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Die weissen Feuer von Hongkong

Die weissen Feuer von Hongkong

Titel: Die weissen Feuer von Hongkong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Thürk
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reden wir später. Jetzt muß ich zuerst ein kurzes Gespräch mit dem Kapitän führen. Warten Sie hier. Und machen Sie nicht ein Gesicht wie ein durchgefallener Abiturient.«
    Er ging, Kolberg blieb nachdenklich zurück. Der PoIe hatte recht. Wenn er jemals in Ruhe leben und arbeiten wollte, dann durfte er nicht in jenes Deutschland geben, aus dem Brautmann kam. Es würde ihm nicht schwerfallen, neu anzufangen. Je früher er das tat, desto besser.
    In der Tür erschien der Matrose Novik und winkte ihm. »Mister, Ihr Sampanfahrer will Geld haben.«
    »Geld? Er soll warten.«
    »Sagen Sie ihm das lieber selbst«, meinte der Matrose.
     
    *
    Der Kapitän der »Kosciuszko« war jünger als Josef Koslowski, ein schlanker, intelligent aussehender Mann, der sich geradezu soldatisch straff hielt. Er betrachtete den Ersten Steuermann ein wenig mitfühlend, als der bei ihm in der Kabine auftauchte. Er stellte ihm ein Glas Eiswasser hin, von dem Koslowski vorsichtig einen Zug nahm, und hörte mit gerunzelter Stirn an, was der Steuermann ihm vortrug. Er fuhr nun schon einige Jahre mit Koslowski, und es gab kaum eine wichtige Entscheidung, über die er sich nicht mit ihm beriet. Sein Gesicht bekam einen nachdenklichen Ausdruck. Schließlich erkundigte er sich: »Kennst du den Mann gut genug, um so etwas zu riskieren, Josef?«
    »Das Risiko liegt bei ihm. Ich halte ihn für einen ehrlichen Kerl, der in eine von oben bis unten belämmerte Lage geraten ist.«
    Der Kapitän wiegte den Kopf. »Im Hafen dürfen wir ihn nicht an Bord nehmen. Das könnte böse Schwierigkeiten mit den Engländern geben.«
    »Ist mir auch klar«, stimmte Koslowski zu. »Aber du bist einverstanden, daß wir ihn überhaupt mitnehmen? Samt
    Frau und Kind?«
    Der Kapitän zuckte die Schultern. »Schließlich kann man ihn in dieser Lage nicht sitzenlassen. Einer, der in Korea Schluß macht, verdient Hilfe.«
    »Eben«, bemerkte der Steuermann. »Das war auch mein Gedanke. Außerdem ist er Deutscher.«
    Der Kapitän schüttelte leicht den Kopf. Er lächelte fein, als er sagte: »Manchmal bewundere ich dich, wenn du von den Deutschen sprichst. Ich kenne Leute, die erheblich weniger unter ihnen zu leiden hatten als du und trotzdem viel schlechter auf sie zu sprechen sind.«
    Koslowski erkundigte sich ungeduldig: »Halten wir uns hier gegenseitig politische Vorträge? Oder tun wir was für den Deutschen?«
    »Für den Deutschen«, wiederholte der Kapitän lächelnd.
    Da fuhr Koslowski ärgerlich auf: »Ja, für den Deutschen, du großer Politiker! Ich habe gesehen, wie deutsche und polnische Leichen zusammen auf demselben Karren zum Ofen geschoben wurden. Da waren sie vereinigt, bloß es war zu spät. Warum, Gott verflucht, muß ich dir, der du ein hochgebildeter Mensch bist, immer wieder dasselbe vorbeten? Einem Deutschen wie diesem Flieger muß man helfen. Aus Prinzip.«
    »Reg dich nicht auf, Josef«, ermahnte ihn der Kapitän gutmütig. »Ich habe ja nur mal einen Gedanken geäußert. Du weißt genau, wie ich über solche Sachen denke.«
    »Eben. Deshalb will ich jetzt ein Wort von dir. Als Kapitän. Der Deutsche sitzt im Speiseraum vor einer lausigen Limonade und wartet. Was soll ich ihm sagen?«
    Der Kapitän kannte seine Möglichkeiten. Er hatte nicht nur die Verantwortung für das Schiff, sondern auch für alle Auseinandersetzungen, die es möglicherweise mit den Engländern, geben konnte. Er fuhr einige Jahre und pflegte nüchtern zu überlegen, bevor er Entscheidungen traf.
    »Zunächst schickst du ihn wieder vom Schiff«, legte er fest. »Sonst streicht uns der Zoll oder die Auswanderungsbehörde die Masten rot an. Wir helfen ihm, keine Frage. Aber wir können ihn erst außerhalb der Dreimeilenzone aufnehmen. Dort hat uns kein Engländer mehr Vorschriften zu machen. Gib ihm den Kurs, auf dem wir auslaufen, und sag ihm, er soll drei Meilen vor Hongkong auf uns warten. Morgen nach Sonnenaufgang.«
    Einen Augenblick überlegte Koslowski, dann sagte er:
    »Also muß er versuchen, mit einer Dschunke hinzukommen.«
    »Wenn er es von Korea bis hierher geschafft hat, wird er das auch noch fertigbringen.« Der Kapitän schob Koslowski eine Karte hin. »So werden wir fahren. Sag ihm Bescheid. Ist das Kind noch sehr klein?«
    Koslowski vertiefte sich in die Hafenkarte. Er war nicht zum erstenmal in Hongkong, und es war ihm sogleich klar, daß Kolberg die »Kosciuszko« kaum verfehlen konnte, wenn er von Aberdeen mit einer Dschunke genau in Richtung auf das

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