Die Washington-Akte
sie etwa zehn Meter tief gefallen waren. Die faulen Bretter hatten die Landung gedämpft. Unter ihm lag Fels.
Auf dem eiskaltes Wasser stand.
Die Wände rundum glitzerten im schwachen Licht silbrig und ließen so erkennen, dass sie feucht waren.
Er hörte die Brandung und roch wieder die Vögel.
Wo war Wyatt?
Er stemmte sich hoch. Ein Licht ging an. Ein heller Strahl, wenige Schritte entfernt. Malone schirmte die Augen mit einem Arm ab.
Der Strahl wanderte von seinem Gesicht weg.
Im schwachen Umgebungslicht erkannte er Wyatt, der die Taschenlampe hielt.
Knox erreichte den Privatflugplatz, auf dem er mit dem Firmenjet von Hale Enterprises unmittelbar südlich von Halifax gelandet war. Die Einrichtung war auf Touristen zugeschnitten, die sich den Luxus eines eigenen Flugzeugs leisten konnten.
Er war ohne Zwischenfall von der Mahone Bay zurück nach Norden gefahren.
Sein Handy vibrierte. Er schaute aufs Display: Hale. Er konnte es ebenso gut gleich hinter sich bringen.
Also nahm er das Gespräch an und berichtete dem Kapitän, was geschehen war. Dann sagte er: »Carbonell hat Sie belogen. Wieder einmal. Hier war noch ein weiterer Mann. Wyatt hat ihn Cotton Malone genannt. Er hat definitiv nicht zu unserem Team gehört. Nach allem, was Wyatt durchblicken ließ, kam er von der Regierung. Ich übernehme keine Verantwortung für das alles …«
»Ich verstehe«, gab Hale zurück.
Das überraschte Knox. Normalerweise verstand Hale nur eines, nämlich Erfolg.
»Carbonell ist eine Lügnerin«, erklärte Hale mit bitterer Stimme. »Sie spielt mit uns allen. Sie hatten recht, und ich frage mich, ob die Information, die sie uns bezüglich des Geheimtexts überlassen hat, überhaupt stimmte.«
»Sie könnte durchaus richtig sein. Wyatt hat mich aufgefordert, Ihnen zu sagen, dass er Ihnen die beiden Seiten verkaufen wird, sobald er sie hat. Es war ihm wichtig, dass ich Ihnen diese Nachricht überbringe.«
»Dann können wir nur hoffen, dass dieser Abtrünnige, den Carbonell offensichtlich verabscheut und dem sie misstraut, sein Wort hält und mit uns kooperiert.«
»Außerdem haben wir hier zwei tote Mitglieder der Crew«, stellte Knox klar.
»Und wir haben ein sogar noch größeres Problem.«
Knox ließ sich von Hale über Shirley Kaiser und die eventuelle missliche Lage bei ihr zu Hause berichten.
Er beschloss, ein Risiko einzugehen, und sagte: »Kapitän Hale, Carbonell benutzt uns. Sie verkompliziert ein ohnehin kompliziertes Problem noch weiter. Sie hat gesagt, nur sie und Wyatt wüssten von Paw Island, und doch war auch dieser Cotton Malone da. Ob sie den ebenfalls geschickt hat? Falls nicht, wer zum Teufel weiß dann noch über das hier Bescheid? Wie viele Risiken werden wir noch eingehen? Wie hoch wollen wir pokern?«
Das Schweigen am anderen Ende der Leitung signalisierte, dass Hale über die Frage nachdachte.
»Ich gebe Ihnen recht«, sagte Hale endlich. »Sie muss bezahlen.«
Ausgezeichnet. Mit Carbonells Tod wären all seine eigenen Fehler ausgelöscht. Er könnte wieder von vorn beginnen.
»Zunächst einmal müssen Sie herausfinden, ob wir in Virginia ein Problem haben«, sagte Hale. »Ich muss das wissen. Dann haben Sie meine Erlaubnis, mit der NIA so zu verfahren, wie Sie es für angebracht halten.«
Endlich.
Er war frei zu handeln.
Er legte auf und joggte zu dem Flugzeug hin. Wenn er an Bord war, würde er den Wetterbericht abrufen und sich die Starterlaubnis geben lassen. Hier gab es keinen Tower, An- und Abflug wurden von Halifax aus kontrolliert. Er öffnete die Luke des Jets und kletterte in die geräumige Kabine.
»Lassen Sie das Licht aus«, sagte eine weibliche Stimme.
Er erstarrte.
Er durchforstete die Dunkelheit mit den Augen. Im Schein der von außen hereinfallenden Flugplatzbeleuchtung sah er drei Gestalten, die in den Ledersesseln saßen.
Die Stimme erkannte er sofort.
Andrea Carbonell.
»Wie Sie sehen, bin ich nicht allein gekommen«, sagte sie. »Seien Sie also ein braver Junge und schließen Sie die Kabinentür.«
Cassiopeia saß im Passagierabteil eines Air-Force-Transporthubschraubers, der von Virginia aus südwärts zur Küste von North Carolina flog. Neben ihr saß Edwin Davis. Vor Wochen hatte er das Gelände des Commonwealth auskundschaften lassen und konnte ihr so ein detailliertes Satellitenbild des Anwesens geben. Der Secret Service hatte die Kriminalpolizei von North Carolina veranlasst, am Südufer des Pamlico ein Motorboot für sie bereitzuhalten. Von dort
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