Die Weiße Ordnung
die Tore«, erklärte Rinfur und zeigte auf die breite, weiße Straße, auf der mindestens vier Wagen nebeneinander fahren konnten.
Cerryl versuchte zu erkennen, worauf Rinfur deutete, aber die Sonne stand so tief, dass jeder Blick nach Westen für Cerryl blendende Weiße in den Augen und Kopfschmerzen bedeutete.
Rinfur brachte das Gespann hinter einem Eselkarren, auf dem sich Töpferwaren stapelten, zum Stehen. Vor dem Eselkarren stand noch ein Wagen, ein kleiner, der nur von einem knochigen Pferd gezogen wurde und verschiedene Kürbisarten geladen hatte. Der Kürbiswagen stand neben einem kleinen weißen Steingebäude vor den Toren. Die Steintore erschienen Cerryl nicht sehr hoch, nicht höher als zehn oder zwölf Ellen; keineswegs beeindruckend für eine Stadt, die Candar mehr oder weniger beherrschte.
Die zwei weiß gekleideten Soldaten oder Wachen traten vor den Kutscher des Kürbiswagens, untersuchten das Gefährt, warfen einen Blick auf die Kürbisse und winkten den Bauern durchs Tor. Dann kam der quietschende Maultierwagen an die Reihe und Rinfur ließ die Pferde ein Stück vorgehen, musste jedoch die Bremse heftig betätigen, um den Wagen wieder zum Stehen zu bringen.
Ein Quietschen ertönte, als der Langholzwagen schon lange wieder stand. Cerryl drehte sich um. Eine dunkelgraue Kutsche war hinter ihnen zum Stehen gekommen. Sie wurde von zwei Grauen gezogen, auch der Kutscher trug Grau. Er mied Cerryls Blick. Hinter der Kutsche kam noch ein Wagen, den jedoch die Kutsche verdeckte, und so blickte Cerryl wieder nach vorn zu den Toren.
Die zwei Wächter standen nun beim Fahrer des Eselkarrens. Einer zeigte auf die Plakette. Der Fahrer gestikulierte und zog die Schultern hoch, als würde er nicht begreifen.
Cerryl bemühte sich, die Worte zu verstehen.
»… Euer Passierschein ist zwei Jahre alt …«
»Das wusste ich nicht, Ser.« Der Karrenbesitzer zuckte noch einmal die Schultern und sah den Soldaten hilflos an.
»Ihr habt es gewusst. Lügt uns nicht an.« Der größere der beiden Soldaten packte den Mann am Arm und zog ihn vom Wagen.
»Handlanger!«, rief der zweite Soldat. Kurz darauf kamen zwei Männer gesprungen, die den Maulesel ausspannten und ihn durch eine Gasse zu einem niedrigen Gebäude führten. Ein Stall? Cerryl beobachtete weiter den nun unbeaufsichtigten Karren mit Holz und Töpferwaren.
Da, zwei Feuerkugeln zischten von oben aus dem Wachturm und hüllten den Karren ein. Als Cerryl die Augen wieder öffnete, entdeckte er nur einen wadenhohen Haufen weißen Staubes, den die Flammen zurückgelassen hatten. Der leichte Wind wehte den Staub bereits fort.
Cerryl hatte Mühe, sich das Schlucken zu verkneifen, als er die Ströme rötlich weißer Energie sah und fühlte, die um die Tore wirbelten; Energien, die offenbar niemand außer den Magiern, die sie ausgesandt hatten – und Cerryl –, sehen konnte.
Zwei Männer in Ketten schleppten sich aus dem Turm, einer trug einen Besen, der andere eine Schaufel und zwei große Eimer. Noch bevor Cerryl wirklich schlucken konnte, waren die Asche und die zwei angeketteten Männer verschwunden und der Soldat bedeutete Rinfur, den Wagen vorzufahren.
Cerryl drehte sich zu Rinfur.
»Das passiert, mein Junge. Verstehst du jetzt, warum man den Weißen Magiern nicht in die Quere kommen sollte?« Rinfur zog leicht an den Zügeln, nur so viel, dass die Pferde etwa ein Dutzend Schritte machten und den Wagen bis zum weißen Wachposten zogen.
Die zwei weiß gekleideten Soldaten schritten gemächlich vom weißen Randstein bis zum Wagen, als wäre nichts geschehen. Einer kontrollierte die Plakette auf der Wagenseite. Der andere sah Rinfur an. »Welche Ware? Wohin?«
»Weiße Eiche von Dylert, dem Sägemeister aus Hrisbarg. Kommt zu Fasse, dem Kunsttischler, am Platz der Kunsthandwerker.« Rinfur sprach höflich, man merkte, dass er das öfter machte.
Wie oft hatte der Fuhrmann wohl schon weiße Eiche nach Fairhaven gefahren?
Der zweite Soldat musterte Cerryl für einen Augenblick, dann wandte er den Blick ab, eine eingehendere Untersuchung hielt er offenbar nicht für nötig. Er hob die Plane an und begutachtete die Ladung. Anschließend nickte er dem anderen Soldaten zu. »Holz.«
Der erste Wachposten trat zurück und nickte. »Ihr könnt fahren.«
»Danke«, antwortete Rinfur freundlich.
Cerryl unterdrückte ein Schlucken, bis sich der Wagen wieder in Bewegung gesetzt und die Tore hinter sich gelassen hatte. Geschäfte und Wohnhäuser standen etwas
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