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Die weise Frau

Die weise Frau

Titel: Die weise Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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bald. Die größte Qual für mich war es, als er heiß auf dich war. Du hast ihn lange hingehalten. Es war furchtbar, dieses Warten und warten auf ihn, bis er genug von dir haben und zu mir zurückkommen würde.«
    Alys schüttelte den Kopf. Sie begriff nicht, daß Hugo so schamlos im sonnigen Hof flirten konnte, nach dem sturmgepeitschten Wahnsinn der gestrigen Nacht.
    »Erst gestern Nacht haben wir uns geliebt«, rutschte es ihr heraus. »Wie kann er da heute so eine Schlampe wollen? Wir waren gestern im Wahnsinn vereint. Wie kann er da aufwachen und sie begehren?«
    »Er ist von meinem in dein Bett gestiegen, ohne auch nur Luft zu holen«, erwiderte Catherine. »Hugos Seitensprünge passieren in Windeseile. Du solltest das doch am besten wissen.«
    Alys nickte. »Aber gestern Nacht...«, sagte sie und verstummte. Catherine hatte recht. Sie hätte am besten wissen müssen, wie unberechenbar die Leidenschaft der Männer war. Von frühester Kindheit an hatte sie gehört, wie Morach Mädchen, die Liebestränke haben wollten, warnte, daß diese zwar die Geilheit wecken konnten, aber nicht die Zuneigung. Man konnte jemanden durch Zauberei besessen machen, aber nicht zur Zuneigung zwingen.
    »Liebst du ihn?« fragte Catherine neugierig.
    »Nein«, erwiderte Alys nachdenklich. »Anfangs ja. Ich war krank vor Liebe zu ihm, ich habe alles — sogar meine Seele verspielt, um ihn dazu zu bringen, mich zu lieben. Aber seitdem...« Sie seufzte. »Manchmal begehre ich ihn«, sagte sie. »Und ich brauche ihn, um meinen Platz hier zu halten. Ich genieße es, hier die Lady zu sein, ich genieße es, bei ihm und seinem Vater die Erste zu sein. Aber ich kann nicht sagen, daß ich ihn zärtlich liebe. Ich habe nur einen Menschen zärtlich geliebt.«
    Sie dachte an die alte Frau in der Hütte auf dem Moor, wie sie beim Klang der Hufe in die unschuldige Sonne heraustrat und wie dann die Soldaten sie grob auf ein Pferd packten und sie dann auf dem Markt in Appleby wie einen Sack Mehl herunterstoßen würden. »Und ich glaube, ich habe in meiner Liebe zu ihr versagt«, sagte Alys ohne nähere Erläuterung.
    »Morach?« riet Catherine.
    »Nicht Morach«, sagte sie. »Aber sie habe ich auch im Stich gelassen.«
    Catherine legte einen Arm um Alys' Taille. »Wenn ich gehe, kommst du dann mit mir? Wir könnten zusammenleben, Alys, du könntest deine Heilkünste praktizieren. Wir könnten ein angenehmes Leben führen.« Sie zögerte, musterte Alys aus dem Augenwinkel.
    »Ich weiß nicht«, sagte diese, um Zeit zu gewinnen.
    »Hier im Schloß bist du verloren, wenn Hugo deiner überdrüssig wird. Wenn der alte Lord stirbt, werden sie dir die Schuld an seinem Tod geben, dich vielleicht der Hexerei anklagen. Hast du dir das schon überlegt, Alys?«
    »Ich bin hier sicher«, widersprach Alys. »Hugo mag vielleicht mit einer Zofe flirten, aber ich werde hier noch meinen Platz haben, lange nachdem Mary sich in den Straßen von Castleton als Hure verkauft. Hugo wird meiner nie überdrüssig werden.«
    »Jetzt noch nicht. Aber später. Wenn die neue Frau kommt, könnte sie verlangen, daß du weggeschickt wirst. Wenn sie jung, adelig und schön ist, wird Hugo alles tun, um ihr zu Willen zu sein. Sie wird dich demütigen und beleidigen. Sie wird ihre eigenen Hofdamen mitbringen, und du wirst nichts in der Galerie zu suchen haben. Sie werden dich necken und beschimpfen. Sie werden über deine Sprache und sogar über deine Heilkünste lachen. Sie werden dich erniedrigen und demütigen. Ich kann dich davor bewahren, vor der Erniedrigung, wenn die neue Frau kommt. Und ich würde gerne mit dir auf einem Gutshof leben. Weit weg von Hugo, weit weg von seinem Vater.«
    Alys spürte ihre Kräfte warm und aalglatt in ihren Fingerspitzen. Sie spürte, wie ihre Macht sie umfing, wie der Mantel des Puppenspielers, wenn er ihn als Hintergrund ausbreitet und seine kleinen Puppen tanzen läßt. »Wenn ich mich bereit erkläre, zu dir zu kommen, sobald Hugos neue Frau da ist, werdet Ihr dann jetzt ohne Streit gehen?« fragte sie. »Der alte Lord hat gesagt, er wird Euch großzügig abfinden, wenn Ihr Euch friedlich in eine Auflösung der Ehe fügt. Ihr könntet alles Geld bekommen, das wir brauchen, wenn Ihr ihm den Gefallen tut.«
    Catherine erstarrte. »Ich soll es ihnen leicht machen!« rief sie.
    »Leicht für uns«, verbesserte sie Alys. »Nehmt ihr Geld, und dann, wenn Ihr sicher in Eurem eigenen kleinen Gutshof sitzt — werden wir weitersehen.«
    Alys ging zu ihr,

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