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Die Weiße Ordnung

Titel: Die Weiße Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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– zu schlecht bezahlter Kopistenarbeit.«
    »Ja, Ser. Wenn Ihr wollt, kann ich noch einmal mit schmäleren Buchstaben darauf schreiben.« Cerryl stand in der Tür und sprach mit ruhiger Stimme.
    »Warum hast du das nicht gleich gemacht?« Tellis jaulte fast wie ein Hund. »Ich habe es dir wieder und wieder gezeigt.«
    »Ich dachte, so wäre es Euch recht, Ser.« Cerryl hatte Mühe, seine Stimme ruhig und unterwürfig klingen zu lassen.
    »So habe ich es dir nicht beigebracht. Kannst du denn nichts richtig machen?« Tellis warf die Seiten in die Luft.
    Cerryl schwieg.
    »Gar nichts? So lange habe ich dich unterrichtet und du kannst nicht einmal die Buchstaben in der richtigen Breite schreiben.« Tellis’ Augen blitzten zu Cerryl und dann zur Tür. »Noch niemals hatte ich Weiße Magier in meinem Laden, außer wenn sie Bücher kaufen wollten. Und jetzt … werden wir beobachtet und ausgefragt. Was hast du dazu zu sagen?«
    »Ser, ich habe nichts verbrochen.« Es gab keine Antwort, die Tellis beschwichtigen könnte, aber nicht zu antworten wäre noch schlimmer.
    »Alles, was du kannst, ist, den Boden zu schrubben und Botengänge zu verrichten. Auch deine Tinte wird die Jahre nicht überdauern.«
    »Ja, Ser.« Cerryl hatte verstanden. Aus irgendwelchen Gründen wollte Tellis Cerryl nicht auf die Straße setzen. Er war aber gerade dabei, seinem Lehrling das Leben unerträglich zu machen … so unerträglich, dass Cerryl nicht bleiben würde. Doch noch wagte er nicht zu gehen, nicht solange er sich über seine Gefühle noch im Unklaren war. Schließlich waren ihm nur seine Gefühle geblieben und nur sie konnten ihn führen.
    »Dein ganzer Lohn – den ich dir noch schulde – könnte das Pergament nicht aufwiegen, das du zerstört hast.«
    »Ihr könnt meinen Lohn behalten, Ser. Ich möchte Euch nicht verärgern.«
    »Du hast mich bereits verärgert.« Tellis schniefte. »Geh und leer die Nachttöpfe aus.«
    »Ja, Ser.«
    »Und wasch sie aus.«
    »Ja, Ser.«
    »Wasch sie gründlich aus.«
    Cerryl verbeugte sich und ging.
    »Und danach gehst du zum Abdecker und besorgst Hufe. Ich muss Leim machen.«
    »Ja, Ser.«
    Als Cerryl das Arbeitszimmer schon verlassen hatte, hörte er Tellis immer noch brummen.
    »Dylert einen Gefallen tun … und wohin bringt mich das? Weil er meinem Sohn geholfen hat … und wo – das Licht möge mir helfen – wo bleibt da die Gerechtigkeit? Wenn ich lebend aus dieser Sache herauskomme, sind wir quitt, endgültig.«
    Cerryl ging in die Küche und überlegte, was er tun konnte, wo er hin sollte, zumindest so lange, bis die Weißen Magier das Interesse an ihm verloren hatten.
    »Wo willst du hin?«, fragte Beryal.
    »Tellis hat mir aufgetragen, die Nachttöpfe zu leeren und auszuwaschen.«
    Beryal lächelte. »Das musst du nicht tun. Deiner ist sauber, ich habe gesehen, wie du ihn ausgespült hast, und meiner auch. Und meine Tochter reißt dir den Kopf ab, wenn du sie so früh weckst.«
    »Was soll ich dann tun?« Cerryl sah in Richtung Arbeitszimmer.
    »Der Hof müsste gefegt werden, Tellis muss jetzt ohnehin eine Weile allein sein. Ich werde ihm sagen, dass ich dir das aufgetragen habe.« Beryal sah Cerryl an. »Er hat Angst. Er hat gesehen, was die Magier den Menschen antun, wenn sie ihr Missfallen erregen. Er musste es schon zu oft mit ansehen.«
    »Aber er hat nichts getan und die Magier müssen das doch wissen.« Cerryl warf einen Blick über die Schulter.
    »Sein Sohn …«, flüsterte Beryal und schaute zur Tür. »Wir alle tragen Schwarze Engel in uns und Tellis hat Angst. Später …« Mit normaler Lautstärke sprach sie weiter. »Geh und feg den Hof.«
    Cerryl nahm den Besen und ging durch den Hauptraum in den Hof. Würde sich Tellis wieder aufregen, wenn Cerryl jetzt den Hof fegte? Beryal wollte etwas über Tellis’ Sohn erzählen. War das nicht dieser Vieral, den Benthann erwähnt hatte?
    Cerryl hätte am liebsten geschrien und geweint gleichzeitig. Alle verschwiegen etwas und er konnte nicht einfach fragen, obwohl die Antworten auch ihn betrafen. Würde das Leben immer so sein?
    Mit einem innerlichen Seufzer machte sich Cerryl ans Fegen. Er fing neben der Tür an und achtete darauf, dass der Besen auch jede Fuge zwischen den Steinen erreichte. Er beschloss, die Steine noch zu schrubben, wenn er mit dem Fegen fertig war.
    »Cerryl!«
    Cerryl sah auf. Tellis stand in der Tür, sein Gesicht leuchtete weißer als der weiße Granit der Straße. »Ja, Ser.«
    »Die Magier wollen dich

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