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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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leise. »Wir hätten nur einen Sprung über elf Lichtjahre ausführen dürfen.«
    »Aber wir sind viel weiter gekommen…« Herb machte sich Sorgen, daß man seine Verblüffung aus der Stimme heraushören könnte, und er glaubte Matoul anzusehen, daß der stutzte.
    Der Mathematiker blickte ihn erstaunt und befremdet an. »Was soll das, Herb?« sagte er. »Wir werden es untersuchen, und wir werden die Gründe herausfinden. Es gibt keinen Anlaß, die Nerven zu verlieren.«
    Herb riß sich zusammen. Doch dann sah er, daß sich auch Matouls Gesicht veränderte. Die Wangenknochen traten hervor, als beiße er die Zähne zusammen, und auf seiner Stirn erschien eine steile Falte. Er blickte hinüber zu Luisa, und erst nach einer langen Zeit bemerkte Herb, daß die beiden sich anstarrten. Luisas Gesicht hatte die bleiche Farbe der Sterne dort draußen angenommen, unter denen das Phänomen geheimnisvoll und unheimlich gloste.
    »Wir bewegen uns immer noch«, flüsterte Luisa, und in ihrer Stimme war unverkennbar Angst.
    Mit einem Sprung war Matoul bei den Instrumenten. Die Falte zwischen seinen Augen vertiefte sich. »Tatsächlich!« murmelte er schließlich. »Wir bewegen uns auf das Phänomen zu, und wir bewegen uns mit großer Geschwindigkeit. Das ist völlig unverständlich.«
    Herb ließ die Bremstriebwerke an. Eine flammende Garbe hoch erhitzter Materie schoß ihrem Ziel, das plötzlich zu einer tödlichen Gefahr geworden war, entgegen. Langsam kam das Raumschiff zum Stehen. Sie blickten auf den Bildschirm, und Herb stockte der Atem.
    Ein letztes Mal zuckten die Flammen der Bremstriebwerke auf und erloschen. Der Automat schaltete sie bei Erreichen der Nullgeschwindigkeit selbsttätig ab. Trotzdem breitete sich nicht die seit langem gewohnte Dunkelheit aus. Vor ihnen lag ein Tunnel aus rotem Feuer. Ein unwirkliches Feuer in starrem Glanz, ein totes Feuer.
    Nach den Rändern hin wurde der Tunnel heller und heller, bis er schließlich in den normal bestirnten Himmel überging. Ein prächtiger Himmel mit einer Unzahl hellstrahlender Sterne.
    Aber sie hatten keine Augen für die Schönheit des Kosmos. Vor ihnen glühte die Achse des Tunnels mit einem Zentrum, das dem Auge eines Zyklopen glich.
    Und noch während Herb und Matoul auf das Feuer starrten, stieß Luisa einen Schrei des Entsetzens aus.
    »Wir bewegen uns wieder!« Sie deutete mit ausgestrecktem Finger auf die Geschwindigkeitsanzeige. »Immer schneller und schneller. Wir stürzen auf das Phänomen zu. Unaufhaltsam.« Ihre Stimme flatterte ein wenig, und ihre Augen waren weit geöffnet.
    Herb sah, daß Matoul sie beobachtete. Ihr Ausbruch schien ihm zu mißfallen, aber noch hielt er an sich. Mit schmalen Augen blickte er auf den Geschwindigkeitsmesser und den Beschleunigungsindikator. Seine Finger glitten mechanisch über die Tastatur des Handrechners. »Steigende Geschwindigkeit bei nahezu konstanter Beschleunigung von sechs Komma vier Meter je Sekunde zum Quadrat«, murmelte er. »Aber sie wird steigen, weiter und weiter.« Plötzlich wandte er sich um und schluckte, als habe er einen Kloß im Hals. Er öffnete den Mund, brachte aber keinen Laut heraus.
    Es war für Herb erschreckend, ihn in diesem hilflosen Zustand zu sehen, ausgerechnet Matoul, der auf alle Fragen eine Antwort bereit hatte. Wenigstens bisher. Herb hatte das Gefühl, etwas tun zu müssen, das die Gefahr abwenden würde, aber er kannte die Gründe für die Gefahr nicht, und deshalb fand er keine Methode, mit der man ihr begegnen konnte. Bisher hatte er schwerwiegende Entscheidungen stets Matoul überlassen, und in einer derart prekären Situation war es schwer, aus einem immer wieder praktizierten Verhaltensmuster auszubrechen. Herb fühlte, wie seine Zähne aufeinanderschlugen, und er wußte genau, daß es kein Ausdruck von Angst war, vielmehr Ausdruck des Wissens, etwas tun zu müssen, und des Unvermögens, das Richtige zu erkennen. Herb fühlte diese Zwangssituation körperlich, aber er kam nicht dagegen an.
    Die Spannung löste sich plötzlich, als Matoul erneut auf den Beschleunigungsindikator blickte. »Knapp sechs Komma fünf«, sagte er tonlos. »Wir müssen ein weiteres Mal bremsen, auch wenn es nichts nützt.« Er quetschte die wenigen Worte zwischen den Zähnen hervor, aber für Herb reichte es aus, um sich aus seiner Erstarrung herauszureißen.
    Mit einem Satz sprang er, nun bereits zum zweitenmal an diesem Tag, an den Bremsautomaten und schaltete ihn ein. Und wieder verlöschte der

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