Die Washington-Akte
strahlenden Morgen hinaus, der spätsommerlich trocken und warm war. Er blickte zum Herrenhaus und seiner charakteristischen Kuppel auf, die, wie er wusste, die erste war, die je ein amerikanisches Haus gekrönt hatte.
Plötzlich strahlten einige der Hausfenster von einem Lichtblitz auf.
Von drinnen drangen Schreie heraus.
Ein weiterer Blitz.
Jemand stürzte aus der Tür.
»Drinnen ist eine Bombe. Lauft.«
45
Cassiopeia und Edwin Davis standen allein im hinteren Bereich eines Parkplatzes, auf dem ständig mehr Wagen mit Besuchern eintrafen.
»Ich möchte über Sie und die First Lady Bescheid wissen«, sagte sie zu ihm.
Davis sah plötzlich besiegt aus. »Jetzt verstehen Sie, warum ich nur Sie mit dieser Sache befassen konnte?«
Das hatte sie bereits begriffen.
»Als der Secret Service uns mitteilte, wer der Festgenommene war, habe ich den Präsidenten überzeugt, Sie beide in die Sache einzubinden. Es war nicht schwer, ihm das zu verkaufen. Er hat sowohl in Sie als auch in Cotton großes Vertrauen. Auch hat er nicht vergessen, was Sie letztes Mal für ihn getan haben. Ich wusste, dass Pauline sofort zu den Verdächtigen gehören würde, da nur eine Handvoll von uns so weit im Voraus über den Ausflug Bescheid wusste. Ich musste also die Kontrolle darüber behalten, wer ihr auf den Zahn fühlte.«
»Sie wussten von Anfang an, dass sie die undichte Stelle war?«
»Die Vorstellung, dass sie jemandem etwas weitergesagt haben könnte, lag nahe.«
»Wann hat Ihre Beziehung mit der First Lady begonnen?«
Eine unbehagliche Stimmung kam plötzlich auf. Sie wusste, dass es hart für ihn war. Aber er hatte sie in die Sache verwickelt, und sie musste ihre Aufgabe erledigen.
»Ich bin vor drei Jahren als Stellvertretender Nationaler Sicherheitsberater ins Weiße Haus gekommen. Damals habe ich Pauline … die First Lady … kennengelernt.«
»Scheren Sie sich nicht um Förmlichkeiten«, sagte sie. »Hier sind nur wir beide. Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
»Es bereitet mir Sorgen.« Ein Ausdruck der Verärgerung zuckte über sein Gesicht. »Ich bin wütend auf mich selbst. Noch nie habe ich mich so verhalten. Ich bin sechzig Jahre alt und habe mich noch nie in eine so unangenehme Situation manövriert. Ich weiß nicht, was über mich gekommen ist.«
»Willkommen im Club. Waren Sie je verheiratet?«
Er schüttelte den Kopf. »In meinem Leben hat es herzlich wenige Beziehungen gegeben. Die Arbeit kam immer an erster Stelle. Ich war der Mensch, an den andere sich in Krisensituationen wandten. Der Mann mit der ruhigen Hand. Jetzt aber …«
Sie streckte die Hand aus und ergriff ihn leicht beim Arm. »Erzählen Sie mir einfach nur, was passiert ist.«
Sein Widerstand schien nachzulassen. »Sie ist furchtbar unglücklich, und zwar schon seit Langem. Das ist schrecklich schade, denn sie ist ein guter Mensch. Was ihrer Tochter zugestoßen ist, hat sie zutiefst getroffen. Sie hat sich nur nie damit auseinandergesetzt.«
Und Danny Daniels auch nicht, dachte Cassiopeia.
»Sie begleitet den Präsidenten nur noch selten auf seinen Reisen«, erklärte Davis. »Es passt zeitlich einfach nicht, was nichts Ungewöhnliches ist. Es hat also Zeiten seiner Abwesenheit gegeben, in denen sie und ich uns besuchten. Nichts Ungehöriges, wohlgemerkt. Überhaupt nichts. Wir haben einfach nur mittags oder abends miteinander gegessen, ich habe ihr Gesellschaft geleistet, und wir haben miteinander geredet. Sie liest gerne, vor allem Liebesromane. Das ist etwas, was nur wenige wissen. Je erotischer, desto besser. Shirley hat sie ihr zugeschmuggelt.« Er lächelte. »Sie bereiten ihr Vergnügen und nicht wegen der Sexstellen. Das ist nicht der Reiz. Es geht ihr um das Happy End. Sie gehen alle gut aus, und das gefällt ihr.«
Er entspannte und öffnete sich, als lägen bei ihm schon viel zu lange die Nerven blank.
»Wir unterhielten uns über Bücher, über alles und jedes und über das Weiße Haus. Mir brauchte sie nichts vorzuspielen. Ich war die Person, die dem Präsidenten am nächsten stand. Es gab nichts, was ich nicht wusste. Irgendwann befassten wir uns näher mit dem Thema Mary, ihrem Mann und ihrer Ehe.«
»Sie hat mir deutlich gesagt, dass sie dem Präsidenten die Schuld an allem gibt.«
»Das stimmt nicht«, entgegnete er rasch. »Nicht so, wie Sie meinen. Vielleicht hat sie ihm anfangs wirklich die Schuld gegeben. Aber ihr ist wohl klar geworden, dass das unvernünftig war. Leider ist ein Teil von ihr in jener
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