Die Washington-Akte
abspielte. Man hatte die Medienvertreter auf das Vorfeld gelassen, und sie drängten sich jetzt in einer Traube hinter einer hastig errichteten Absperrung aus Seilen. Die Kameras hielten sie auf einen Wald von Mikrofonen gerichtet, der vor Danny Daniels emporspross. Der Präsident stand hoch aufgerichtet da, und seine Baritonstimme schallte in die Welt hinaus.
»Was hat er damit gemeint, dass wir ein Problem haben?«, fragte Malone Davis.
»Die letzten Monate waren tatsächlich ein wenig langweilig. Das letzte Jahr der Amtszeit eines Präsidenten ist so ähnlich wie die letzten paar Monate im Leben eines Papstes. Alle warten darauf, dass der alte Kerl endlich abtritt, damit die neuen Leute übernehmen können.« Davis zeigte auf die Medienvertreter. »Jetzt haben sie etwas zu berichten.«
Diese drängten sich außer Sicht in der Nähe eines der Fenster des Flugzeugs zusammen. Der Fernseher rechts von Malone zeigte die Aufzeichnung von CNN . Die Lautstärke reichte gerade aus, dass Malone Daniels hören konnte, wie er dem Publikum versicherte, dass er unverletzt sei.
»Sie haben nicht auf meine Frage geantwortet.«
Davis zeigte aus dem Fenster. »Er hat mich gebeten, mit den Erklärungen zu warten, bis er fertig ist.«
»Machen Sie immer, was er Ihnen sagt?«
»Wohl kaum, wie Sie genau wissen.«
Malone wandte sich dem Bildschirm zu und hörte Daniels’ Stimme: »Lassen Sie mich mit allem Nachdruck sagen, dass der Secret Service und die Polizei meiner Meinung nach großartige Arbeit geleistet haben. Ich möchte ihnen für alles danken, was sie während dieses unglückseligen Vorfalls getan haben. Dies war ein privater Ausflug zu Ehren eines alten Freundes. Dieser Vorfall wird mich unter keinen Umständen davon abhalten, in Amerika und der Welt zu reisen. Es ist bedauerlich, dass manche Individuen Mord oder Attentate noch immer für einen Weg halten, Veränderungen zu bewirken.«
»Mr. President«, rief einer der Reporter. »Können Sie uns eine Vorstellung davon geben, was Sie zum Zeitpunkt des Attentats gesehen oder empfunden haben?«
»Vielleicht sollte ich nur beschreiben, dass das Fenster zerbrach und eine metallene Apparatur auftauchte. Anschließend hatte ich die schnellen und effektiven Maßnahmen des Secret Service vor Augen.«
»Was waren Ihre Gedanken, Sir?«
»Ich war dem Secret Service dankbar, dass er so ausgezeichnete Arbeit leistete.«
»Eben, als Sie von dem Attentat sprachen, haben Sie die Worte manche Individuen verwendet. Auf wen bezieht sich der Plural?«
»Glaubt irgendeiner von Ihnen, dass ein Einzeltäter all diese Waffen zusammengebaut hat?«
»Haben Sie irgendwelche besonderen Individuen im Sinn?«
»Das wird der Gegenstand intensiver Untersuchungen sein, die schon in diesem Augenblick beginnen.«
Davis deutete auf den Flachbildschirm. »Er muss vorsichtig sein. Eine Andeutung genügt, um eine Botschaft zu senden.«
»Was zum Teufel geht hier vor sich?«, fragte Malone.
Davis antwortete nicht. Der peinlich korrekte Mann mit den messerscharfen Bügelfalten in der Hose beobachtete einfach nur auf dem Fernseher, wie Daniels sich von den Mikrofonen zurückzog und weitere Fragen seinem Pressesprecher überließ. Der Präsident stieg, von den Kameraobjektiven verfolgt, die Gangway zum Flugzeug hinauf. Gleich würde er durch die wenige Meter entfernte Tür hereinkommen.
»Es geht um Stephanie«, flüsterte Davis. »Sie ist diejenige, die unsere Hilfe braucht.«
Cassiopeia saß auf dem Rücksitz eines SUV , einen Beamten neben sich und zwei weitere vorn. Man hatte ihr gestattet, sich anzuziehen und dann ihre und Cottons Sachen zu packen und alles mitzunehmen.
Offensichtlich hatten sie eine Reise vor sich.
Sie hatten das St. Regis unauffällig verlassen, waren ohne Begleitfahrzeug aus Manhattan hinausgefahren und hatten den East River in Richtung Queens überquert. Keiner hatte ein Wort gesagt, und sie hatte keine Fragen gestellt.
Das war nicht nötig.
Das Autoradio erzählte ihr die Geschichte.
Jemand hatte versucht, Danny Daniels zu ermorden, und der Präsident war gerade eben vor die Presse getreten, um zu versichern, dass er unverletzt davongekommen sei. Cotton war irgendwie in die Sache verwickelt, und sie fragte sich, ob Stephanie Nelle ihn deswegen hatte sehen wollen.
Stephanie und Cotton waren seit fünfzehn Jahren eng befreundet. Während eines Dutzends dieser Jahre hatte Cotton für das Magellan Billet gearbeitet, eine Geheimdienstabteilung innerhalb des
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