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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Rolle, ob sie den Tiefen Stämmen oder dem Acherus in die Klauen fielen.
    Etwas flatterte vor ihren Gesichtern - zwei schwarze, geflügelte Silhouetten im Gegenlicht der Sonnenstrahlen, die gefächert durch das Dschungeldach fielen.
    »Hugh!«, stieß Munk aus. »Und Moe!«
    Auch Jolly erkannte die Papageien des Geisterhändlers. War er ihnen gefolgt und bereits ganz in der Nähe?
    »Da - sie zeigen uns den Weg!« Munk bog um die abgestorbene Wurzel eines Urwaldriesen, der möglicherweise breit genug war, dem Acherus standzuhalten.
    Welchen Weg?, hätte Jolly gern gefragt, aber dazu bekam sie keine Gelegenheit mehr.
    Der Acherus brach unmittelbar hinter ihnen durch die Bäume. Mehrere Stämme barsten und kippten in ihre Richtung, rissen andere mit sich und verursachten rund um die Bestie ein Chaos, das sie für einen weiteren Augenblick unsichtbar machte.
    Jolly brüllte eine Warnung und versuchte noch schneller zu laufen, obwohl das so gut wie unmöglich war. Es war schwer genug, den Ranken und Wurzeln auszuweichen, nicht über Buschwerk zu stolpern oder in verborgene Erdlöcher unter Farnwedeln zu treten.
    Sie war am Ende ihrer Kräfte und bekam kaum noch Luft, auch vor Angst, jeden Moment könnte sich eine der Säbelkrallen in ihren Rücken bohren.
    Hugh und Moe waren beim Auftauchen des Acherus emporgeflattert, schlugen jetzt Haken und flogen dem Leichenbiest entgegen. Was die Vögel bewirken wollten, war Jolly ein Rätsel - aber ihr blieb keine Zeit, sich Sorgen um die beiden zu machen, denn vor ihr und Munk lichtete sich jetzt das Unterholz, der Boden wurde sandiger, und bald rannten sie aus Leibeskräften durch einen lichten Palmenhain. Jenseits davon, schon in Sichtweite, lag ein Strand. Der breite Sandstreifen flirrte golden in der Nachmittagshitze.
    Jolly warf einen Blick über die Schulter. Die Papageien flogen zu beiden Seiten des Acherus, auf Höhe seines deformierten Schädels, den Gott weiß welche Kräfte aus Schlamm, Algen und Menschenknochen erschaffen hatten. Die Vögel kreischten und plapperten aufgebracht, und Jolly schien es, als ließe irgendetwas, das sie von sich gaben, den Acherus erlahmen. Er blieb nicht stehen, war immer noch unglaublich schnell, aber sein Körper hatte an tödlicher Wucht verloren; jetzt wich er sogar manchen Palmen aus, statt sie zu entwurzeln.
    Jolly wirbelte herum und brachte die Pistole in Anschlag. Sie zielte auf den Schädel der Bestie, drückte ab - und traf. Doch eine Wirkung des Einschlags blieb aus. Die Kugel wurde von der dunklen Masse verschluckt, ohne den Acherus aufzuhalten. Fluchend schleuderte Jolly die nutzlose Waffe von sich.
    Munk hustete vor Erschöpfung und schnappte nach Luft. »Nicht mehr weit.«
    Sie verließen das Schattengitter des Palmenwäldchens und stolperten hinaus auf den Strand. Der weiche Sand erschwerte ihren Lauf, aber irgendwie gelang es ihnen dennoch, das Wasser zu erreichen. Jolly hielt Ausschau nach Klabautern - stattdessen fiel ihr Blick auf die Nebelbank, die sich gerade um einen vorgelagerten Felsen der Insel entgegenschob. Der Geisterhändler war also noch gar nicht an Land, er hatte lediglich seine Papageien vorausgeschickt.
    Das Wasser war hier viel tiefer als in der seichten Bucht. Sie hatten den Urwald ein ganzes Stück weiter östlich verlassen, gut fünf Minuten zu Fuß von der Bucht entfernt. Auf einer Erhebung in der Ferne erkannte Jolly zwei hohe Palmen; die dritte hatte sie vor wenigen Tagen mit dem Kanonenschuss gefällt.
    Mit weiten, schwankenden Sätzen hetzten sie über die Wellen. Bald hatten sie rund fünfzig Schritt zwischen sich und den Strand gebracht.
    Jolly blieb stehen. Wenn sie dem Acherus jetzt nicht entkommen waren, würde es ihnen überhaupt nicht mehr gelingen.
    Munk machte neben ihr Halt. Er presste beide Hände in die Seiten und atmete so laut ein und aus, dass es selbst das Toben der Bestie übertönte, die gerade zwischen den äußeren Palmen hervorbrach, nicht aufgehalten, aber merklich verlangsamt von den Bannsprüchen der beiden Papageien. Die Geister hingen immer noch wie nebelhafte Kletten am verwachsenen Körper der Kreatur.
    Die Erschöpfung in Munks Blick wich Entschlossenheit. »Nun wollen wir mal sehen, wer der Stärkere ist«, flüsterte er. Er hatte sichtlich Mühe, sich auf den Beinen zu halten, und wenn Jollys eigene weiche Knie ein Anhaltspunkt für seine Entkräftung waren, dann würde er nicht mehr lange aufrecht stehen.
    Aber noch hielt er durch.
    Der Acherus blieb am Strand

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