilig.«
Jakob hatte inzwischen sein Stütchen wieder an Arigunds Seite gebracht und ihre letzten Worte aufgeschnappt. Seine Augen blitzten unternehmungslustig.
»Nun, Tassilo«, hob er an, »auch Ihr versteht Euch ja darauf, die Leute zu unterhalten. Möchtet Ihr unseren guten Herrn Heinrich heute Abend nicht zu einem kleinen Sängerwettstreit herausfordern? Diese drögen Handelsherren lechzen nach Abwechslung.«
Arigund wurde dunkelrot. Was dieser Lausebengel sich nur immer ausdachte! »Ich fürchte, es wäre ein ungleiches Messen«, versuchte sie die Sache abzuwiegeln.
»Ihr meint, unser wackerer Ritter steht schon jetzt so in Eurem Bann, dass es ihm die Stimme verschlagen hat? Jedenfalls kann er kaum die Augen von Euch lassen!«, neckte der Junge.
Heinrich wandte sichtlich verlegen den Blick ab, und Arigund stotterte: »Ganz im Gegenteil, ich würde es niemals wagen, mich mit ihm auf eine Stufe zu stellen. Ist er doch ein Ritter, und ich bin nur ein einfacher, ähm, Spielmann.«
Jakob lachte und meinte: »Nichts da. Keine Ausflüchte.«
Heinrich, der wusste, Jakob würde nicht lockerlassen, schlug vor: »Nun, vielleicht könnten wir gemeinsam musizieren?«
»Ich bin vollkommen aus der Übung«, versuchte Arigund sich zu drücken. Der letzte Mann, mit dem sie gemeinsam gesungen hatte, war Reimar gewesen.
»Das klingt ganz so, als wolltet Ihr euch vor einem Vergleich drücken und uns um unseren Spaß prellen«, stichelte der Knabe.
»Sie will nicht, Jakob!«, mischte sich Heinrich ein. »So lass es doch dabei bewenden.«
»Oder sie ist einfach rücksichtsvoll und möchte einen Heinrich von Meißen nicht brüskieren.« Geheimnisvoll beugte sich der Knabe zu den beiden herüber und flüsterte: »Frauenlob verliert im Sängerwettstreit gegen eine Frouwe, eine Dame, das würde eine Menge Spötter auf den Plan rufen.«
Der Ritter fuhr hoch, und mit seltener Ungeduld rückte er Jakob den Kopf zurecht: »Treib es nicht zu weit, Bursche! An meiner Ehre lass ich mir nicht rütteln.«
»Dann gilt es also«, triumphierte der Junge und klatschte vor Freude in die Hände. Das schlaue Bürschlein hatte wieder einmal erreicht, was es wollte. Arigund konnte nur den Kopf schütteln. Wenn sich der Kleine so weiterentwickelte, würde er es entweder weit bringen oder früh sterben. Jetzt trieb er vorsichtshalber seinen Graufalben an und rief den beiden über die Schulter zu: »Der Sieger erhält den Trinkpokal, den ich aus dem Gasthof habe mitgehen lassen.«
Mit schelmischem Grinsen klopfte er auf seinen Mantel, an dem sich deutlich eine Wölbung abzeichnete. Heinrich drohte ihm mit dem Zeigefinger.
»Ich bin froh, wenn ich den von den Füßen habe«, schimpfte der Ritter in dem Bewusstsein, ausgetrickst worden zu sein. Dann drängte er seinen Hengst dichter an Arigunds Maultier und beugte sich zu ihr herüber.
»Was soll’s. Lassen wir dem Knaben seinen Spaß. Ein paar lustige Liedchen zur Nacht können nicht schaden. Oder reicht Euer Vorrat an Strophen für einen Sängerwettstreit nicht aus?«
»Da macht Euch mal keine Sorgen. An Liedern habe ich genug und für jeden Anlass.«
»Die stammen wohl alle von Eurem geheimnisvollen ›Lehrer‹, dessen Namen Ihr auf keinem Fall preisgeben wollt?«
Arigund öffnete den Mund für eine Erwiderung und schloss ihn im selben Moment. Sie schluckte. Erneut hätte sie sich um ein Haar dazu hinreißen lassen, von ihrer Zeit auf Brennberg zu berichten. Aber natürlich musste Heinrich ja misstrauisch werden, denn woher sollte eine Bürgerliche so viele Minnelieder kennen?
Jäh riss Marron sie aus ihren Gedanken, indem er zornig nach dem Hals von Heinrichs Hengst biss und dabei ins Straucheln kam. Arigund schwankte im Sattel, doch Heinrich griff nach ihrem Arm und bewahrte sie vor einem Sturz. Die junge Frau rutschte wieder in ihrem Reitsitz zurecht und schüttelte Heinrichs Hand ab.
»Mir scheint, Tassilo, Euer Maultier ist auf sittsamen Abstand zwischen uns bedacht«, meinte er mit zweideutigem Lächeln. »Offenbar möchte er Euch vor starken Männerhänden bewahren.«
Arigund richtete sich im Sattel auf. »Nun ja, mit starken Männerhänden kann man auch unangenehme Erfahrungen machen«, antwortete Arigund augenzwinkernd und nun ganz wieder
Weitere Kostenlose Bücher