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Die Weite fühlen - Solèr, P: Weite fühlen

Die Weite fühlen - Solèr, P: Weite fühlen

Titel: Die Weite fühlen - Solèr, P: Weite fühlen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pia Solèr
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dran war, musste ich einen extra Flug nehmen. Ich fuhr mit dem Zug nach Genf. Dort am Flughafen beobachtete ich die Menschen und fand ziemlich schnell heraus, wer sonst noch mit auf diese Reise kam. Doch wir machten uns erst in Marokko miteinander bekannt, als die Reiseführerin, auch eine Schweizerin, uns abholte.
    Am nächsten Tag ging es schon los. Eine Karawane stand für uns bereit. Jeder bekam ein eigenes Kamel. Man durfte auf ihm reiten oder auch neben ihm laufen. Und prompt kam ein Sandsturm auf. Wir montierten das Zelt und mussten abwarten, bis der Sturm sich legte. Zehn Menschen, die einander fremd waren, sassen im grossen Zelt, sodass sich ziemlich schnell Freundschaften ergaben. Ein einziger Mann war dabei mit seiner Frau. Unsere Führer waren die Schweizerin mit ihrem jüngeren marokkanischen Mann und einige Berbernomaden. Sie bekochten uns wunderbar. Doch alle waren froh, als sich der Sturm beruhigte und wir unsere Reise fortführen konnten. Ich genoss den Ritt durch die Wüste sehr. Einmal lief mein Kamel einfach darauf los, die anderen waren weit hinter mir, doch keiner rief, und so liess ich es laufen und kam an einem Brunnen an. Das Kamel wusste genau, was es tat. Ein Berbernomade sagte zur Führerin: »Die schaut aus wie eine Ziegenhirtin, so wie sie beobachtet und läuft.«
    Von dieser Reise nahm ich einen Rucksack voller Steine mit. Es gab Fossilien und Augen in den Steinen, versteinertes Holz. Die Wüste besteht nicht nur aus Sand, es gibt auch die Steinwüste und kleine Berge, Akazien, Gazellen, von denen wir leider nur Spuren gesehen haben. Das Gespräch kam immer wieder auf die gefährlichen Skorpione. So gingen eine Lehrerin und ich auf Skorpionsuche. Wir kehrten viele Steine um und schauten drunter, bis wir in der Nähe unseres Lagers fündig wurden. Alle knipsten Fotos.
    In der Nacht schliefen wir meistens im Freien. Nur einer, er war Psychiater, schlief immer im Zelt und nahm sich den besten Platz, sobald das Zelt stand. Die, die das Zelt aufbauten, bekamen die weniger guten Plätze. Ja, auch darum schlief ich gerne im Freien. Einmal nahm der Psychiater den ganzen Mut zusammen und schlief im Freien. Am nächsten Tag erzählte er von seinen Todesängsten. Ich dachte für mich, oh weh, wer zu dem geht, wird sicher kränker, als er schon war.
    Meine Devise war: Schnell einschlafen, dann merkt man nicht mehr, was so über einem rumkrabbelt. Einmal weckte mich meine Nachbarin, als die Kamele einen Liegeplatz suchten. Doch die Berber waren schon auf, um sie wegzuführen. Sie banden ihnen die Beine zusammen, damit sie nicht zu weit davon liefen, auch über Mittag. Doch einmal, als wir aufbrechen wollten, war mein Kamel nirgends zu finden. Genau an dem Tag war mir zum Reiten zumute, und so bestanden die Berber darauf, dass ich auf das Kamel sitzen sollte, das schon mit Gepäck geladen war. Hinaufgeklettert, sichtete ich das entlaufene Kamel. Ich zeigte es ihnen, und sie holten es wieder ein. Am Abend waren die Kamele am ganzen Hals vollgeklebt mit riesigen Zecken. Wir wollten sie schon entfernen, da sagten die Berber, die Raben würden sie holen. Und wirklich, am Morgen war keine einzige Zecke mehr da.
    Die Berber verstanden nicht, wie wir die Kamele so lieb gewinnen konnten. Sie haben ein nicht sehr enges Verhältnis zu Tieren. Und doch nahm ein Berber den streunenden Hund zu sich nach Hause mit, der uns die ganze Woche begleitet hatte. Das Kamel ist mir ans Herz gewachsen, und ich hätte es gekauft, wenn ich es nicht einer so grossen klimatischen Veränderung hätte aussetzen müssen. Es gibt freilich auch Kamele im arktischen Klima, wie ich später gelesen habe.
    Diese zehn Tage taten meiner Seele gut. Das Klima war angenehm, es war Februar, März. Immer war ein Wind da. Die Wüsteneinwohner verstanden nicht, wie man die Wüste lieben konnte. Ja, für sie ist sie natürlich viel härter. Sie haben keine Reiseführer, die ihnen Wasser und Proviant servieren. Und doch hat es mich immer wieder gereizt, eine Zeitlang bei den Einheimischen zu leben. Als Tourist bekommt man nie alles mit, man bleibt der Aussenseiter, der Fremde, der Geld hat, vor allem wenn man Schweizer ist. Für die Berber war es unvorstellbar, dass eine Ziegenhirtin eine solche Reise finanzieren konnte. Die vielen Ziegenhirten in Marokko verdienen ausser der Milch wahrscheinlich nichts.
    Libyen. Zwei ältere Ehepaare luden mich zu dieser Reise ein, die mitbekommen hatten, dass ich eine Schwäche für die Wüste habe.
    Libyen

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