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Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer

Titel: Die Wellenläufer 01 - Die Wellenläufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Gewissheit: Das Ding, das sich dort vorn im Wasser wand, war kein Kind.
    Es war nicht einmal ein Mensch. Tatsächlich hatte es Ähnlichkeit mit einem… ja, mit einem Wurm!
    Nur dass dieser Wurm fast zwei Fuß lang war und so dick wie der Oberschenkel eines Mannes.
    »Hilf mir!«, schrie der Wurm, obwohl Jolly keinen Mund an ihm sah. »So hilf mir doch, du dummes Ding! Ich ertrinke!«
    Sie kannte diese Stimme.
    Jolly packte den Wurm mit beiden Händen und hob ihn aus dem Wasser. Dann rannte sie weiter, hinaus in die Dunkelheit des Hafenbeckens, fort vom Feuer und den brüllenden Menschen, fort von der Hitze, dem Qualm und den hundert Augen, die ihr folgten.
    »Was bist du?«, fragte sie das glitschige Dinge in ihren Händen. »Wer bist du?«
    »Dumme Frage!«, antwortete der Wurm, und alle Angst war aus seiner Stimme gewichen. »Wer soll ich schon sein, du Ziege! Ich bin das Orakel . Ich bin der Hexhermetische Holzwurm.«
    Niemand war begeistert von dem Wesen, das Jolly an Bord der Carfax brachte. Arn allerwenigsten Walker, der sie daran erinnerte, dass Holzwürmer sich von Holz ernährten. Und woraus bestünde wohl das ganze verfluchte Schiff, von dem draußen auf dem Meer ihr Leben abhing?
    »Ich kann ihn ja füttern«, sagte Jolly. Sie meinte im Laderaum Planken gesehen zu haben, Holzbalken und Bretter, die dort für Reparaturarbeiten aufbewahrt wurden. Sicher würde Walker eine Handbreit davon entbehren können.
    »Wenn er in mein Schiff beißt, geht er über Bord.«
    »Flegel!«, entgegnete der Wurm.
    »Was sagt er?« »Er bedankt sich«, versicherte Jolly eilig.
    »Bedanken, pah!«, murmelte der Wurm. »Der Grobian ist das Holz nicht wert, aus dem man seinen Sarg zimmert.«
    Walker war bereits auf dem Weg zur Brücke. »Und keine Gedichte!«, rief er über die Schulter, ehe er sich zum Geisterhändler und Buenaventure gesellte, die dort oben am Steuer standen und den Kurs besprachen. »Ein falscher Reim auf meinem Schiff und .«
    Er führte den Finger über seine Kehle.
    Jolly hielt den Wurm mit beiden Händen vor sich und starrte ihm ins Gesicht - zumindest auf das Ende, an dem sie sein Gesicht vermutete.
    Augen waren keine zu sehen, nur ein breiter Hornschild, an dessen unterem Rand sich eine Mundöffnung befand. Er hatte sechs plumpe Stummelbeine, und sein Leib zuckte hektisch, wenn er schlechter Laune war.
    »Wie wär’s mit einem,Danke, Jolly, dass du mich gerettet hast’?« Sie funkelte ihn wütend an. »Und hör gefälligst auf, meine Freunde zu beleidigen.« Insgeheim staunte sie über sich selbst: War Walker denn ihr Freund?
    Die Erörterung dieses Problems musste warten, denn der Wurm erging sich jetzt in einer Tirade von Flüchen und Schimpfworten.
    »Walker hat Recht«, sagte Griffin und betrachtete das sonderbare Wesen. »Wir sollten ihn über Bord werfen.«
    »Ach?«, entgegnete Jolly giftig. »Ich kann mich erinnern, dass dasselbe schon mal mit jemand anderem passieren sollte. Warst du nicht ziemlich froh, als Munk es verhindert hat?«
    Griffins Mundwinkel zuckten, aber er sagte nichts mehr.
    Munk kam ihm zu Hilfe. »Das war etwas anderes, Jolly.
    Dieses . Ding da ist kein Mensch. Es ist undankbar und unverschämt, und es kennt mehr Flüche als Walker und Buenaventure zusammen. Außerdem sieht es aus, als ob es stinkt.«
    »Ich stinke nicht!«, ereiferte sich der Wurm. »Du kleiner -«
    »Ruhe!« Jolly musste nachdenken, und das konnte sie nicht, wenn alle durcheinander redeten. Die Einzige, die sich nicht einmischte, war Soledad. Die Prinzessin stand ein paar Schritt entfernt und spähte durch den Wald aus Schiffsmasten zum Kai hinüber. Das Wrack brannte noch immer. Der Rauch, der über das Hafenbecken trieb, mochte ihnen bei ihrer Flucht behilflich sein. Längst waren die Geister dabei, das Schiff klar zum Auslaufen zu machen. Die mächtige Kettenwinde knirschte, als einige der Nebelwesen den Anker einholten.
    Der Wurm räusperte sich. »Ich möchte darauf bestehen, dass ich nicht -«
    »Bring ihn erst mal unter Deck«, fiel Munk ihm in Wort. »Walker schaut immer wieder her, und der Geisterhändler sieht auch nicht gerade glücklich aus.«
    »Dieser Kerl hat mich von oben bis unten begrapscht, als Jolly mich an Bord gebracht hat«, sprudelte es aus dem Hexhermetischen Holzwurm hervor. »Was hat er nur gegen mich?«
    »Was hat er nur gegen mich?«, äffte Griffin ihn mit quietschiger Stimme nach. »Ich hab gehört, Kalk hilft gegen Holzwürmer. Und Salz.« Ein teuflisches Grinsen huschte

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