Die Wedding-Planerin
steht», habe
ich beschlossen: «Man muss nicht alles können, aber wissen, wie man so tut, als ob man es könnte.» So habe ich Überraschungen
am Fließband produziert: Luftballons, mit Helium gefüllt, in den Himmel steigen lassen, weiße Tauben fliegen lassen, Torten
gebacken, Reden gehalten, Spalier gestanden, Gästebücher entworfen, Bildbände produziert, Traditionen aufleben gelassen
und derlei mehr. Geholfen haben mir immer wieder mein Freund, die Suchmaschine, diverse Hochzeitsforen sowie die Erzählungen
von und Erlebnisse auf anderen Feiern.
Soeben ist mir auf der Suche nach meiner Kamera, auf der ich die Bilder von unserer Brautkleidsuche vermute und die ich weiterverwenden
will, eine DVD in die Hände gefallen. Unbeschriftet, wie sie war, hat sie meine Neugier geweckt. Daher musste ich meine
Suche kurz unterbrechen und den DV D-Player einschalten. Noch vor dem Bild war der Ton da, und ich wusste sofort, was die kleine silberne Scheibe beinhaltete: ein
Video, das wir für Annas Hochzeit gedreht haben. Und das kam so:
Anna bildete in Sachen Überraschung eine Ausnahme: Sie hat einfach gesagt, was sie will, und sich nicht durch Protest beirren
lassen. Von uns Mädels wünschte sie sich Gesang auf der Hochzeit. Um ihr Anliegen zu verstehen, muss man ihren leicht irritierenden
Humor kennen: Die Sängerin bei uns ist Anna, klassisch ausgebildet verdient sie ihren Lebensunterhalt singend. Auf ihrer
eigenen Hochzeit hat sie viel und schön gesungen. Allerdings wollte sie auch mal besungen werden und beschloss, dass wir,
ihre engsten Freundinnen, das für sie erledigen könnten. Dass von vier vorhandenen Frauen drei überhaupt gar nicht singen
können, spielte für sie keine Rolle. Zunächst protestierten wir, dann zitterten wir ob der Blamage, die eine derartige
Aktion mit sich bringen würde, |106| anschließend resignierten wir, und zum Schluss wurden wir aktiv: Sie wollte besungen werden? Konnte sie haben.
Kurzerhand drehten wir mit Hilfe von Karl und seiner Kamera vier Musikvideos. Für jede von uns suchten wir einen Song aus,
den die Jeweilige mit bewegten Bildern gestalten musste. Nun hatten wir nicht nur den Aufwand großartig unterschätzt, nein,
ich habe mir auch noch das schlimmste Lied unter der Sonne ausgesucht. Zu Peter Maffays «Über sieben Brücken musst du gehen»
stolzierte ich einen ganzen Samstag in Karottenjeans mit aufgemaltem Bart und einer ins Gesicht geklebten Warze aus Lakritz
durch die Hamburger Speicherstadt. Ich bin nicht über sieben, sondern über siebzig Brücken gegangen und habe mich zur Lachnummer
gemacht. Den anderen ist es mehr oder weniger genauso ergangen, wir alle haben uns wirklich ins Zeug gelegt, um tolle Playback-Videos
zu gestalten. Karl hatten wir überredet, zu filmen und zu schneiden. Ich glaube, er hat uns an ziemlich vielen Wochenenden
zur Hölle gewünscht, denn die Aktion dauerte länger, als wir uns vorher gedacht hatten, und hin und wieder waren wir kurz
davor, uns gegenseitig zu zerfleischen. Das Endprodukt ist ein 1 5-minütiger Dauerkracher geworden. Karl hat ganze Arbeit geleistet und ein unglaublich witziges Video zusammengestellt. Wir haben es
damals auf der Hochzeit gezeigt, die Gäste jubelten, Anna heulte, und wir schämten uns zumindest etwas weniger, als wenn
wir hätten live singen müssen.
Während ich den Film noch einmal ansehe, überlege ich mir, wie wir diese Aktion bei Lenas Hochzeit überbieten könnten,
und schimpfe gleichzeitig mit mir selbst, dass ich schon wieder Hochleistungsgedanken habe. Es wird nicht einfacher, je
mehr Freunde heiraten. Es wird auch nicht einfacher, je mehr Hochzeiten man betreut oder gefeiert hat. Im Gegenteil. Jede
Idee, die ich habe, verwerfe ich quasi augenblicklich, weil sie mich langweilt, ich sie auf anderen Hochzeiten bereits
gesehen habe oder ich der Meinung bin, dass ich wirklich mal kreativer sein könnte.
|107| Ein dumpfes Gefühl macht sich in meinem Bauch breit: Leistungsdruck. Meine größte Sorge: Lena gefällt die Hochzeit nicht.
Gleich danach folgen: Karl oder Eltern oder Schwiegereltern oder Gästen gefällt die Hochzeit nicht. Abhängig von meiner Tagesform
und dem Stand der Vorbereitungen gibt es noch die Varianten: total daneben liegen mit den Dingen, die man sich ausdenkt.
Oder: zur falschen Zeit am falschen Ort sein und die Feier damit ins Wanken bringen. Oder: zu schnell zu betrunken werden
und die Kontrolle verlieren.
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