Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
Frau in Männerkleidung ein gewohnter Anblick für sie war, so hatte Rodena bisher doch niemals die Nähe der Kämpfer gesucht. Daher bedachte man sie jetzt mit misstrauischen und belustigten Blicken. Gavin, der gerade eine üble Zote erzählte, hielt mitten im Satz inne und ertränkte den Rest seiner Geschichte in einem tiefen Zug Bier. Schweigen trat ein, als Rodena dicht bei der Gruppe stehen blieb und sich mit dem Rücken an die Mauer des Gesindehauses lehnte.
»Lasst euch nicht stören«, sagte sie gleichmütig.
Niemand antwortete ihr. Die Männer hoben die Krüge und tranken sich zu, blinzelten immer wieder unsicher in ihre Richtung und wussten nicht recht, was zu tun war. Wäre sie ein Knappe gewesen, dann hätten die Ritter sie jetzt mit rauen Worten und einer Maulschelle davongejagt. Hätte sie sich im Gewand einer Frau genähert, so wäre man ihr höflich entgegengekommen und hätte nach ihren Wünschen gefragt. Rodena war keines von beiden und doch war sie Duncans Tochter und die Stieftochter des Lairds.
Auch Ewan hatte die Lage begriffen, und er beobachtete gespannt, was nun geschehen würde. Seine Leidenschaft war entfacht, sobald er Rodena auch nur ansah, doch zugleich konnte er ihr Verhalten nicht begreifen. Es war vollkommen verrückt, was sie tat, denn eine Frau hatte unter den Kämpfern nichts zu suchen.
»Ich bin stets voller Bewunderung, wenn ich die Schwertkämpfe der Ritter beobachte«, begann Rodena eine scheinbar belanglose Plauderei. »Auch bin ich beeindruckt, wie geschickt ihr die Lanze im Tjost führt.«
Die Männer blinzelten sich ratlos zu, einige fühlten sich geschmeichelt und nickten erfreut, Gavin jedoch blieb misstrauisch.
»Es ist das Handwerk des Ritters, Lady«, sagte er. »Wir üben uns täglich darin, denn wir haben die Aufgabe, Land und Besitz unseres Anführers zu schützen.«
Rodena zeigte sich in höchstem Maße interessiert.
»Angenommen, ihr zöget in den Kampf – wie würde das aussehen? Kämpft jeder von euch mit der Lanze zu Pferd? Wozu gebraucht ihr dann die Schwerter?«
Jetzt kam ein wenig Bewegung in die Gruppe, die Männer grinsten ob der naiven Frage und waren sogar bereit, ihr die Kunst der Kriegsführung zu erklären.
»Nur einige von uns reiten als Gepanzerte in die Schlacht, Lady«, erklärte Gavin. »Einem gepanzerten Reiter ist kein anderer Kämpfer gewachsen, und er reitet stets gegen einen gleichwertigen Gegner, um ihn aus dem Sattel zu heben.«
»Und die anderen?«, fragte sie neugierig.
»Das sind die Fußkämpfer, die eine leichtere Rüstung haben und sich damit besser am Boden bewegen können. Vor allem, wenn es darum geht, eine Burg einzunehmen, braucht man diese Kämpfer, die sich mit dem Schwert durchschlagen und die Mauern der Burg erklimmen.«
Jetzt hatten sich die Ritter sogar in Rage geredet, es gab plötzlich Streit zu der Frage, ob ein Kämpfer zu Fuß nicht doch wertvoller als ein gepanzerter Reiter sei, denn wenn dieser aus dem Sattel gehoben würde, sei er wegen der schweren Rüstung nahezu hilflos, und seine Fußkämpfer müssten ihn verteidigen. Rede und Gegenrede prallten aufeinander, zornige Flüche wurden ausgestoßen, und die Männer hatten nun völlig vergessen, dass es ein Mädchen war, das zu diesem Gespräch Anlass gegeben hatte.
»Und was ist mit den Bogenschützen?«, warf Rodena nun in die Runde, als sei ihr eben gerade eingefallen, dass es ja noch eine weitere Waffe gab.
»Die Bogenschützen?«, rief einer. »Das sind flinke Bürschlein, die ihre Pfeile versenden und dann wie die Hasen davonlaufen, um keinem Schwertkämpfer zu begegnen.«
Gelächter brach aus, denn die Bogenschützen waren wenig angesehen unter den Rittern.
»Die sind wie Wespen, die über dich herfallen und dich zerstechen. Sie stellen sich nicht zum ehrlichen Kampf, sondern schießen aus der Deckung heraus, um dann wieder abzutauchen.«
»Und doch braucht jede Armee ihre Bogenschützen«, fiel Gavin ein. »So mancher gute Kämpfer und sogar gepanzerte Reiter ist an einer Pfeilwunde verreckt.«
»Das bedeutet, ihr alle seid auch Meister des Bogenschießens?«, steuerte Rodena nun auf ihr Ziel los.
»Natürlich üben wir uns auch in dieser Kunst«, prahlte Gavin. »Einige unserer Männer sind weithin berühmt für ihre Treffsicherheit.«
Rodena lächelte und schob ihr Hütchen ein wenig aus der Stirn, bevor sie harmlos sagte: »Ich hätte Lust, es auch einmal zu versuchen. Nur zum Vergnügen natürlich. Wer von euch wäre bereit, mir
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