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Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Wandersängerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karolina Halbach
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Wirkung auf die Zofe zu haben.
    »Annelies, was ist denn los? Seit der Hochzeit wirkst du bedrückt, sobald Brennberg erwähnt wird. Habt ihr euch gestritten? War es doch er, der dein Kleid zerriss?«
    »Nein, niemals würde Matthias so etwas tun. Er hat gesagt, dass er mich lieb hat, aber …« Die Magd schluckte und verstummte.
    »Aber was?«, insistierte Arigund. »Dann ist doch alles gut. Irgendwann sind wir auf Burg Brennberg, und du kannst ihn so oft sehen, wie du möchtest.«
    Jetzt war es mit Annelies’ Fassung gänzlich vorbei. »Aber ich …, ich will da nicht hin. Dieser Herr Wirtho, er ist einfach schrecklich.«
    »Er ist ein ungehobelter Klotz, aber was werden wir schon mit ihm zu schaffen haben!«
    »Ich fürchte mich vor ihm, und wenn wir erst dort sind, dann sind wir ihm schutzlos ausgeliefert.«
    Stockend erzählte Annelies von ihrer Begegnung mit Wirtho. Nachdem Arigund von den empörenden Ereignissen erfahren hatte, kaute sie nachdenklich auf ihrer Unterlippe.
    »Dieser Schuft! Und dann auch noch in unserem Haus! Das werde ich meinem Vater …« Arigund stockte, dann nahm sie wortlos ihre Zofe in die Arme, die leise zu schluchzen begann.
    »Annelies, du musst doch gar nicht mit nach Brennberg«, meinte Arigund mit belegter Stimme. »Du kannst hierbleiben, wenn du willst.«
    Die Zofe sah ihre Herrin eine Weile nachdenklich an. Dann streckte sie die Hand aus: »Kommt, Herrin, gebt mir das Brot! Ich bringe es zu den Armen. Die haben im Augenblick noch weniger als sonst, wo doch wegen der Feuchtigkeit das Getreide im Speicher verschimmelt.«
    Arigund öffnete schon den Mund, um zu widersprechen. Es war nicht üblich, dass die Patrizier die Bedürftigen mit Nahrungsmitteln versorgten. Das übernahm das Spital, das allerdings von den Patriziern mit Geldspenden unterstützt wurde. Doch plötzlich hatte Arigund eine Idee.
    »Das ist es«, platzte Arigund heraus. »So könnte es gehen.«
    »Was könnte so gehen?«, fragte Annelies wenig begeistert.
    »Du bringst einen Korb mit Nahrungsmitteln zum Spital. Gegen einen solchen Akt christlicher Nächstenliebe wird nicht mal die alte Hexe etwas sagen können. Auf dem Rückweg bringst du einen Brief zu Großvater. Der würde niemals wollen, dass wir auf Brennberg so einer Gefahr ausgesetzt werden. Bestimmt können wir zu ihm ins Zandthaus ziehen.«
    In Annelies’ Augen kehrte neues Leben zurück. Ein Plan, und gewiss einer, der sich durchführen ließ. Der Brief an Großvater Zandt war rasch geschrieben. Annelies verbarg ihn sorgsam unter ihrem Hemd.
    »Geh jetzt in die Küche, und lass dir einen Korb mit Vorräten füllen. Wenn dich jemand aufhält, sag, du gehst im Auftrag des Hauses DeCapella.«
    Als Annelies aus dem Zimmer huschte, pochte ihr das Herz bis zum Hals. Am liebsten wäre sie gerannt, aber ihre Schritte hallten auch so schon laut genug auf dem Dielenboden. Prompt öffnete sich die Tür zu Hildegards Zimmer und die kräftige Gestalt der jungen Frau schob sich in den Türrahmen. Als sie die Zofe erkannte, zog sie wortlos die Augenbrauen zusammen. Annelies wusste von Magda, dass die Thundorferin und ihre Tochter versuchten, das alte Gesinde loszuwerden und durch ihr eigenes zu ersetzen. Jede kleinste Verfehlung wurde als Kündigungsgrund genutzt. Annelies stand ganz oben auf der Liste. Lediglich die Aussicht, dass sie ohnehin in einigen Wochen gemeinsam mit Arigund das Haus verlassen würde, hatte sie bislang geschützt. Rasch senkte das Mädchen den Blick, ohne jedoch die Schritte zu verlangsamen. Keinesfalls sollte Hildegard Verdacht schöpfen. Die junge Herrin musterte das Mädchen. Ihre Augen glitten zu dem Tablett, auf dem sich die kaum angerührten Speisen befanden. Annelies trat der Schweiß auf die Stirn. Nur noch wenige Schritte trennten sie von Hildegard. Gerne hätte die Zofe kurz nach dem Brief an ihrer Brust gefasst und sich davon überzeugt, dass er ganz bestimmt nicht zu sehen war. Ihre Finger verkrampften sich um das Tablett. Dann war sie auch schon an Hildegard vorbei. Die Blicke der neuen Herrin verfolgten sie bis zur Treppe. Annelies konnte erst wieder atmen, als sie die Küche erreicht hatte.
    Doch der schwierigste Teil ihres Auftrags kam erst jetzt. Sie musste mit dem Brief aus dem Haus und damit an Konstantia vorbei. Die hatte beschlossen, mit dem Strom zu schwimmen und sich den Wünschen der neuen Herrin anzupassen. Ging etwas schief, so schob sie es ohne Skrupel einem der Küchenhilfen in die Schuhe. Die Hälfte der

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