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Die Wanifen

Die Wanifen

Titel: Die Wanifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Anour
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Erlenfeuer.«
    »Aber Gorman weiß nicht …«
    »Wir können nicht sicher sein, was er weiß. Du hast Dinge durch seine Augen gesehen, seit das Elchenband stärker wird. Wer sagt dir, dass er nicht durch deine Augen gesehen hat, wie man hierherkommt?«
    Für eine Weile starrten wir beide auf den Rauch des Erlenfeuers. Eine schleichende Angst breitete sich in mir aus. Ich wünschte mir plötzlich, Kauket wäre hier.
    »Gorman ist so stark. Er müsste nicht den Weg durch die Höhle nehmen.«
    Außer natürlich, Gorman wollte, dass ich zu ihm kam – aber das sprach ich nicht aus.
    »Ainwa, wir müssen uns verstecken.«
    »Und wo? Der einzige Ausgang ist versperrt. Wir müssen auf Kauket warten.«
    »Er ist mehr als eine Tagesreise entfernt … Und er wird das Mädchen zuerst zu seiner Familie bringen. Wer immer es ist, es muss ein Wanife sein. Nur ein Wanife könnte die Schwämme wachsen lassen. Und kein Wanife lässt sich auf Dauer von einem kleinen Felsen aufhalten.«
    Ich senkte meinen Blick zu den Giftpfeilen am Boden.
    »Ich werde gehen und nachsehen.«
    Nephtys starrte mich an, als hätte ich den Verstand verloren. »Ainwa, wer auch immer dieses Feuer entzündet hat, will, dass wir herauskommen. Es ist eine Falle, ich fühle es.«
    »Wir haben keine andere Wahl. Du hast es selbst gesagt. Wer immer dieser jemand ist, wird sich nicht auf Dauer von dem Felsen am Höhleneingang aufhalten lassen.«
    »Und wenn es dein Bruder ist?«
    »Gorman ist meine Aufgabe«, sagte ich. »Wenn er mich angreift, bin ich vorbereitet.«
    Ich bückte mich und hob die Pfeile auf. Nephtys beobachtete nervös, wie ich sie vorsichtig in meinen Köcher steckte. Mich jetzt an einer der Spitzen zu ritzen, wäre tödlich.
    »In Ordnung«, sagte sie und wischte sich die Haare aus der Stirn. »Wir gehen nachts und wir werden die Masken tragen.«
    Ich richtete mich zu meiner vollen Größe auf und blickte ihr ins Gesicht.
    »Ja«, erwiderte ich ernst. »So machen wir es.«
     
    Wir begannen sofort mit den Vorbereitungen. Nephtys lief in eine der benachbarten Hütten, um die zotteligen Fellmäntel und die Knochenmasken, die Kauket bei unserer ersten Begegnung getragen hatte, zu holen.
    Immer wieder schielte ich zum Himmel, in dem sich die schwarze Rauchsäule nur noch wenig gegen den dunklen Nachthimmel abhob.
    Nephtys wählte einen ihrer vielen Speere aus und begann, die Klinge ihres Feuersteinmessers zu schärfen.
    »Ich bereite etwas zu essen vor. Wir werden die Kraft brauchen.«
    Ich war bei Weitem nicht so geschickt darin, eine Brühe zu kochen wie Nephtys, aber es war im Prinzip nichts anderes, als einen Trank zuzubereiten und es bot mir die Gelegenheit, meine Gedanken zu ordnen. Ich nahm einen kleinen Tontopf zur Hand und begann, einen Markknochen aufzukochen, dann fügte ich Fleischstücke und ein paar Kräuter hinzu. Es war jetzt wichtig, konzentriert zu bleiben, das Bild des toten Mädchens half mir dabei nicht.
    Wer war dieser Eindringling? Wenn es Gorman war, warum spielte er dieses Spiel mit mir? Er könnte einfach hierher kommen und mir das Gleiche antun wie dem Mädchen – und dann Nephtys …
    Ich schluckte und rührte die Brühe rascher um, als notwendig gewesen wäre.
    Nephtys betrat die Hütte wenige Minuten später. Eine deutliche Veränderung war mit ihr vorgegangen. Sie hatte sich ihr Haar zurückgebunden und ihr Gesicht mit Ruß geschwärzt. Das Messer an ihrem Ledergurt und der Speer in ihrer Hand vervollständigten ihr kriegerisches Erscheinungsbild. Ich suchte nach der Sanftheit in ihrer Miene, aber fand nur Entschlossenheit. Sie wirkte jetzt viel mehr wie Kaukets Schwester als sonst.
    Nephtys warf mir einen der dunklen Fellmäntel und eine Knochenmaske vor die Füße.
    »Diese Verkleidung wird einen Wanifen nicht lange an der Nase herumführen«, sagte ich und hob den Löwenschädel auf, an dem zwei Lederriemen baumelten, die wohl dazu dienten, die Maske am Hinterkopf zu befestigen.
    »Manchmal entscheidet ein Augenblick, Ainwa«, murmelte Nephtys und setzte sich ans Feuer.
    Ich legte die Maske beiseite und reichte ihr eine randvolle Schale mit meiner Brühe. Mir schöpfte ich nur wenig heraus.
    Nephtys nahm einen Schluck und verzog leicht die Miene. Als sie bemerkte, dass ich sie erwartungsvoll beobachtete, nickte sie anerkennend. Ich lächelte. Mir war klar, wie diese Brühe wirklich schmecken musste.
    »Wir sollten ungefähr um Mitternacht losgehen«, schlug ich vor und erhob mich. »Ich übernehme die erste

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