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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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rotglosende Tunnel hinter einem mächtigen Flammenmeer.
    »Die Beschleunigung fällt…, fällt…, fällt immer noch. Fällt weiter.« Matouls Stimme hatte ihren alten, ruhigen Klang wiedergefunden.
    Fast hätte Herb aufgeatmet. Dann fiel ihm auf, daß sie immer noch keine negative Beschleunigung hatten. Auch wenn sie auf den Nullpunkt sinken würde, hätten sie damit lediglich eine Geschwindigkeitserhöhung verhindert, eine wirkliche Bremsung aber wäre noch nicht eingetreten. »Wie hoch ist sie denn, zum Teufel?« rief er.
    Matouls erstaunter Blick blieb aus. Gebannt hingen seine Augen an der Anzeige. »Nahe Null!« sagte er leise und hob den Arm. Schließlich senkte er wie widerwillig die Hand. »Null!« sagte er. Und dann: »Jetzt…!«
    Aber Herb wußte, daß sie noch lange nicht gewonnen hatten. Die Geschwindigkeit, mit der sie sich dem Phänomen näherten, blieb lediglich konstant, sie fiel nicht. Sie erreichten keine wesentliche negative Beschleunigung, obwohl die Triebwerke auf Vollast liefen.
    Das Phänomen Black Light saugte sie mit ungeheurer Gravitation in den vor ihnen liegenden Feuertunnel hinein.
    Wenige Stunden später begann die Beschleunigung erneut zu steigen. Sie hatten verloren. Nichts konnte sie retten.
    Ruuth seufzt ein zweites Mal. Herb schiebt sich, immer noch in liegender Stellung, eine Spanne weit vom Boden ab und gleitet zu ihr hinüber.
    Ein Zweig des Rosenstrauches verbirgt ihr Gesicht. Vorsichtig schiebt er ihn zur Seite und klemmt ihn in einer Astgabel fest. Es wird Zeit, die Rosen zu beschneiden. Wie ein grüner Vorhang quellen sie aus der Hydrokugel. Aber niemand konnte sich bisher entschließen, sie zu stutzen.
    »Wird es Matoul schaffen?« fragt Ruuth, ohne den Kopf zu wenden.
    Was soll er auf ihre Frage antworten? Soll er ihr unsinnige Hoffnung machen, wo er selbst keinen Ausweg mehr sieht? Oder soll er ihr sagen, daß sie sich endlich an den Gedanken gewöhnen müssen, Gefangene des unheimlichen Sterns zu bleiben? Soll er ihr den Mut, der sie alle zu verlassen droht, völlig nehmen?
    So zieht er es vor zu schweigen, und wahrscheinlich erwartet sie auch keine Antwort. Er zuckt vage die Schultern, wohl wissend, daß sie seine Bewegung nicht sehen kann.
    Unter ihnen zieht die Oberfläche des Dunkelsterns dahin, matt beleuchtet vom diffusen Licht Tausender Sonnen.
    Vor Tagen haben sie dem Unheimlichen sein erstes Geheimnis entrissen, das Geheimnis der Entstehung des glühenden Tunnels.
    Luisa hat ermittelt, daß das Licht der hinter dem Dunkelstern stehenden Sonnen durch seine enorme Gravitation gebeugt und so um ihn herumgelenkt wird. Dadurch entsteht der Eindruck eines helleuchtenden Ringes um eine kreisrunde, dunkle Fläche. Als weiterer Effekt der gewaltsamen Schwerkraft kommt eine starke Rotverschiebung der Lichtwellen hinzu, die den Stern unmittelbar an der Peripherie passieren.
    Diese beiden Erscheinungen sind für den Eindruck verantwortlich, der sich nähernde Flugkörper befinde sich in einem Tunnel, dessen Wände aus rötlichem Licht bestehen.
    Als sie diese Erklärung gefunden haben, ist ihnen klargeworden, wie gering ihre Chance ist, den Unheimlichen jemals wieder zu verlassen. Wahrscheinlich würden sie nicht einmal ihre Erkenntnisse der Menschheit mitteilen können.
    Vor Tagen schon hatten sie das Triebwerk stillgesetzt, um Treibstoff zu sparen. Sie hatten sich an den Unheimlichen herantreiben lassen und waren auf eine Kreisbahn eingeschwenkt – bei der riesigen Geschwindigkeit in der letzten Flugphase eine Meisterleistung der Steuerkunst! Luisa und Ruuth hatten den Steuerrechner nicht aus den Augen gelassen, um neue Steuermanöver festzulegen. Sie hatten sich alle ausgezeichnet ergänzt.
    Seitdem berechnet Matoul ihre Chancen, die Gravitation des Unheimlichen zu verlassen.
    Er ist grau, der Unheimliche, aber es ist ein anderes Grau, als sie es von der Erde her gewöhnt sind, ein Grau, das zu leben scheint, das sämtliche Abstufungen vom gedämpften Weiß bis zum dunkelsten Farbton durchläuft. Und es ist nicht das Grau des Todes.
    Mächtige Wirbel wühlen in der Atmosphäre, verleihen dem Bild des Himmelkörpers ein geheimnisvolles Leben. Wie graumarmorierte, sich ständig wandelnde Kreisel rasen Wirbelstürme über die Oberfläche, prallen aufeinander, vermischen sich und trennen sich wieder in einem phantastischen Tanz ohne Anfang und Ende.
    Herb sieht, daß Ruuth etwas sagen möchte. Ihre Lippen bewegen sich, aber die bedrückenden Bilder tief unter ihnen

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