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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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in ihrer Rolle als Troubadour. »Wer könnte ihm da sein Misstrauen verdenken!«
    Heinrich lachte herzlich und meinte dann: »Oh ja, dass sich Euer Maultier mit meinem Hengst anlegt, um seine schöne Reiterin zu schützen, das kann ich gut verstehen.«
    »Tatsächlich?«, entgegnete Arigund belustigt. »Ihr würdet wohl Eure Gesundheit nicht einer schönen Dame wegen aufs Spiel setzen?«
    »Ganz gewiss nicht. Das Opfer wäre zu groß.«
    »Für Euch oder für die Frauen?« Arigund zwinkerte verschmitzt. Heinrich starrte sie verwundert an. Das waren ja ganz neue Töne. Diese Dame scherzte mit ihm auf fast minnigliche Art und Weise. Wie interessant und wie angenehm!
    »Für beide«, rief er über die Schulter, wendete seinen Hengst und gesellte sich zu den Kaufleuten.
    »Wenn Ihr das sagt, Herr Heinrich«, murmelte Arigund vor sich hin und verfolgte ihn mit bewunderndem Blick. Selbst verhüllt in seinem weiten, wärmenden Mantel gab dieser Ritter eine stattliche Figur ab. Zudem war er ganz anders als die Raubeine, die sie auf Burg Brennberg kennengelernt hatte – Reimar natürlich ausgenommen.

*
    Sie waren den ganzen Tag geritten, um an ihr neues Quartier zu kommen, eine der besseren Herbergen. Arigund freute sich, einen vollen Teller mit einer ordentlichen Portion Fleisch zu bekommen, ohne sich um das Gepäck, die Pferde und all die anderen Kleinigkeiten kümmern zu müssen. Auch Jakob beteiligte sich kaum an diesen Alltäglichkeiten, sondern warb bei jedem, egal, ob er’s hören wollte oder nicht, für den geplanten Sängerwettstreit. Er war für die Zeit nach dem Nachtmahl angesetzt. So blieb Arigund nur wenig Gelegenheit, sich auf dem sauberen und bequemen Strohlager auszuruhen. Als sie sich nach einer viel zu kurzen Pause herunter in die Wirtsstube begab, musste sie feststellen, dass der Raum gerammelt voll war. Nicht nur die Kaufleute drängten sich um die rasch errichtete Bühne, sondern auch zahlreiche Gäste aus dem benachbarten Örtchen.
    Würde man heute einen Hut herumgehen lassen, dachte Arigund, würde er sich gewiss rasch füllen.
    Die junge Frau spürte, wie Aufregung von ihr Besitz ergriff. Sie war es nicht gewohnt, vor so vielen Menschen zu singen. Andererseits war ihr Körper erfüllt von einem angenehmen Prickeln, ganz anders als damals beim Weihnachtsmarkt, wo sie einfach nur gehofft hatte, ein paar Groschen zu erhalten, damit sie nicht verhungern musste. Jakob klopfte ihr aufmunternd auf die Schultern, und auch von den Gästen bekam sie Zuspruch, obwohl kaum jemand davon ausging, es könnte ihr gelingen, den Wettstreit für sich zu entscheiden. Schließlich war Heinrich ein berühmter Minnesänger. Von Tassilo dal Monte hatte man noch nie gehört.
    Doch Arigund hatte sich vorbereitet. Während des Ritts war sie die Liedertexte durchgegangen, die Reimar ihr einst geschenkt hatte. Sie hatte ganz vergessen, wie viele musikalische Liebesschwüre er ihr geleistet hatte. Manche waren lediglich auf einem abgerissenen Stückchen Pergament flüchtig dahingekritzelt, das Reimar ihr im Vorbeigehen zugesteckt hatte. Andere waren mit großer Sorgfalt verfasst und wunderbar illustriert. Der junge Ritter hatte sich so viel Mühe gegeben, ihr Freude zu bereiten, und er hatte immer gehofft, ein berühmter Minnesänger zu werden, so wie der von der Vogelweide. Wenn sie schon sonst nichts für ihren Geliebten tun konnte, dann würde sie zumindest dazu beitragen, dass ein paar seiner Lieder bekannt wurden. Sorgsam hatte sie die Pergamente durchkämmt. Nicht jedes der Werke war für fremde Ohren gedacht. Arigund überlegte kurz, sie zu verbrennen, brachte es dann jedoch nicht übers Herz. Stattdessen versenkte sie die Handschriften tief in ihrer ledernen Tasche. Die Tasche und die Texte schienen nun ihr wertvollster Besitz zu sein. Die Kaufmannstochter tastete mit den Fingern danach. Ihr Schatz lag sicher geborgen an ihrem Busen. Erleichtert griff sie nach der Laute, die Heinrich ihr großzügig geliehen hatte. Er selbst wollte heute sein zweites Instrument, eine meisterlich gefertigte Leier, spielen.
    Der Wirt geleitete die Sänger zu der kleinen Bühne und wies ihnen ihre Plätze zu. Arigund setzte sich auf einen bereitgestellten Schemel. Sie begann das Instrument zu stimmen, während sie leise summte. Heinrichs meerblaue Augen ruhten wohlwollend auf ihr. Als sie zu ihm herübersah, zwinkerte er ihr aufmunternd zu. Erneut mahnte sich Arigund zur Vorsicht. Sie sollte sein freundschaftliches Bemühen nicht mit

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