Die wehrhafte Braut: Roman (German Edition)
abzusetzen, mein Freund«, sagte Ewan, den anscheinend nichts erschüttern konnte.
»Ihr wollt tatsächlich zur Burg?«, staunte der Händler, und sofort überkam ihn die Sorge, die beiden könnten am Ende Freunde des Clan Chiefs sein. »Aber ihr werdet doch nicht verraten, was ich Euch im Vertrauen gesagt habe, oder? Ich weiß, dass ich das Schwatzen nicht sein lassen kann, es ist mein größter Fehler...«
»Keine Sorge – wir haben keinen Grund, Malcolm, davon zu erzählen«, beruhigte ihn Rodena. »Sei bedankt, dass du uns mitgenommen hast.«
Als sie am Kreuzweg ausgestiegen waren, trieb der Händler seine Ochsen so heftig an, dass der hölzerne Wagen ins Schwanken kam und die Räder ächzten. Ganz offensichtlich hatte er es sehr eilig, aus dem Bereich der Burg zu gelangen.
Nur kurze Zeit später standen sie am Burggraben, vor ihnen erhoben sich die hohen Mauern der Festung, die fast schwarz vor Feuchtigkeit waren. Rodena hätte Ewan gern ein letztes Mal umarmt, doch man konnte sie von den Türmen aus beobachten, und so war es nicht einmal möglich, sich bei den Händen zu fassen. Es ziemte dem Brautführer nicht, die Braut auch nur mit einem Zipfel seines Gewandes zu berühren.
Fünfzehntes Kapitel
Man schien nicht gerade sehnsüchtig auf sie gewartet zu haben, denn es dauerte eine ganze Weile, bis die Torwächter bereit waren, die schmale Zugbrücke herabzulassen, die die einzige Zufahrt zum Burgbereich bildete. Knirschend bewegte sich die Winde, die hölzerne Brücke senkte sich über den Graben und legte sich mit dem freien Ende in eine flache Vertiefung, die man in den Stein gehauen hatte, um dem Steg mehr Halt zu geben.
»Wir gehen gemeinsam hinein und werden die Burg auch gemeinsam verlassen«, sagte Ewan leise und lächelte Rodena ermutigend zu, bevor er die Brücke mit festen Schritten betrat.
Drüben in der Burg machte man sich nicht die Mühe, einen der schweren, eisenbeschlagenen Torflügel zu öffnen – stattdessen zog man eine kleine Tür auf, die in den rechten Torflügel eingesetzt war, und ließ die Gäste eintreten.
Rodena erkannte verwirrt, dass Malcolms Burghof nicht direkt hinter dem Tor begann, sondern dass man zuerst einem schmalen Weg folgen musste, der auf der einen Seite von der Burgmauer, auf der anderen von düsteren, fensterlosen Gebäuden gesäumt wurde. Selbst wenn ein Angreifer Burggraben und Tor bewältigt hatte, so war er hier in diesem Hohlweg doch den Pfeilen und Steinwürfen der Verteidiger oben auf den Mauern ausgesetzt und hatte wenig Chancen, lebend in das Innere der Burg zu gelangen.
Der Burghof war eng und von verwinkelten Gebäuden umgeben, Türmchen reihten sich an schmale Erkerbauten, Treppen und Leitern führten zu geschlossenen Türen. Einige Mägde standen neben dem großen Ziehbrunnen und sahen den Ankömmlingen mit offenen Mündern entgegen, zwei kleine Pagen liefen hinter dem kläffenden Hund her.
»Es ist so eng und düster hier«, flüsterte Rodena, als der Wächter davongelaufen war, um sie dem Clan Chief anzukündigen. »Ich wünschte, wir wären schon wieder draußen.«
Auch Ewan betrachtete die Anlage mit Missvergnügen, denn er hatte sie sich weniger umfangreich vorgestellt. Aufmerksam prägte er sich jede Einzelheit ein und kam zu der Ansicht, dass gerade die Vielzahl der Gebäude und Sicherungsmaßnahmen ein Schwachpunkt für die Verteidiger war. Bei einem unvorhergesehenen Ereignis konnte es durchaus geschehen, dass man sich gegenseitig behinderte und dem Gegner, der sich hier gut auskannte, ein Schlupfloch blieb.
»Mein Laird erwartet Euch oben!«
Der blonde Page hatte einen blauen Fleck an der Stirn, der vermutlich von einer Prügelei stammte, doch er grinste Rodena strahlend an und lief voraus, um den Gästen den Weg zu zeigen. Es ging über eine hohe Außentreppe in einen düsteren Flur hinein, wo sogar tagsüber Fackeln an den Wänden brannten, dann eine Wendeltreppe hinauf und um verschiedene Ecken, bis der Page vor einer halbbogenförmigen Tür stehen blieb. Auch hier hatte Malcolm sich gut abgesichert, denn die Wendeltreppe war so angelegt, dass der Verteidiger den rechten Schwertarm frei bewegen konnte, während der von unten heraufstürmende Angreifer beim Gebrauch des Schwertes behindert wurde.
Der Raum, in den sie jetzt eintraten, war enttäuschend karg ausgestattet. Ein breiter Tisch und wenige Schemel waren neben dem Ofen aufgestellt, die Wände waren kahl bis auf einige Waffen, die man dort angebracht hatte, zwei
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