Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
seine Pächter ihm abliefern mussten.
Mein Vater hat das niemals getan, dachte sie. Sagten die Leute nicht, dass zu Duncans Zeiten alles gerecht zuging?
Sie schüttelte die düsteren Empfindungen ab, zog das nasse Gewand aus und wickelte sich in ein trockenes Plaid. Dann lehnte sie sich mit dem Rücken gegen den gemauerten Kaminabzug, und die Wärme, die von den Steinen ausging, half ihr, sich etwas besser zu fühlen. Es hatte wenig Zweck, sich über das schlimme Los der Pächter Gedanken zu machen, das sie doch nicht lindern konnte. Stattdessen musste sie ihre eigenen Probleme lösen. Und dazu blieb ihr nicht mehr viel Zeit.
»Wenn euch kalt ist, dann könnt ihr gern hinuntergehen«, schlug sie ihren Mägden vor. »Ich werde mich zur Ruhe legen und brauche euch nicht mehr.«
Die Mägde ließen sich das nicht zweimal sagen. Eilig machten sie sich daran, die Leiter hinunterzuklettern, und Rodena wusste recht gut, dass sie nicht nur der warme Kamin lockte, sondern auch das Lager des einen oder anderen Ritters.
»Schickt mir Ewan Turner hinauf – ich will mit ihm reden!«
»Gewiss, Lady. Aber wenn er bereits schläft...?««
»Dann weckt ihr ihn auf!«
Die Frauen verschwanden, und sie wartete mit klopfendem Herzen. Es war still im Haus, nur hin und wieder knackte ein Balken, und die Nässe knisterte leise im Stroh des Daches. Dann – nach einer kleinen Ewigkeit – hörte sie, dass jemand die Leiter emporstieg. Langsam wuchs eine große, dunkle Gestalt aus der Luke und tauchte in das matte Licht der Laterne.
»Ich glaubte schon, du hättest Angst vor mir«, empfing sie ihn.
Er musste sich ein wenig bücken, denn der Dachboden war nicht für seine Körpergröße gebaut. Das blonde Haar hing ihm in die Stirn, und der Blick, mit dem er sie betrachtete, war mehr als unfreundlich.
»Was wünscht Ihr, Lady?«
Sie schüttelte ärgerlich den Kopf.
»Wir haben keine Zuhörer, Ewan. Also hör auf, mich Lady zu nennen und den Brautführer zu spielen.«
»Ich bin Euer Brautführer, Lady Rodena«, gab er stur zurück. »Vielleicht habe ich mir einmal Hoffnungen gemacht, etwas anderes für Euch zu sein – doch das ist vorbei.«
Sie begriff. Er konnte es nicht verwinden, besiegt worden zu sein. Großer Gott – weshalb waren Männer nur solch lächerliche Hagestolze?
»Noch vor wenigen Wochen hast du mir gesagt, dass du mich liebst, Ewan«, ging sie zum Angriff über. »War dieses Gefühl so kurzlebig, dass du es inzwischen ganz und gar vergessen hast?«
Sein Kittel war noch so nass, dass sich die Muskelnstränge seiner Arme abzeichneten, als er jetzt die Fäuste ballte.
»Nein, Rodena«, gestand er mit gepresster Stimme. »Meine Liebe zu dir wird niemals vergehen. Aber ich habe die Chance vertan, dich vor aller Welt zu meiner Frau zu machen.«
»Na, großartig«, fauchte sie wütend. »Du hast einen Kampf verloren und ziehst dich jetzt schmollend zurück. Mehr noch – du hast feierlich geschworen, mich zu Malcolm MacLead zu geleiten. Hältst du mich eigentlich für eine Handelsware, die man auf dem Markt verkauft? Ist es dir gleichgültig, was mit mir wird? Kümmert es dich überhaupt nicht, dass ich dich liebe?«
Er schloss für einen Moment die Augen, und sie sah, wie heftig es in ihm arbeitete.
»Was erwartest du von mir?«, stieß er hervor. »Soll ich meinen Eid brechen und dich auf deinem Brautzug entführen? Ist es das, was du dir jetzt von mir erhoffst?«
Sie verdrehte die Augen und wäre ihm am liebsten ins Gesicht gesprungen.
»Es gab einen Tag, da wolltest du mich sogar aus dem Kerker einer gut bewachten Burg entführen. Damals hast du dir nicht so viele Gedanken gemacht, wie die Sache ausgehen könnte.«
»Du dafür umso mehr«, gab er verbittert zurück.
Beleidigt war er also auch noch. Oder war das nur ein Vorwand? Männer waren seltsam unverständliche Wesen – sie, jedenfalls, begriff gar nichts mehr.
»Du hast also beschlossen, deine Liebe zu begraben, und verlangst das Gleiche auch von mir?«
Er hob langsam den Blick zu ihr, und sie erschrak über die harte Entschlossenheit in seinen Zügen.
»Ich kann nicht erwarten, dass du mich verstehst, denn du bist eine Frau«, sagte er zornig. »Erst wenn ich diesen Eid erfüllt habe, bin ich frei zu handeln.«
»Allerdings bin ich eine Frau«, fauchte sie. »Und deshalb sehe ich auch klar und deutlich, dass du dich feige davonstehlen willst. Du willst erst handeln, wenn ich bereits Malcolms Ehefrau bin? Was für eine seltsame
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