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Die Weiße Rose

Die Weiße Rose

Titel: Die Weiße Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Scholl
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feststellt, auf eine ihrem Strafmaß gleiche Zeitspanne.
    Die dritte Gruppe der heutigen Angeklagten sind dumme Jungen und dumme Mädels, durch die die Sicherheit des Reiches nicht ernstlich gefährdet ist.
    An der Spitze stehen hier die Schüler und Klassenkameraden Hans Hirzel und Franz Müller. Hirzel unterhielt sich, wenn Scholl in Ulm auf Urlaub war, öfter mit diesem. Scholl hat, wie der Volksgerichtshof aus eigener Wahrnehmung weiß, einen stark suggestiven, durch Nur-Intellektualität noch gesteigerten Einfluß, erst recht auf einen so unreifen Wirrkopf wie Hirzel, ausgeübt. Scholl bearbeitete Hirzel in seinem Sinne. Er riet ihm, sich politisch weiterzubilden, damit er beim Zusammenbruch Deutschlands als Redner im Sinne der Scholl’schen föderalistisch-individualistischen Mehrparteiendemokratie wirken könne!!!…
    Dem Volksgerichtshof fällt auf, daß aus
einer
Schulklasse drei Schüler (auch Heinrich Guter) in dieser Sache erscheinen und noch weitere erwähnt wurden! Da muß etwas nicht stimmen, was am Geiste dieser Klasse liegt und was der Senat nicht allein diesen Jungen zur Last legen kann. Man schämt sich, daß es eine solche Klasse eines deutschen humanistischen Gymnasiums gibt!! Den Gründen hierfür im einzelnen nachzugehen, ist aber nicht Aufgabe des Volksgerichtshofes. …
    Die Angeklagten, die verurteilt sind, müssen auch die Kosten dieses Strafverfahrens tragen.
    Nur besondere Kosten gegen Harnack trägt die Reichskasse, weil dieser freigesprochen ist.
     
    gez.: Dr. FreislerStier.

Augenzeugenberichte
    Josef Söhngen, Buchhändler in München, Freund von Hans Scholl, Mitwissender der Aktion und zu Hilfestellungen herangezogen. Brief an Inge Scholl, Ende 1945
    Wenn ich zum ersten Male in diesem Brief an Sie versuche, eine Darstellung meiner Beziehungen zu der Studentenerhebung zu geben, so kann es wirklich nur ein Versuch sein. Bisher habe ich versucht, immer so neutral zu bleiben, wie ich es in der Zeit der aktiven Tätigkeit in bewußter Verabredung mit Herrn Scholl war.
    Ich lernte Hans Scholl etwa 1940 / 41 in meiner Buchhandlung kennen und in häufigen längeren Gesprächen erkennen, daß es ein junger Mensch war von seltenen Qualitäten, der insbesondere um religiöse Probleme mit einer Heftigkeit gerungen hat, wie ich es überhaupt nicht wieder erfahren habe … Da uns religionsphilosophische Fragen vorherrschend beschäftigten, haben wir kaum über politische Gegenwartsfragen gesprochen, vornehmlich nicht im Anfang unserer Bekanntschaft. Unser beider Gesamthaltung ließ aber gar keinen Zweifel darüber, daß wir zumindest vollkommen ablehnend dem NS gegenüberstanden. Wenn ich mich recht erinnere, war es eine heftige Bemerkung von mir gegen das Regime und besonders die Einrichtung der Gestapo, die mich gerade wieder einmal – ich weiß nicht, wie oft schon – vernommen hatte, die H. S. veranlaßte, aus seiner Reserve herauszutreten und mir folgenden Vorschlag zu machen. Zeitpunkt dieses Vorschlages: unmittelbar vor seinem Frontdienst im Herbst 1942 , für den man ja das grausame Wort Frontbewährung erfunden hatte. In seinen beiden Briefen, die ich noch besitze, weist er dann in verkappter Form auf die beabsichtigten weiteren Gespräche hin. Sofort nach seiner Rückkehr – es mag Anfang Dezember gewesen sein – besuchte er mich wieder in meiner Buchhandlung und wir verabredeten ein ausführliches Gespräch für den nächsten Tag. Bei diesem Gespräch entwickelte H. S. seine Pläne in aller Ausführlichkeit, und die gründliche Unterbauung seiner Gedanken aus seiner weiten und sicheren Schau und einer klaren, festgeformten religiösen Weltanschauung – also Gedankengängen, die vollkommen frei waren von kleinlichen Gesichtspunkten – bestimmten mich sofort und bedingungslos, meine Mitarbeit und Mithilfe zuzusichern. H. S. sprach unter anderem davon (diese einzelnen Hinweise aus verschiedenen Gesprächen zusammengezogen), daß Verbindungen zu vielen Universitäten bestehen, daß in Württemberg beispielsweise alle Vorbereitungen getroffen seien, bei Gelingen des Umsturzes eine neue Regierung zu bilden. Im übrigen hatte H. S. die Taktik, keinerlei weitere Namen und Stellen zu nennen, außer denjenigen, die man unbedingt wissen mußte. H. S. hatte eine Querverbindung zur Gestapo und erhielt von diesem Mittelsmann im geeigneten Moment eine Warnung. In diesem Falle – es war viermal notwendig – wurden die Druckmaschinen, später auch die Druckstöcke, mit denen

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