Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
bereit, ihr Lehrmeister zu sein. Sollte sie ihm trauen?
Zögernd betrachtete sie die Waffe von allen Seiten. Vielleicht war es nicht klug, sich gleich wieder versöhnlich zu zeigen? Er würde sie nicht respektieren, vielleicht sogar über ihre sensible Seite lächeln und sie von oben herab behandeln. Weshalb war es ihr eigentlich so wichtig, wie dieser Bauer über sie dachte?
»Gib ihm das Ding zurück!«, warnte Caja. »Er ist zu größeren Dingen berufen, als dein Lehrmeister zu sein.«
»Wozu sollte er berufen sein?«, fragte Rodena erstaunt.
»Frag nicht – tu, was ich dir sage!«
Sie wusste, dass Caja die Fähigkeit hatte, Dinge vorauszusehen, doch nicht immer steckten solche Ahnungen hinter ihren Verboten. Meist wollte Caja einfach nur ihren Willen durchsetzen, das hatte Rodena schon als Kind herausgefunden.
»Nein!«, entgegnete sie trotzig und rollte das Haar zusammen, um es unter den Hut zu stecken.
Unten im Hof wartete der rothaarige Knappe auf sie, ein Pferd am Halfter. Es war die Stute, die sie gestern geritten hatte, sie war für eine Dame gesattelt, und am Sattelknauf hing ein mit Pfeilen gefüllter Köcher. Auf dem anderen Pferd saß Ewan, das Schwert an der Seite, seine Miene war verschlossen, und der Blick, mit der er sie empfing, schien ihr kalt, fast trotzig.
Wie dumm ich war, dachte sie, und eine tiefe Enttäuschung erfasste sie. Er hat Angst, dass Alister ihn strafen wird, wenn er seine Aufgabe nicht erfüllt. Deshalb hat er mir den Bogen geschickt. Wie konnte ich nur annehmen, dass er seine Bosheit tatsächlich bereut hat?
Ewan hatte ihr Zögern bemerkt, und für einen Augenblick hoffte er tatsächlich, sie würde sein Angebot ablehnen, denn das hätte ihn vor der harten Prüfung seiner Selbstbeherrschung bewahrt. Doch sie bestieg die Stute, setzte sich im Sattel zurecht und bemerkte spitz, dass sie eigentlich lieber wie ein Mann zu Pferde saß, dieses Mal aber – ihm zuliebe – mit einem Damensattel vorliebnehmen würde.
Schweigend lenkten sie die Pferde über den Hof, bemühten sich, die vielen neugierigen Blicke und das Geflüster der Leute zu ignorieren, und ritten an den Wächtern vorbei durch das Tor. Hohl klapperten die Pferdehufe auf der hölzernen Brücke, im seichten Wasser des Burggrabens spiegelte sich gleißend der Sonnenball und blendete die Augen, dann trieb Rodena ihre Stute an und galoppierte weit voraus in die Heide hinein. Ewan folgte ihr, sah bewundernd, wie leicht und geschmeidig ihr Körper sich den Bewegungen des Tieres anpasste, und kämpfte gegen die Wunschbilder an, die in seinen Gedanken auftauchen wollten. Zornig hielt er sich zum wohl hundertsten Mal vor Augen, dass er keine Hoffnung hatte, sie zu gewinnen, denn sie war Alisters Stieftochter und er, Ewan Turner, besaß weder Land noch Adel. Selbst wenn er sich eines fernen Tages den Ritterschlag verdiente, so war es doch unwahrscheinlich, dass Alister ihm Rodenas Hand gewähren würde. Vermutlich hatte er sie dann sowieso längst an einen anderen vergeben.
Er gab seinem Pferd die Sporen und übernahm nun die Führung, ritt am Waldrand entlang, bis die Burg außer Sichtweite war und die Landschaft langsam anstieg. Hier war der Boden karg, nur kurze harte Gräser und Heidebüschel ragten aus dem steinigen Grund, schrundiger Fels, von Wind und Regen geschliffen und mit grünen und roten Moosflecken besprenkelt, zwang die Reittiere, die Hufe mit Bedacht zu setzen. Vor ihnen erhob sich ein kahler Hügel, auf dessen Kuppe blanker Fels wie Schnee leuchtete.
Ewan zügelte sein Pferd am Fuß des Hügels unweit einer einsam stehenden, vom Wind gekrümmten Eiche.
»Endlich«, sagte Rodena mit einem Seufzer der Erleichterung. »Du bist wirklich ein merkwürdiger Kerl. Zuerst behauptest du, es sei unziemlich, wenn ein Ritter mit einer Frau allein umherstreift, und dann reitest du mit mir so weit von der Burg fort, dass ich schon glaubte, du wolltest bis hinauf zur Küste.«
Er schwieg dazu, stieg vom Pferd und nahm dem Tier das Zaumzeug ab, damit es grasen konnte. Rodena wartete einen Moment, ob er ihr beim Absteigen helfen wollte, wie es ein Ritter eigentlich zu tun hatte, dann schalt sie sich selbst eine Närrin. Eben noch hatte sie erklärt, lieber wie ein Mann zu Pferde zu sitzen – wie kam sie nur darauf, dass er sie mit einer ritterlichen Geste vom Pferd heben würde? Schließlich glich sie nicht ihrer Halbschwester Fiona, die alle Männer mit ihren Reizen bezauberte.
Nachdenklich sah sie zu, wie er den
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