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Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds

Titel: Die Weisheit der Vielen - Surowiecki, J: Weisheit der Vielen - The Wisdom of Crowds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Surowiecki
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Strukturmodell veranschaulicht Michael Manns Heat , in dem Robert De Niro das Haupt einer kleinen, verschworenen, hochprofessionellen bewaffneten Räuberbande spielt. Einem erfolgreichen Kleinunternehmen vergleichbar, weist sie alle Vorzüge kleiner, eng zusammenhaltender Gruppen auf: Man vertraut einander, ist spezialisiert und einer des anderen Fähigkeiten bewusst. Weil sich die Mitglieder kleiner Gruppen ausgesprochen leicht im Auge behalten können, lassen sie sich in ihrer Arbeit meist weniger gehen oder einfach nur mittragen, als dies Menschen in größeren Organisationen tun. Und da der Lohn direkt und unmittelbar mit den Bemühungen verknüpft ist, besteht für jedes Bandenmitglied ein Anreiz, zum Erfolg beizutragen.
    Andererseits sind die Möglichkeiten der Bande als kleiner Gruppe beschränkt. Den Ambitionen ihrer Mitglieder sind durch die verfügbaren Mittel Grenzen gesetzt. Weil ihr Lohn einzig und allein vom eigenen Tun abhängt, können sie sich nicht viele Fehler leisten. Der Irrtum einer Person kann genügen, die ganze Gruppe zu vernichten. Der Niedergang der Bande beginnt, als sie eine weitere, ihr nicht bekannte Person aufnimmt, die sich nicht an das vereinbarte Skript hält und die wohl durchdachten Pläne der Bande schließlich zum Scheitern bringt.
    Das dritte Strukturmodell findet sich in Filmen wie Asphaltdschungel und Reservoir Dogs , in denen ein paar Individualisten für einen einmaligen Coup zusammenkommen und dann wieder auseinander gehen – was übrigens auch der Machart der Produktionen unabhängiger Filmemacher ähnelt. Bei diesem Modell ist es möglich, Leute aufgrund ihrer diversen spezifischen Fähigkeiten (für Planung, Safeknacken, Sprengstoff und so fort) auszuwählen, damit dem Team die genau Richtigen angehören. Und wegen der Einmaligkeit jedes Projekts ist jeder motiviert, sein Bestes zu geben.
    Die mit dieser Struktur verbundenen Schwierigkeiten hatte Ronald Coase im Sinn, als er von Transaktionskosten sprach. Es bedarf großer Anstrengungen, solch eine Gruppe zusammenzustellen. Zudem ist es schwierig zu gewährleisten, dass die Mitglieder im Interesse der Gruppe und nicht im Eigeninteresse arbeiten. Und wenn es innerhalb einer solchen Gruppe an Vertrauen mangelt (was dann nicht überraschen kann, da man einander persönlich ja nicht wirklich kennt), wird jeder eine erhebliche Energie darauf verwenden, sich der Glaubwürdigkeit der übrigen zu versichern. (Juwelendiebe haben ja ein Problem, das normalen Geschäftsleuten fremd ist: Es gibt keine Verträge, um sich zu gegenseitiger Verantwortung zu verpflichten.)
    Der Blick auf die Gangsterfilm-Geschäftsstrukturen macht deutlich, dass es kein absolut ideales Organisationsmodell gibt. Wenn man einmal den offenen Markt verlässt und Menschen auf ein gemeinsames Ziel hin zu organisieren versucht, hat man mit unvermeidlichen Nebenerscheinungen zu kämpfen. Das erklärt auch, warum Unternehmen wie Zara im Grunde den Versuch machen, die drei in Gangsterfilmen üblichen Geschäftsstrukturen zu vereinen. Unternehmen möchten Struktur und institutionelle Verbundenheit des Traditionskonzerns wahren. Für einen Großteil der Tagesarbeit sind sie auf die enge Zusammengehörigkeit von kleinen Gruppen angewiesen. Und sie brauchen einen Draht zu Arbeitern und Denkern außerhalb.

3
    Lassen Sie es uns einmal so formulieren: Unternehmen existieren deshalb, weil sie die Kosten verringern, derer es bedarf, um eine größere Anzahl Menschen zum Erreichen bestimmter Zukunftsziele zu koordinieren. Zudem machen sie die Zukunft vorhersehbarer (jedenfalls den kleinen das Unternehmen betreffenden Aspekt von Zukunft) – eine interessante Definition, die freilich insbesondere durch ihre Auslassungen interessant ist. Sie enthält nämlich keinerlei Aussagen über die Beziehung der Unternehmen zu ihren Zulieferern und Kunden (ohne die absolut gar nichts erreicht werden kann, die aber nicht kommandiert werden können); sie enthält keine Aussage darüber, wie Unternehmen ihre Angestellten zu koordiniertem Handeln veranlassen sollten, und – das ist nun höchst interessant – sie enthält nicht einmal eine Silbe darüber, wie ein Unternehmen seine Ziele definiert und wie es solche Ziele optimal angeht. Mit anderen Worten: Der erwähnte Grund, warum Unternehmen existieren, erklärt überhaupt nicht, wie sie funktionieren.
    Das haben wir für den größten Teil des 20. Jahrhunderts freilich schon zu wissen gemeint. Wir haben sogar angenommen, dass

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