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Die weiße Hexe

Titel: Die weiße Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Maria Hilliges
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seiner Geburt hatten Efes Sohn schwer geschädigt. Noch während unserer Anwesenheit bekam er einen Krampfanfall. John holte den Jungen einige Monate später nach Lagos und ließ ihn von Rhoda aufziehen. Als Zweijähriger starb er an einem seiner Krämpfe.
    Ich hatte mit Efe kein Wort gesprochen. Aber eine Stimme in mir sagte mir, daß wir uns nicht zum letzten Mal begegnet waren.
    ZUM FEUERLÖSCHEN AN DIE TANKSTELLE
    Als wir nachts in Lagos bei Moses' Haus ankamen, fand ich dort die runde Mary wieder vor. Sie unterhielt sich mit den vielen Frauen an der Kochstelle. Alle schienen sie gut zu kennen. John entfaltete ungekannte Betriebsamkeit: Er begann, seine und meine Sachen in Taschen zu packen. Nebenbei erklärte er mir, daß wir in das Haus von Mary ziehen würden. Denn Mary hatte gemeinsam mit ihrem Bruder eine Autowerkstatt an der Agege-Motor-Road, der ständig verstopften Verbindung zwischen Flughafen und City.
    John, plötzlich der coole Pragmatiker, sagte: „Die Autos müssen repariert werden. Sollen wir das hier machen?“ Mir kam das alles mehr als komisch vor. War Mary etwa ... Aber erst ein paar Tage zuvor hatten wir unsere Ehe mit erheblichem Aufwand gekittet!
    John wies jede intimere Verbindung mit Mary weit von sich. Sie sei eine Kusine ...
    „Du hast ihr doch nicht etwa ein Auto dafür versprochen?“
    „Einen 504“, sagte er und packte ungerührt weiter.
    Damit blieben noch ganze sechs von zehn Autos übrig, um Vaters Schulden zu tilgen. Meine eigenen rechnete ich lieber gar nicht mit.
    John machte sich daran, sämtliches Geld im Haus zusammenzukratzen. Rhoda mochte zetern, soviel sie wollte: Ihr bei der Taufe des Babys gesammeltes Geld mußte sie abliefern - für die Autos. Wir fuhren zu Marys Werkstatt, einer Baracke, an deren Straßenseite jemand mit blauer, krakeliger Schrift cor repair gemalt hatte. Auf dem Hof ein Schuppen, aufgebockt auf Steinen ein Peugeot, darunter ein paar Männerbeine. Sie gehörten Nathan, dem 18jährigen Bruder von Kusine Mary.
    Im Schatten der Baracke saßen drei Männer. Sie warteten auf uns.
    Und - o Wunder! - sie hatten Geld dabei. Die Anzahlung für jene Autos, die wir am nächsten Tag aus dem Zoll holen wollten. Mary, und nicht etwa John, nahm es ihnen mit wieselflinken Fingern ab und ließ es in ihrem Wrapper verschwinden. Sprachlos sah ich zu.
    Ich hatte ausgesprochen Mühe, meine Sprache an diesem Tag wiederzufinden. Es gab in der car-repair-Baracke genau ein Schlafzimmer. Mit einem Bett. John und ich bekamen das Bett, Mary rollte ihre Matte am Boden aus und legte sich ganz selbstverständlich davor. Als gehörte sie dazu.
    Während ich vergeblich versuchte einzuschlafen, wußte ich plötzlich, woher ich diese Mary kannte. Das heißt, ich kannte nicht sie. Ich kannte Marys wie sie. Sie waren plötzlich da, wenn ich John mal ein paar Wochen allein in London gelassen hatte, um nach München zu fahren. Dann trugen diese Marys meinen Morgenrock, putzten sich mit meiner Zahnbürste die Zähne und schliefen mit meinem Mann. Himmel, war ich dumm! Es hatte sich nichts geändert. Wozu der ganze Aufwand mit Ahnen- und Götterbeschwörung? Hielten die Geister hier denn alle nur zum Mann? Sollte ich immer die Schuldige sein? Ich wollte bloß noch Vaters Geld und weg. Mit John an meiner Seite konnte das nie etwas werden mit Balance und so.
    Der Hafen war wieder geöffnet worden und unterstand jetzt direkt dem Staat. John blätterte Naira-Schein um Naira-Schein auf den Tresen des neuen Zollbeamten. Endlich klopfte der unzählige Stempel auf die Papiere. Wir waren zu viert - John, ich, Mary und Nathan. Drei Wagen mußten also vorerst im Hafen zurückbleiben.
    Ein Junge aus der Werkstatt namens Jojo hatte uns im Patrol zum Hafen begleitet.
    Wir füllten aus Kanistern Benzin in die Tanks der Wagen. Keines der Autos sprang an. Während Mary loszog, um eine neue Batterie zu kaufen, begannen John, Nathan und Jojo, die Reifen zu wechseln. Da es sich bei der Mehrzahl der Autos um Peugeots des gleichen Typs handelte, ergänzten wir nach dem Baukastenprinzip.
    Schließlich standen die verbliebenen drei praktisch radlos da.

    Der einzige, dem die Sache richtig Spaß zu machen schien, war Nathan. Der Junge schwitzte in der Hitze zwar genauso wie John, aber er sang pausenlos vor sich hin. Als Mary endlich wieder auftauchte, gab der zuerst wieder zum Leben erweckte Wagen dem nächsten Starthilfe, dem verbliebenen Benz. Irgend jemand hatte den Auspuff des Mercedes dringend gebraucht. In

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