Die Washington-Akte
Gefangennahme war Selbstverteidigung.«
»Ich bitte dich nicht darum, dich zu rechtfertigen, Quentin. Ich möchte einfach nur wissen, ob sie hier ist.«
In seinem Kopf läuteten alle Alarmglocken.
Woher hatte sie gewusst, dass sie diese Frage stellen musste?
Es gab nur eine Möglichkeit. Jemand hatte es ihr gesagt. Jemand, der Bescheid wusste. Wenn sie nicht nackt wäre, würde er sich Sorgen machen, dass sie verwanzt war. Ihre Kleidung und ihre Reisetasche stellten kein Problem dar, da sie hinter einer geschlossenen Tür im Nachbarraum lagen.
»Shirley, du musst verstehen, dass dies außergewöhnliche Umstände sind. Ich habe getan, was ich tun musste. Du hättest dasselbe gemacht. Und handelst du im Moment nicht genau gleich? Du verteidigst dich nach besten Kräften.«
Cassiopeia hätte Edwin Davis gerne widersprochen, wusste aber, dass sie seinem und Cottons Instinkt vertrauen musste.
Aber es gab noch ein weiteres Problem.
»Wir müssen Kaiser kontaktieren«, sagte sie zu Davis.
»Ich weiß nicht, ob das möglich ist. Was sollen wir tun? Sie anrufen?«
»Nicht wir. Aber es gibt jemanden, der diesen Anruf tätigen könnte.«
Sie sah, dass er verstand.
Davis nahm sein Handy heraus und wählte.
Hale wartete darauf, dass Shirley ihm antwortete. Sie schien über seine Frage nachzudenken.
»Du hast mich benutzt«, sagte sie schließlich.
Eine frische, mit Regen beladene Windbö warf sich gegen das Haus.
Sie fuhr zusammen.
Diesen Moment nutzte er aus und hieb ihr die Faust ins Gesicht.
Cassiopeia hörte zu, wie Davis Pauline Daniels informierte, was Shirley Kaiser getan hatte.
»Ich kann nicht glauben, dass sie dorthin geflogen ist«, sagte die First Lady.
Sie hatten sich für den Anruf ins Esszimmer zurückgezogen und alle Agenten aus dem Haus geschickt.
»Sie fühlt sich schrecklich wegen dieser Sache«, sagte die First Lady. »Sie war so wütend, dass man sie benutzt hatte. Aber sie hätte niemals dorthin gehen sollen.«
Es gab jedoch etwas noch Ernsthafteres zu bedenken. Die Schießerei, zu der es eben gekommen war, würde ganz vorn in den Lokalnachrichten erscheinen. Sobald Hale vom Schicksal seiner beiden Männer erfuhr, würde er wissen, dass die Abhörvorrichtung bei Kaiser aufgeflogen war. Was bedeutete, dass Shirley gerade zum Problem geworden war.
»Pauline«, sagte Davis. »Rufen Sie sie an. Sofort. Schauen Sie, ob sie abnimmt.«
»Bleiben Sie am Apparat.«
»Es ist unmöglich, das, was hier geschehen ist, unter der Decke zu halten«, flüsterte Cassiopeia Davis zu.
»Ich weiß. Für Shirley Kaiser tickt die Uhr.«
»Edwin«, kam Paulines Stimme aus dem Lautsprecher. »Sie nimmt nicht ab. Der Anruf ist auf ihre Mailbox gegangen. Sie wollten bestimmt nicht, dass ich ihr eine Nachricht hinterlasse, oder?«
»Wir müssen los«, sagte Davis ins Handy.
Cassiopeia bemerkte, wie frustriert seine Stimme klang.
»Edwin, ich wusste nicht …«
Davis legte einfach auf.
»Das war grob«, meinte Cassiopeia.
»Was ich als Nächstes gesagt hätte, hätte ihr nicht gefallen. Irgendwann muss jeder aufhören, dumme Fehler zu machen.« Er hielt inne. »Ich selbst eingeschlossen.«
»Das Leben dieser Frau schwebt in Gefahr«, sagte Cassiopeia. »Schaffen Sie mich schnell dorthin.«
Er widersprach ihr nicht.
Hale erhob sich vom Bett.
Kaiser hatte von dem Schlag ins Gesicht das Bewusstsein verloren.
Seine Hand tat weh. Hatte er ihr den Wangenknochen gebrochen? Er nahm ihr die Pistole ab und schaute hinein. Der nächste Schuss hätte tatsächlich viel Schaden angerichtet.
Ihm schwirrte der Kopf.
Waren seine Leute bei Kaisers Haus verhaftet worden? Er musste Bescheid wissen. Knox war weiterhin nicht zu erreichen, wahrscheinlich befand er sich noch auf Paw Island.
Er holte seinen Morgenmantel und zog ihn an.
Dann warf er einen Blick auf den Nachttischwecker: 21.35 Uhr. Er griff nach dem Telefon und machte einen hausinternen Anruf. Sein Sekretär nahm nach dem zweiten Klingeln ab.
»Schicken Sie sofort zwei Männer in mein Schlafzimmer. Ich habe einen neuen Gast für unser Gefängnis.«
68
Nova Scotia
22.20 Uhr
Malone schlug die Augen auf. Sein ganzer Körper tat weh. Schmerz strahlte von seinen Beinen aus. Er lag auf dem Rücken, und sein Blick ging nach oben zu dem Loch im faulen Holz, durch das er und Wyatt gestürzt waren.
Er untersuchte seine Gliedmaßen und stellte fest, dass anscheinend nichts gebrochen war.
Von oben fiel Mondlicht herunter, und es reichte, um zu erkennen, dass
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