Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die weiße Schmuggler-Jacht

Die weiße Schmuggler-Jacht

Titel: Die weiße Schmuggler-Jacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
„Wenn ich das richtig sehe, ist das hier ganz orientalisch.
Sozusagen maurischer Stil.“
    Er hatte recht. Weißgetünchte Gebäude
umschlossen einen rechteckigen Innenhof, den Markt, in dem Palmen und Pinien
Schatten spendeten. Die Gebäude waren Läden, Metzger verkauften Hammelfleisch,
Fischhändler den frischen Fang, der sehr aufdringlich roch. Orientalische
Gewürze wurden angeboten, Lederwaren, Sonnenöl und Bücher — letztere für
Touristen, also in englischer, französischer, italienischer und deutscher
Sprache.
    Verwilderte Hunde stromerten umher. Man
sah die Rippen durchs Fell, und sicherlich war keiner darunter, den jemals eine
Bürste berührt hatte. Trotzdem waren sie glücklicher als mancher verfettete
Mops oder Hängebauch-Dackel in Mitteleuropa.
    „Jetzt durch das Tor dort“, meinte
Karl, der ständig ein Auge auf dem Stadtplan hatte, „dann stehen wir am Hafen.
Bin wahnsinnig gespannt. Denn was wir gleich sehen werden, habe ich mir geistig
schon im Fremdenführer angeeignet. Ihr gestattet einen Kurzvortrag?“
    „Nein!“ stöhnte Klößchen. „Ich bin
geschafft. Ich verdurste. Ich will endlich auf die Jacht, auf die All-Star und
trinken. Etwa zehn Liter eisgekühlte Limonade. Das könnte reichen. Vielleicht.“
    „Du Banause“, kanzelte Karl ihn ab. „Jetzt
geht’s um Kultur. Also sperr deine Löffel auf. Denn hier, an der Ostküste der
Inselspitze, liegt nicht nur der Mandraki-Hafen, wo die Jachten ankern — nein,
drei Hafenanlagen sind in nord-südlicher Richtung angelegt. Hinter dem Mandraki
liegt der Handelshafen und am Schluß der Hafen der Akandia-Bucht. Wir kommen
jetzt zum Mandraki — weil wir zu meinen Verwandten wollen. Außerdem ist er der
interessanteste. Er wurde schon 408 vor Christi erbaut, als man nämlich die
Stadt Rhodos gegründet hat. Bald wurden Molen angelegt und ein Wehrturm — weil
hier immer wieder Zoff im Karton war. Wegen Seeräubern und so. Er ist
beckenförmig. Zwei Steindämme halten die Einfahrt schmal. An den Enden der
Steindämme stehen sich ein Hirsch und eine Hirschkuh gegenüber. Das sind die
uralten Wahrzeichen der Stadt Rhodos. Irgendwo...“
    „Warum stehen die dort dauernd?“ fragte
Klößchen dazwischen. „Wieso laufen sie nicht weg?“
    „Sie sind aus Stein, du Zehn-Liter-Säufer.
Im übrigen soll dort, dicht beim Hafenkastell, der Koloß von Rhodos gestanden
haben. Er...“
    „Jetzt könnte Willi seinen Platz
einnehmen“, lachte Gaby. „Als der Koloß aus Deutschland.“
    „Sowas überhöre ich doch“, meinte
Klößchen und quälte soviel Hochmut in seine Miene, daß ihm noch mehr Schweiß
ausbrach.
    „Über dessen Gewicht“, stellte Karl
richtig, „verfügt Willi nun doch nicht. Immerhin zählte der Koloß damals zu den
sieben Weltwundern. Es war eine 30 Meter hohe Bronzestatue des Helios, des
Hauptgottes der Insel. In den Jahren 304 bis 292 wurde sie von einem gewissen
Chares von Lindos als Siegesdenkmal errichtet. Leider...“
    „Wen haben denn die Rhodier damals
besiegt?“ wollte Tim wissen, während sie durch ein schattiges Tor gingen, wo
sich Straßenhändler ausgebreitet hatten.
    „Das war... eh... ja, richtig! In den
Jahren 305 und 304 wurde Rhodos von dem Diadochenkönig Demétrios Poliorkétes
belagert. Vergeblich. Zum Dank für die Errettung schuf man den Koloß.“
    „Aber leider...“, sagte Gaby.
    „Wie?“
    „Du wolltest was sagen, und dein Satz
fing mit ‚leider’ an.“
    „Richtig. Im Jahre 227 vor Christi
zerstörte ein Erdbeben Teile der Insel. Auch den Koloß. Er wurde nicht wieder
aufgestellt. Weil eine Weissagung den Rhodiern weismachte, die Götter wären
neidisch. Und da wollten sie begreiflicherweise kein Risiko eingehen. Ahhhhh...!
Was sagt ihr nun? Ist das nicht prächtig!“
    Sie standen jetzt auf der anderen Seite
des Tors. Eine breite Straße verlief am Meer. Palmen wippten im Seewind. Der
Kai hatte sicherlich eine Länge von 500 Metern. Dicht an dicht ankerten die
Jachten. Sie kamen aus allen Teilen der Welt. Über den Mandraki hinaus reichte
der Blick aufs Meer, wo am Horizont weiße Dampfer vorbeizogen. Diesseits der
Straße schlossen sich große Häuser zu einer lückenlosen Zeile zusammen: die
Bank von Griechenland, der Justizpalast, die Post und das Gebäude der
Hafenpolizei. Davor reihte sich ein Straßencafe ans andere. Zu Hunderten saßen
dort die Urlauber in der Sonne, tranken griechischen Kaffee oder gekühlten
Fruchtsaft. Alle Blicke galten den Schiffen.
    „Phantastisch!“ rief

Weitere Kostenlose Bücher