Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
ihre Schatten krochen wie schwarze Gestalten über die Heide, aus dem Wald erhob sich eine Schar Krähen und flatterte kreischend über sie hinweg.
Rodena war in ausgelassener Stimmung, sie fragte Ewan nach seiner Herkunft aus, wollte wissen, ob seine Eltern sich nicht um ihn sorgten, und erfuhr, dass Ewan ihnen einen Boten geschickt hatte, um ihnen seinen Verbleib auf der Burg zu erklären.
»Du bist der einzige Sohn?«
»Ja. Doch sie sind beide noch rüstig und werden auch ohne meine Hilfe zurechtkommen«, gab er zurück. »Schon bald, wenn ich mich als Ritter bewährt habe, werde ich alles daransetzen, ihr Los zu erleichtern.«
Rodena runzelte die Stirn, denn auf der Burg war man der Meinung, die Pächter seien faul und hinterhältig und würden den Laird um den Pachtzins betrügen. Was Ewan da sagte, hörte sich jedoch anders an.
»Ist das Los deiner Eltern denn so schlimm?«, fragte sie vorsichtig.
Er schwieg eine Weile, denn er hatte längst begriffen, dass sie wenig von der schlimmen Lage der kleinen Pächter wusste. Dann entschloss er sich, die Wahrheit zu sagen.
»Wir haben nur wenig Land, Lady, und die Pacht ist so hoch, dass wir im Winter und Frühling oft hungern mussten.«
Betroffen sah sie zu ihm hinüber.
»Hast du deshalb gewildert? Aus Not?«
»Ja«, gestand er verbittert. »Aber auch aus Zorn, denn zu Zeiten Eures Vaters Duncan gehörte das Jagdrecht allen.«
»Du bist unvorsichtig«, meinte sie und lächelte verschmitzt. »Was wäre, wenn ich deine Worte dem Clan Chief erzählte?«
»Würdet Ihr das tun, Rodena?«, fragte er ernst zurück.
Ihre Blicke trafen sich, und Rodena war erschrocken über die Hitze, die seine forschenden, graublauen Augen in ihrem Inneren auslösten.
»Nein«, versicherte sie. »Ich bin nicht Airdan, der Barde. Ich würde Alister niemals verraten, was du mir anvertraut hast, Ewan.«
In diesem Augenblick sahen sie die Schar Männer, die aus dem Wald trat und ausschwärmte, um ihnen den Weg zu verstellen. Es waren junge, kräftige Burschen in groben Kitteln, die Gesichter mit Asche geschwärzt, sodass man ihre Züge nicht erkennen konnte. Lange Messer steckten in ihren Gürteln, in den Händen hielten sie selbstgefertigte Spieße und harte Knüppel.
»Runter von den Pferden, dreckiges Ritterpack!«, rief man ihnen entgegen.
»Sättel und Kleider gehören uns!«
»Das ist ein Weibersattel! Schaut doch, das ist ein Mädchen!«
Ewan trieb sein Pferd an, um Rodena von den Angreifern abzuschirmen, doch es war bereits zu spät. Einer der Burschen hatte ihre Füße gefasst und bemühte sich, sie vom Pferd zu zerren. Doch Rodena saß fest im Sattel, wehrte sich nach Kräften, und ihre Stute bäumte sich auf, sodass der Angreifer loslassen musste. Im gleichen Moment war Ewan schon neben ihr, und seine harte Faust traf den Mann ins Genick, sodass er bewusstlos in sich zusammensackte.
»Reitet davon, Lady! Rasch!«
Er war von seinem Pferd geglitten und hatte sein Schwert gezogen, um die Angreifer auf sich zu lenken, und sein Plan ging auf. Die aufständischen Pächter sahen das Schwert in seiner Hand und hatten nichts anderes im Sinn, als den verhassten Ritter mit Knüppeln und Spießen zu Tode zu bringen.
Rodena hatte Ewans Aufforderung befolgt und war ungehindert ein Stück weit davongesprengt, dann zügelte sie die Stute und beobachtete bebend vor Aufregung, was drüben am Waldrand geschah. Es waren gut zwanzig, die nun wie die Wespen über den mutig kämpfenden Ritter herfielen, sie wichen zwar vor seinen harten Schwertstreichen zurück, doch Ewan war gezwungen, sich nach allen Seiten zu verteidigen, denn die Gegner drangen auch von hinten auf ihn ein. Mit wild klopfendem Herzen sah sie, wie gewandt sich Ewan bewegte, wie er herumwirbelte, um die Angreifer in seinem Rücken abzuwehren, wie ein Gegner nach dem anderen blutend zu Boden stürzte und schließlich nur noch wenige den Kampf mit ihm aufzunehmen wagten.
Als sich endlich auch der letzte Bursche in den Wald geflüchtet hatte, atmete sie erleichtert auf und trieb ihr Tier auf ihn zu, denn sie sah, dass Ewans Kittel am Rücken mit dunklen Flecken bedeckt und zerrissen war. Er war verwundet.
»Die Gefahr ist vorüber!«, rief er ihr entgegen.
Doch er täuschte sich. Einer der Männer hatte hinter den Bäumen gelauert und rannte jetzt, das Schwert zum Angriff bereit, auf den jungen Ritter zu, der ihm den Rücken zuwandte. Rodena handelte, ohne zu überlegen, sie trieb ihr Tier zu einem raschen Sprung an,
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