Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
es tatsächlich im Ernst? Plötzlich stieg eine irrwitzige Hoffnung in ihr auf.
»Gegen jeden...?«, fragte sie gedehnt.
Er sah seine Vermutungen bestätigt. Man hatte einige seltsame Nachrichten von Alisters Burg vernommen, und er hatte seine Schlüsse daraus gezogen. Freiwillig war sie jedenfalls nicht auf diese Brautfahrt gezogen.
»Wer auch immer es sei, Rodena«, wiederholte er. »Ich nehme auch deinen Ehemann Malcolm MacLeads nicht aus. Und auch einen anderen nicht.«
Sie schwieg, denn sie wagte nicht zu fragen. Doch er wusste, welcher Name ihr auf der Zunge lag.
»Alister MacBlair«, sagte er mit harter Stimme.
Vierzehntes Kapitel
Rodena war froh, dass sie in dieser Nacht nicht neben Fiona schlafen musste, denn sie hätte ihren Zorn gewiss nicht zurückhalten können. Ihre Halbschwester hatte Ewan bis spät in die Nacht nicht aus ihren Fängen gelassen, und obgleich Ewan stets den nötigen Respekt und Abstand wahrte, schien es ihm doch zu gefallen, von der üppigen Schönheit umworben zu werden.
Man hatte für Rodena ein Lager in einem durch Vorhänge abgeteilten Bereich der Kemenate eingerichtet, in dem außer ihr nur noch eine Magd nächtigte, die zu ihrer Bedienung abgestellt worden war. Während Rodena sich unruhig hin- und herdrehte, lag die Magd in tiefem Schlaf und schmatzte nur hin und wieder leise vor sich hin, als sähe sie im Traum eine gebratene Gans.
Hat Ewan mir heute Abend nicht deutlich gezeigt, dass er nichts mehr von mir wissen will, dachte Rodena verzweifelt. Er ist ein freier Mann, und es findet niemand etwas dabei, wenn er beim Tanz den Frauen zulächelt. Er hat das Recht, sich eine Ehefrau zu suchen oder sich eine Geliebte zu nehmen – ganz, wie es ihm gefällt.
Wie sinnlos war ihr Plan, Ewan verführen zu wollen. Er war ein Ritter, die Welt stand ihm offen, und die Damen rissen sich um ihn. Ihre Liebe war seinem Glück nur im Weg.
Die Erkenntnis tat unendlich weh, doch sie musste sich klarmachen, dass sie sich selbst aufgab, wenn sie weiterhin auf Ewan Turner hoffte. Wenn sie nicht untergehen wollte, musste sie ihre Liebe vergessen und ihr Schicksal in die eigene Hand nehmen.
Das graue Morgenlicht passte zu ihrer düsteren Stimmung. Schon früh drängte der Brautführer zum Aufbruch, lief im Hof umher, um die müden Knechte anzutreiben, und ließ ihnen kaum Zeit, eine rasche Morgenmahlzeit einzunehmen.
»Wir haben noch eine lange Fahrt vor uns«, knurrte Ewan die Fuhrleute an, die mahnten, dass die Pferde noch vom gestrigen Ritt erschöpft seien. »Ausruhen können wir dann, wenn wir unser Ziel erreicht haben.«
Fiona ließ sich zu dieser frühen Stunde noch nicht blicken, sie schlummerte sanft und selig in ihren weichen Polstern, und auch der Burgherr hatte sich noch nicht von seinem Lager erhoben. Alisters Ritter, die am gestrigen Abend ausgiebig gegessen und getrunken hatten, mussten energisch aus dem Schlaf gescheucht werden, und Ewan bekam bittere Flüche zu hören, denn nicht wenige von ihnen litten unter den Folgen des allzu reich genossenen Weines.
»Lasst uns wenigstens so lange warten, bis der Nebel sich gelichtet hat. Wie sollen wir so überhaupt unseren Weg finden?«
»Wir reiten einfach der Nase nach!«, gab Ewan ironisch zurück. »Weckt Lady Rodena und ihre Frauen auf und bittet sie, sich reisefertig zu machen.«
Zu seiner Überraschung trat Rodena schon nach kurzer Zeit fertig angekleidet und gefolgt von ihren beiden Mägden aus der Tür, grüßte ihren Brautführer mit kühlem Kopfnicken und nahm Besitz von einer kleinen Fuchsstute, die bereits gesattelt war.
»Bei diesem Nebel solltet Ihr besser im Wagen reisen, Lady Rodena«, mahnte er.
Doch sie tat, als habe sie nichts gehört, und Ewan scheute sich, auf seinen Wunsch zu beharren. Langsam setzte sich der Reisezug in Bewegung, die Ritter hingen vornübergeneigt auf ihren Pferden und schienen jeden Augenblick einnicken zu wollen. Die Fuhrleute hatten sich eng in ihre Mäntel gewickelt und glichen im Nebeldunst halb gefüllten Hafersäcken.
Einzig Rodena schien ausgeruht und guter Laune. Sie saß nach Männerart zu Pferd, störte sich wenig daran, dass ihr Gewand dabei bis zu den Knien hochrutschte, und schien den Ritt durch den Nebel wenig beängstigend zu finden. Nach einer Weile lenkte sie ihr Pferd an Ewans Seite und erkundigte sich nach dem Weg, den sie vor sich hatten.
»Wir werden die Ebene bald hinter uns lassen und zu einem See gelangen«, erklärte er bereitwillig. »Wir umreiten ihn
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