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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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selbst sein überragendes Wissen ihnen nicht helfen.
    Herb hört Ruuth seufzen und weiß, daß ihre Gedanken am gleichen Punkt angekommen sind. Er kennt Ruuth schon lange, viel länger als die anderen. Vor Jahren haben sie sich in Berlin kennengelernt, als er mit seiner Testgruppe die Steuerung eines neuen Typs von Gravitationsschwebern zu erproben hatte. Nach Tagen langwieriger Untersuchungen, der Termin des Abschlusses rückte bereits in bedrohliche Nähe, stellten sich Mängel an der Trimmanlage heraus. Die kleinen Fahrzeuge neigten zu instabilem Verhalten. Um den Termin zu halten, nahmen sie Veränderungen an der Steuerung vor, ohne sich, wie es üblich war, mit der Konstruktionsgruppe zu konsultieren. Sie erreichten zwar eine Stabilisierung, aber Herb fühlte sich durchaus nicht wohl in seiner Haut. Es lag ihm einfach nicht, Entscheidungen über die Köpfe der anderen hinweg zu treffen.
    Nach Abschluß der Tests setzten sie sich mit der Konstruktionsgruppe zusammen, um die Veränderungen auszuwerten. Herb hatte erwartet, daß es Auseinandersetzungen geben würde, daß er sich mit den Konstrukteuren würde zusammenraufen müssen, aber es kam anders.
    Die Leiterin der Konstruktionsgruppe war Ruuth. Trotz ihrer Jugend erschien sie ihm streng und ernst, und er wußte sofort, daß sie zu ihrer konstruktiven Auslegung stehen würde. Wider Erwarten akzeptierte sie jedoch die vorgeschlagenen Veränderungen bis auf geringe, aber wohlbegründete Abweichungen.
    Die gemeinsamen Beratungen, die notwendig waren, um die optimale Variante zu finden, brachten sie einander näher. Langsam entdeckte er Ruuths Schönheit. Sie, die er zuerst für ein unscheinbares, ein wenig farbloses Mädchen gehalten hatte, begann ihn zu fesseln. Auch heute ist das noch so, Ruuth erschließt sich keinem auf den ersten Blick. Es dauerte Monate, ehe sie feststellten, daß sie sich mochten, und ihr gemeinsames Leben ergab sich für Herb ebenso problemlos, wie sich bisher alles für ihn gefügt hatte.
    Es dauerte Jahre, ehe sie feststellen mußten, daß sie zu jung waren, um zu wissen, wieviel Rücksichtnahme das ständige Zusammenleben zweier Menschen erfordert. Es waren keine guten Jahre. Sie gingen auseinander, ohne einander gram zu sein, unter modernen Menschen darf es nichts Unausgesprochenes geben, nichts, das sich nicht klären und erklären ließe.
    Viel später erst kreuzten sich ihre Wege ein zweites Mal. Damals bekam Herb einen Brief. Zu jener Zeit war ein Brief schon etwas Ungewöhnliches, aber noch ungewöhnlicher war sein Inhalt. In einem Ton, der schon fast einem Befehl gleichkam, wurde Herb aufgefordert, sich binnen weniger Tage bei der europäischen Raumfahrtbehörde zu melden, die ihren Sitz in Budapest hatte.
    Er betrat das Empfangszimmer der Behörde mit gemischten Gefühlen. Der Raum war groß und sparsam möbliert, und weder die Kälte, die er ausstrahlte, noch der Mann hinter dem Schreibtisch, der wie aus dem Ei gepellt aussah, waren dazu angetan, ihn zu beruhigen. Der Mann trug eine Uniform, die faltenlos saß, glatt und sauber, silbergrau mit schmalen blauen Biesen. Er hatte ein hageres Gesicht mit hellen Augen und hoher, klarer Stirn. Herb sah sich lange schweigend gemustert, ehe der Mann den Mund zu einer erstaunlichen Bemerkung öffnete: »Sie sind von der Raumbehörde ausersehen worden, an einer der bedeutendsten kosmischen Unternehmungen als Bordingenieur teilzunehmen.«
    Hätte man Herb vorgeschlagen, den Atlantik mit Schwimmflossen zu überqueren, er hätte nicht verblüffter sein können. Weder war er ein guter Schwimmer, noch hatte er jemals in Gedanken nach den Sternen oder dem Kosmos gegriffen. Und Ambitionen zum Heldentum hatte er schon gar nicht, im Gegenteil, in seinem bisherigen Leben hatte er Aufregungen und Risiken stets zu meiden gesucht. Immer hatte er sich bemüht, einen geradlinigen Weg ohne Ecken und Kanten zu gehen. Es bestand wohl kein Zweifel, daß sich in seinem Leben, vorausgesetzt, er nähme den Vorschlag an, eine tiefgreifende Wandlung vollziehen würde.
    Bisher hatte es in seinem Leben kaum gravierende Ereignisse gegeben. Die Kindheit war klar gegliedert zwischen dem Lebensbereich der Eltern in der Wohngemeinschaft eines Hauses, das einer der großen Städte früherer Zeiten vergleichbar war, und dem Erziehungsbereich in derselben Gemeinschaft. Danach die Schule, die sich nahtlos anschloß, ohne daß sich die äußeren Verhältnisse merklich änderten. Und auch das Studium reihte sich in die

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