Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
er sich schließlich missmutig abwandte und überlegte, wie er sich die kommenden Tage beschäftigen konnte. Es war vermutlich besser, nicht allzu häufig im Burghof herumzusitzen, das würde nur zu Reibereien führen. Für heute hatte er sich beherrschen können, doch er war sich nicht sicher, ob ihm dies immer gelingen würde.
Kurz entschlossen ging er zurück in die Halle, wo die Mägde und Knechte bereits die Schüsseln und Teller davontrugen und die Bretter, die als Tische dienten, von den Böcken hoben. Er hängte das Schwert an den Gürtel und versuchte, möglichst ungesehen von Gavin und seinen Freunden, die Burg zu verlassen. Er würde zu Fuß gehen, denn ein Pferd zu satteln und damit durch das Burgtor zu reiten, würde nur unnötig Aufsehen erregen.
Die düsteren Regenwolken, die noch gestern über den Highlands gelegen hatten, waren verschwunden, nur hin und wieder schob sich ein kleines, graues Wölkchen vor die Sonne, ohne ihre Strahlkraft verdunkeln zu können. Ewan bewegte sich im Laufschritt voran, um die Ebene möglichst rasch hinter sich zu lassen und im Kiefernwald Deckung vor neugierigen Blicken zu finden. Der schnelle Lauf machte ihm großes Vergnügen, er sprang über einige der größeren Gesteinsbrocken, um den gewundenen Pfad abzukürzen, und als er den Waldrand erreicht hatte, wandte er sich zurück, um zur Burg hinüberzusehen. Die Festung war ringförmig angelegt, von Gräben und dickem Mauerwerk geschützt, hoch ragte der breite, viereckige Wohnturm zwischen den Dächern hervor, auf den Zinnen der Mauern wehten heute, zu Ehren des Brautzuges, bunte Wimpel.
Laird einer solchen Burg zu sein – das war ein Gedanke, der sein Herz höher schlagen ließ. Ein Clan Chief, der seine Ritter in den Kampf führte, sein Land verteidigte und sich eine der schönen Töchter befreundeter Chiefs zur Frau wählen konnte. Wie lieblich die junge Braut Fiona in ihrem kostbaren Kleid ausgesehen hatte. Wie kunstvoll ihr Haar geflochten und mit Bändern durchzogen war, wie anmutig die Bewegung, wenn sie den Kopf zur Seite drehte und lächelte. Keith MacDonald war wirklich zu beneiden, denn er würde schon übermorgen mit einer schönen, jungen Frau das Lager teilen. Er, Ewan, konnte nicht auf ein solches Glück hoffen – was hätte er einer Ehefrau schon zu bieten gehabt? Eine Ecke in der winzigen Hütte seiner Eltern – sonst nichts.
Er rief sich zur Ordnung. Keine vermessenen Wunschträume mehr – nur noch zähe, harte Arbeit und kluge Zurückhaltung würden ihm helfen, sein Ziel zu erreichen. Er würde ein Ritter sein und den anderen ebenbürtig. Eines Tages.
Er drang ein wenig tiefer in den Wald ein, suchte sich eine Lichtung und zog das Schwert aus der Scheide, um sich in der Führung der Waffe zu üben. Beharrlich führte er seine Streiche, köpfte Büsche und blühende Gräser und hieb auch etliche Kiefernäste herunter. Eichhörnchen flitzten erschrocken davon, kleine Vögel flatterten auf, und eine vorwitzige Hummel wäre um ein Haar in zwei Teile zerlegt worden. Nach einer Weile hielt Ewan inne, wischte sich missmutig die Stirn und verscheuchte die Mücken. Er schwitzte in der warmen Sonne und war unzufrieden mit seiner Leistung.
Langsam ließ er das Schwert zurück in die hölzerne Scheide gleiten, begab sich wieder in den Schatten der Kiefern und ging eine Weile ziellos umher. Es musste um die Mittagszeit sein, denn das Sonnenlicht fiel gleißend durch die Baumkronen bis auf den Waldboden hinunter, ließ das Laub der kleinen Büsche und Gräser in hellen Grüntönen leuchten und überzog die schrundigen Stämme mit silbrigem Glimmer. Kaum ein Vogel ließ sich hören, auch der Wind schwieg, und Ewan dachte daran, dass es verwunschene Wälder gab, die den einsamen Wanderer in den Bannkreis der Elfen zogen. Dann erblickte er zwischen den Stämmen einen hellen Schein, und er wusste, dass er das Seeufer erreicht hatte.
Sollte er es wagen? Warum nicht – es war ihm gewiss niemand gefolgt. Er war immer ein begeisterter Schwimmer gewesen, und ein kühles Bad bei dieser sommerlichen Hitze würde erfrischend sein. Rasch legte er Schwert und Gürtel ab, fuhr aus den Schuhen, zog sich den Kittel über den Kopf und löste die Brouche. Nackt lief er zum Seeufer, fluchte leise, als er auf einen spitzen Stein trat, der unter dem Moos verborgen gewesen war, und verharrte dicht am Wasser, um einen kurzen Blick über See und Ufer zu werfen, bevor er sich in die Fluten stürzte.
Dort blieb er, wie vom
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