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Die weiße Frau von Devils Rock

Die weiße Frau von Devils Rock

Titel: Die weiße Frau von Devils Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Withcomb
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einen Moment lang nach, dann nickte sie. "Du hast Recht", gab sie zu. "Es wäre wundervoll, wenn ich bald den Mann wieder bekommen könnte, den ich geheiratet hab. Ashton ist mir ein Fremder, und ich habe keine Sehnsucht nach ihm. Im Gegenteil", überlegte sie. "Aber man darf die Hoffnung nie aufgeben."
       "Mach dir im Augenblick nicht zu viele Gedanken über eure Ehe, jetzt ist es erst einmal wichtig, dass wir Antworten bekommen auf so viele Fragen, die sich in der letzten Zeit angesammelt haben", schlug Angela vor. "Solche Stillstände wie bei euch jetzt gibt es schon mal. Du musst dir Zeit lassen, dich mit der Situation auseinander zu setzen. Und in der Zwischenzeit spielen wir ein bisschen Detektiv und forschen nach."
       Angelas Blick war Christina gefolgt, und was sie jetzt sah, erschreckte sie zutiefst. Die Bewegungen des Mädchens wirkten hölzern, und es hatte den Anschein, als wüsste es genau, wohin es gehen musste.
       "Warte auf uns, Christina", rief Charlene ihr nach, doch das Mädchen reagierte nicht. "Christina!" Die Frau schüttelte den Kopf. "Wir hätten nie nach Schottland kommen dürfen", sagte sie leise. "Es gibt für uns keine Zukunft mehr, nicht in dieser Zusammenstellung. Etwas wird passieren, ich spüre es genau, und danach wird nichts mehr wie vorher sein."
       Der Friedhof sah ziemlich alt aus. Einzelne Grabsteine waren bereits umgestürzt und von dürren Grashalmen überwuchert. Der Weg, notdürftig geschottert, war uneben und ungepflegt. Es sah aus, als würde dieser Ort der Ruhe schon längere Zeit nicht mehr benützt.
       "Ich habe das Gefühl, dass wir der Aufklärung schon sehr nahe sind", murmelte Angela und strich sich eine Haarsträhne zurück, die ihr vor die Augen gefallen war. Tagsüber hatte sie ihre Haare meist im Nacken zu einem lockeren Zopf geflochten, weil sie dadurch mehr Bewegungsfreiheit hatte.
       "Aber bestimmt nicht hier", widersprach Charlene heftig. "Ich bin überzeugt davon, dass es Unsinn war, an eine Erscheinung zu glauben und vor allem daran, was sie gesagt haben soll."
       "Du glaubst es nicht?" Angela war sichtlich überrascht. "Warum denn nicht? Bei uns ist es fast schon die Normalität." Sie lächelte wissend.
       "Bitte sei mir nicht böse, Angela. Ich verstehe ja, dass es zu deinem Leben dazu gehört, an Seelenwanderung und dergleichen zu glauben. Aber ich stamme aus der Stadt. Wir sind da alle ein ganzes Stück realistischer", fügte sie hart hinzu.
      "Ich lebe schon lange hier", sagte Angela leise. "Und du kannst mir eines glauben. Nach allem, was ich inzwischen schon erlebt habe gibt es für mich keinerlei Zweifel an der weiteren Existenz von körperlich Verstorbenen. Du musst ihnen nur die Chance geben, es dir zu zeigen."
       "Thissa Feringdale", las Charlene auf einmal. Sie war an einem sehr alten Grabstein stehen geblieben. "Thissa hat diese Frau hier geheißen. Schau, sie ist ziemlich jung gestorben, war gerade vierzig." Sie deutete auf die Inschrift auf einem bereits ziemlich verwitterten Stein, der teilweise auch schon mit Kletterpflanzen zugewachsen war. Mitleid schwang in ihrer Stimme mit. Aber da war auch noch etwas anderes, über das sie nicht einmal nachdachte.
       "Aber sie war wohl verheiratet", gab Angela zu bedenken und streichelte, ganz in Gedanken versunken, über den kühlen Stein. "Da steht noch ein anderer Name darunter. Charles Feringdale", las sie halblaut vor. "Er ist nur sieben Jahre später gestorben, war kaum fünfzig." Sie schaute sich um.
    Christina stand nicht weit entfernt an einem neueren Grab, an das sogar jemand vor einiger Zeit Blumen gelegt hatte. Sie waren zwar inzwischen auch schon verdorrt, aber man konnte sehen, dass es zumindest hin und wieder besucht wurde.
       Angela und Charlene verständigten sich mit Augenkontakt und folgten dem Mädchen, das wie gebannt auf den hellen Stein starrte.
      Angela zuckte überrascht zusammen. Martha Stevenson stand da geschrieben. In dieser Gegend gab es nur eine einzige Familie dieses Namens, und die waren bis vor einigen Jahren noch erbitterte Feinde der McGregors gewesen. Inzwischen hatte sich das zwar grundlegend geändert, doch dieses alte Gefühl der Ablehnung kam immer wieder durch.
       "Wer ist das?", fragte Charlene ihre Tochter, obwohl sie wusste, dass Christina nicht mehr wissen konnte als sie selbst.
       "Meine Mutter", kam die Antwort. Christinas Stimme klang gleichmütig und teilnahmslos, so als wäre sie in tiefer Trance versunken.

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