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Die Wasser des Mars

Die Wasser des Mars

Titel: Die Wasser des Mars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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immer noch das Lächeln in den Augen. Langsam schüttelt er den Kopf. »Natürlich glaube ich nicht daran. Aber anders, als ich es geschildert habe, könnte das Leben kaum aussehen.«
     
    Als Herb hinüber zu Ruuth blickt, sieht er, daß sie Schweißperlen auf Stirn und Wangen hat. Er stülpt den Helm über und gerät sofort in einen wahren Hexenkessel. Wie ein welkes Blatt wirbelt das Landefahrzeug durch eine kochende Atmosphäre. Hier ist jede Steuerkunst am Ende. Durch schnell wechselnde Drücke ist die Maschine Belastungen ausgesetzt, die das Material früher oder später wie Fetzen nassen Papiers zerreißen werden.
    Kurz danach stellt Herb erstaunt fest, daß das zerbrechliche Fahrzeug noch immer den tobenden Gewalten des Unheimlichen trotzt; ja es ist sogar unverkennbar, daß sich die Lage des Flugkörpers mehr und mehr stabilisiert. Und da erst merkt er, daß Ruuth das einzig Vernünftige tut: Sie überläßt die Maschine dem taifunartigen Wirbel und erreicht durch die bei allen schnell kreiselnden Medien vorhandene Masseselektion, daß sie weiter und weiter in das Innere des Wirbels gelangt, dorthin, wo im Zentrum der Kreiselbewegung ruhigere Verhältnisse herrschen. Dabei verliert der Aufklärer ständig an Höhe, es kann nur noch kurze Zeit dauern, bis er in unmittelbare Nähe des Bodens gelangt.
    Kann das von Menschen geschaffene Material der extremen Gravitation des Dunkelsterns genügende Festigkeit entgegensetzen, um wenigstens für eine relativ kurze Zeitspanne einsatzfähig zu bleiben, oder wird es sofort nach Erreichen der Oberfläche zusammenbrechen? Wird es so deformiert, daß keinerlei Funktionen mehr möglich sind?
    Herb hört Matoul rufen. Der Kybernetiker gestikuliert mit beiden Händen. »Jetzt genau senkrecht hinunter, Ruuth!« ruft er und deutet mit ausgestrecktem Zeigefinger auf das Zentrum des Wirbelsturms. »Schneller, Ruuth, schneller!«
    Die Pilotin zieht die Mundwinkel herab. Herb weiß, daß sie längst ihre Chance erspäht hat und genau das Loch in der marmorierten Scheibe des Taifuns anvisiert, auf das Matoul sie hingewiesen hat. Wie ein Pfeil schießt das Landefahrzeug mitten in das Herz des Trichters und durchbohrt ihn an seiner ruhigsten Stelle.
    Urplötzlich weichen flatternde Wolkenfetzen zur Seite, für Sekunden kommt der klargegliederte Boden des Unheimlichen in das Bild, dann kippt er ebenso schnell nach unten weg.
    Ruuth versucht, die Maschine, die sich dem Boden bei dem gewagten Manöver viel zu weit nähern mußte, in einer steilen Kurve nach oben zu ziehen, aber das gequälte Material hält der mehrfachen Belastung nicht mehr stand.
    Das Krachen zerberstender Holme, der Knall einer platzenden Plastverkleidung und das Kreischen zerreißender Bleche sind das letzte, was in ihren Helmen zu hören ist.
    Das übertragene Bild flimmert einen Augenblick lang wie ein gerissener Film, zeigt den heranwirbelnden Boden des Unheimlichen, der plötzlich dunkel wird, dann in seine Normallage kippt und ruhig stehenbleibt. Und während sie alle erwarten, daß der unvermindert wütende Sturm das Fahrzeug ergreift und über die rauhe Fläche schleudert, geschieht etwas Seltsames, Unbegreifliches.
    Die Maschine dreht sich langsam, so, als zwinge sie jemand, das Panorama des Unheimlichen ein letztes Mal mit den Objektiven einzufangen, dann erst erlischt das Bild in ihren Hirnen mit einem letzten Aufblitzen.
    Die vier Menschen sehen sich an, wortlos, keiner von ihnen hat eine Erklärung für das, was in diesen Sekunden dort unten geschehen ist. Wieder ein Phänomen, ein neues, eines unter Tausenden.
     
    Sie können später nicht sagen, wie lange sie still in den Sesseln gelegen haben, die Helme auf den Knien, die Hände zu Fäusten geballt, Perlen kalten Schweißes auf der Stirn.
    In einer Situation wie der vorangegangenen wird der Helm zu einem Marterinstrument. Es ist, als seien die Sinne der über die Sensoren am Flug der Landefähre teilnehmenden Menschen bis ins Extreme verfeinert, als erlebten sie die Handlungen des Landeroboters vielfach verstärkt. Mit jeder Fiber ihrer Nerven nehmen sie unmittelbar am Geschehen Anteil. Durch die absolute Identifikation sowohl des Steuernden wie auch der Beobachter mit der Maschine kommt ein Gefühl zustande, als zerberste nicht nur das Landefahrzeug, sondern auch der eigene Körper.
    Noch Minuten nach dem Absturz ist ihnen, als seien sie selbst zerschmettert worden, zerschmettert auf einem Stern, der kein Leben kennt und kein Leben duldet.
    Und

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