Die weiße Frau von Devils Rock
mir wieder ein."
"Ach Ashton, lass doch das Lügen. Du warst hier mit ihr verabredet und sie hat dich weggeschickt, deshalb wolltest du nicht mehr leben." Charlene wandte sich zum Gehen. "Ich muss zurück. Christina ging es nicht so gut. Sie ist zwar dank Marvins selbstlosen Einsatz letzte Nacht fieberfrei, aber sie fühlt sich noch immer sehr schwach nach dieser schlimmen Erkältung, die sie sich bei ihrem Sturz in den See geholt hat."
Jedes ihrer Worte war ein Vorwurf und fühlte sich für den Mann an wie ein Peitschenhieb. Er wollte ihn nicht abwehren, denn er war in seinem Innern davon überzeugt, es wegen seines seltsamen Verhaltens verdient zu haben. "Ich gehe mit dir, Darling." Ashton nahm die Hand seiner Frau und legte sie für einen kurzen Moment an seine Wange. Das hatte er schon sehr lange nicht mehr getan.
Charlenes Augen füllten sich mit Tränen, die sie jedoch tapfer wegblinzelte. Er sollte nicht sehen, wie sehr er sie mit der Erwähnung dieser Frau getroffen hatte. Vermutlich war sie eine seiner ersten Lieben aus der Studentenzeit gewesen und jetzt war sie hier überraschend wieder aufgetaucht.
"Du musst dich nicht heimlich wegschleichen, wenn du sie treffen willst", murmelte sie vor sich hin. Der Wind, der inzwischen heftiger geworden war, riss ihr die Worte vom Mund.
"Was sagst du?"
"Nichts." Sie schüttelte den Kopf. "Hat Marvin dir von ihr erzählt?"
"Wen meinst du?"
"Serena. Hat Marvin dich wieder an diese Liebe erinnert, indem er von früher mit dir geredet hat? Sei bitte ehrlich, dann kann ich besser damit umgehen." Sie hatten inzwischen das Haus erreicht, das wie ein dunkles geheimnisvolles Etwas mitten in der ebenen Landschaft stand.
"Ich kenne keine Serena", schrie Ashton verzweifelt auf. Dann fiel er regelrecht in sich zusammen. Seine Schultern zuckten, er schluchzte hemmungslos. "Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern", fügte er kaum hörbar hinzu.
"Ashton, bitte…"
"Lass mich in Ruhe, Charlene", antwortete der Mann schwach. Er wischte ihre ausgestreckte Hand beiseite, dann ging er an seiner Frau vorbei ins Haus. Wenig später fiel die Tür zu seinem provisorischen Arbeitszimmer ins Schloss. Unter dem Türspalt konnte sie erkennen, dass er seine Lampe angedreht hatte.
Müde setzte sich die junge Frau an den Tisch und drehte nun ebenfalls ihre Öllampe wieder höher. Sie nahm das alte Tagebuch zur Hand und versuchte, ein wenig darin zu lesen. Doch ihre Gedanken wanderten immer wieder ab. Sie wusste einfach nicht mehr weiter.
13. Kapitel
Dr. Marvin Rowland stand nachdenklich vor seinem Bücherregal und überlegte, welche Möglichkeiten er hatte, seinem Freund zu helfen. Ashton war ziemlich zeitig in der Frühe in seiner Praxis aufgetaucht, völlig übernächtigt und nachlässig gekleidet, als hätte er den größten Teil der vergangenen Nacht im Freien verbracht.
"So geht es nicht mehr weiter. Ich bin nicht mehr ich." Der Mann fuhr sich erregt mit der rechten Hand durch sein dichtes Haar. Er hatte den Ellenbogen auf dem Schreibtisch seines Freundes aufgestützt und legte nun die Stirne in seine Handfläche. Ashton bot ein Bild des Jammers.
"Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll." Marvin war voll Mitleid, doch auch er wusste im ersten Moment keine Erklärung für sein seltsames Verhalten. "Vielleicht solltest du nach London gehen in eine größere Klinik. Sie haben die besten Apparate und sicher auch eine wesentlich größere Erfahrung als ich", gab er zu bedenken.
"Dann glaubst du also auch, dass ich krank bin. Verliere ich womöglich den Verstand?" In seinen Augen lag grenzenlose Panik, als er Marvin anstarrte. "Sag mir die Wahrheit, Marvin, ich bitte dich."
"Es würde uns beiden nichts bringen, wenn ich dich anlüge", gab der Arzt zu bedenken. "Du hast dasselbe gelernt wie ich und würdest es ohnehin bald merken. Außerdem will ich dir helfen und nicht etwas verschleppen, das man mit Sicherheit in den Griff bekommen kann, wenn man die richtige Therapie anwendet."
"Und welche ist das?"
"Genau das kann ich dir nicht sagen."
"Du hast als Zusatz Psychologie studiert, das ich dummerweise abgewählt habe", murmelte Ashton und schüttelte den Kopf. "Jetzt wäre ich froh, wenn ich an deiner Seite geblieben wäre. Dann müsste ich jetzt vielleicht nicht hier sitzen sondern könnte mir selbst ganz einfach erklären, was mit mir los ist."
"So ein Unsinn. Die
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