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Die weiße Garde

Die weiße Garde

Titel: Die weiße Garde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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Kragen.
    »Origineller Garten.« Nikolka wollte den Bruder in ein Gespräch verwickeln. »Terrassen, Terrassen, Häuschen …«
    »Tja.«

    Turbin hatte sich vorgenommen, keine Zeitungen zu lesen, schon gar nicht ukrainische. Er saß zu Hause, hörte trübsinnig zu, was in der STADT vorging; beim abendlichen Tee, als das Gespräch auf Petljura kam, äußerte er, daß der natürlich ein Mythos sei und daß es nicht mehr lange dauern könne.
    »Und was soll werden?« fragte Jelena.
    »Ich glaube, die Bolschewiken kommen«, antwortete Turbin.
    »Herr du mein Gott«, sagte Jelena.
    »Es kann nur besser werden«, warf Myschlajewski plötzlich ein, »zumindest werden sie uns allen sofort den Kopf abschrauben, dann herrscht Ruhe und Sauberkeit. Dafür in russischer Sprache. Sie holen uns in die, wie heißt sie gleich, Tscheka, beschimpfen uns und vernichten uns.«
    »Was redest du da für Scheußlichkeiten?«
    »Entschuldige, Lena, aber ich glaube, es weht ein kräftiger Wind von Moskau her.«
    »Ja, seht euch das an«, mischte sich der Dämon Scherwinski ein und legte die Zeitung »Westi« auf den Tisch.
    »Dieses Mistding«, fragte Turbin, »wieso gibt’s die noch?«
    Tatsächlich, die unsterbliche Zeitung war die einzig übriggebliebene in russischer Sprache. Einen halben Monat hatte sie dadurch gelebt, daß sie den seligen Hetman beschimpfte und darüber schrieb, daß Petljura gesunde Wurzeln habe und die Mobilisierung bei uns glänzend verlaufe. Den zweiten halben Monat hatte sie Befehle des geheimnisvollen Petljura in zwei Sprachen gedruckt – in gebrochenem Ukrainisch und prallel dazu in gebrochenem Russisch, und im dritten halben Monat veröffentlichte sie Leitartikel, wonach die Bolschewiken Bösewichte seien und einen Anschlag auf die gesunde ukrainische Staatlichkeit planten, und dann gab es noch geheimnisvolle und verwaschene Berichte, denen man bei aufmerksamer Lektüre entnehmen konnte, daß in der Ukraine wieder irgendein Blödsinn am Kochen sei, daß irgendwo Reibereien mit den Polen und irgendwo Reibereien mit den Bolschewiken stattfänden, wobei …
    »Gestatten Sie … gestatten Sie …«
    Zack, schon hatte Turbin sei Ehrenwort gebrochen. Er vertiefte sich in die Zeitung …
    »Ärzte und Feldschere haben sich zur Registrierung zu melden … schwerste Strafen angedroht …«
    »Der Chef der Sanitätsabteilung bei diesem Barfüßler Petljura ist Doktor Kurizki …«
    »Alexej, geh dich lieber registrieren lassen«, warnte Myschlajewski, »sonst fällst du ganz sicher auf die Nase. Bewirb dich für die Kommission.«
    »Herzlichen Dank.« Turbin zeigte auf seine Schulter. »Dann ziehen sie mich aus und fragen, wo ich diesen Schmuck herhabe. Die Löcher sind frisch. Dann flieg ich erst recht auf die Nase. Wir machen folgendes. Du, Nikolka, bringst den idiotischen Fragebogen für mich hin und sagst, ich wäre krank. Dann sehen wir weiter.«
    »Dann stecken sie dich in ein Regiment, wenn du gesund antrittst«, sagte Myschlajewski.
    Turbin machte eine Feige und hielt sie dahin, wo man den mythischen und gesichtslosen Petljura vermuten konnte.
    »Dann tauche ich sofort unter und warte ab, bis sie diesen Gauner aus der STADT hinauswerfen.«
    »Das werden sie tun«, sagte Karausche überzeugt.
    »Wer?«
    »Darum kümmert sich der Genosse Trotzki, verlaß dich drauf«, erklärte Myschlajewski finster.

    Geld. Verdammt nochmal, die Praxis ist kaputt. Da. Es klingelt. Mach auf, Nikolka.
    Der erste Patient erschien am 30. Januar abends gegen sechs. Höflich zog er vor Nikolka den Hut, stieg mit ihm die Treppe hinauf, legte in der Diele den Mantel mit dem Ziegenfellkragen ab und trat ins Wohnzimmer. Die Insassen der Wohnung saßen im Eßzimmer beisammen und unterhielten sich leise wie immer, wenn Alexej Sprechstunde hielt.
    »Bitte schön«, sagte Turbin.
    Vom Sessel erhob sich ein hagerer junger Mann mit gelblicher Gesichtsfarbe in einem grauen Feldrock. Seine Augen waren trüb, blickten aber konzentriert. Turbin, in weißem Kittel, ließ ihm den Vortritt in die Praxis.
    »Setzen Sie sich. Womit kann ich Ihnen dienen?«
    »Ich habe Syphilis«, sagte der Besucher heiser und sah Turbin offen und finster an.
    »Waren Sie schon in Behandlung?«
    »Ja, aber sie war schlecht und unregelmäßig. Sie half wenig.«
    »Wer hat Sie zu mir geschickt?«
    »Der Vorsteher der Nikolai-Kirche, Vater Alexander.«
    »Wer bitte?«
    »Vater Alexander.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Ich habe bei ihm gebeichtet, und das Gespräch mit diesem

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