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Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier

Titel: Die Wellenläufer 02 - Die Muschelmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Gurte schnitten Griffin ins Fleisch. Ein furchtbarer Ruck fuhr durch sein Genick und die Wirbelsäule hinab. Salzwasser strömte in seinen aufgerissenen Mund, und sein heiserer Schrei verklang ungehört in den Wogen.
    Das Seepferd stand so schnell wieder aufrecht, dass Griffin die Bewegung kaum bemerkte. Mit panischen Flossenstößen flog es über die Wellen, während Griffin verzweifelt versuchte, sich in der Schwärze zurechtzufinden. Zumindest war sein Kopf nicht mehr unter der Meeresoberfläche, er konnte frei atmen und hatte kaum Wasser geschluckt. Das Pferd hatte die Kontrolle übernommen und trug ihn vorwärts, so schnell es nur konnte. Er hatte keine Ahnung, ob es auf die offene See zuraste oder nach Aelenium zurückkehrte, in die Sicherheit seiner Stallungen. Griffin war es beinahe gleichgültig. Hauptsache fort von hier. Raus aus dem Nebel, irgendwohin, wo es Licht gab und er sehen konnte, was sie angegriffen hatte.
    Etwas hatte das Seepferd von unten gerammt. Etwas, das massig genug war, das zwölf Fuß große Tier wie ein Spielzeug durch die Luft zu schleudern.
    Griffin schloss die Augen. Es machte in der Dunkelheit keinen Unterschied, aber auf diese Weise hatte er das Gefühl, seine aufgepeitschten Gedanken wieder in geordnetere Bahnen lenken zu können. Das Seepferd suchte sich seinen Weg ohnehin ganz allein.
    Als er die Lider erneut öffnete, lag der Nebel fast hinter ihnen. Noch hielten ihn letzte Dunstarme in ihrem Griff, und die Sterne waren nach wie vor unsichtbar. Dann aber sah er das offene Meer vor sich liegen, ein Netzwerk aus blitzenden Wellenkämmen und vagen Reflexionen. Matador hatte nicht den Weg zurück gewählt, sondern war auf die andere Seite des Nebelwalls geschwommen.
    Das Seepferd und sein Reiter streiften die letzten Nebelschwaden ab und tauchten ein in die Glitzerpracht des karibischen Firmaments. Sie ritten über Wogen, auf denen die Sterne und die Mondsichel schimmerten, und durch eine kühle Brise, die Griffins Ängste mit sich forttrug.
    Nicht dass er einen Moment lang annahm, die Gefahr sei vorüber. Das, was sie angegriffen hatte, konnte ihnen gefolgt sein. Es mochte immer noch irgendwo lauern, verborgen unter den Wellen. Aber der vertraute Anblick des Nachthimmels und die Weite der See beruhigten ihn so sehr, dass er wieder klar denken konnte. Es war fast, als wäre er an Bord eines Schiffes, auf einer jener ruhigen Nachtwachen, die er früher so genossen hatte.
    Sein Blick streifte über den Ozean und am dunklen Horizont entlang. Für Jolly und die Carfax gab es zwangsläufig nur eine Richtung: Südwest, jenen Kurs, der sie zurück zu den Inseln oder zum Festland bringen würde.
    Matador kannte die Richtung. Die Seepferde waren darauf trainiert, die Witterung größerer Landmassen aufzunehmen, selbst über hunderte von Meilen. Das war eines jener ungezählten Wunder Aeleniums, seiner Bewohner, ja sogar seiner Tiere. Der Zauber, der in den Quappen gebündelt war, berührte dort jedes Wesen, gerade so, als verliefen die magischen Adern, von denen Graf Aristoteles gesprochen hatte, mitten durch die schwimmende Stadt.
    Griffins Augen mussten sich erst an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnen. Dann sah er den Umriss der Segel in der Ferne, viele Meilen entfernt, graue Rechtecke, die die Carfax auf einer kräftigen Brise landwärts trugen.
    Mit einem lauten Ruf trieb er das Seepferd an und lenkte es auf den Kurs des Schiffes. Matador war um ein Vielfaches schneller als die Schaluppe, mit etwas Glück würde er sie in weniger als einer halben Stunde eingeholt haben.
    Gischt sprühte Griffin ins Gesicht, als das Seepferd durch die Wogen preschte. Sein Herzschlag raste. Immer wieder blickte er über die Schulter zurück. Der Nebel war kaum noch zu erkennen. Zurückgeblieben war ein finsterer Streifen, der das Glitzern der Wasseroberfläche und den Sternenhimmel auslöschte, als hätte jemand mit einem Tuch einen Teil des Horizonts fortgewischt. Der schwarze Wall war mehrere Meilen breit und verhüllte die Türme Aeleniums und den Korallenkegel in seinem Zentrum.
    Griffin kam nicht weit.
    Vor ihm wölbte sich das Meer zu einem Berg empor, erst fast unmerklich wie die sanfte Steigung eines Hügels, dann immer steiler. An den Seiten der Erhebung prasselten die Fluten herab wie Wasserfälle.
    Griffin wollte das Seepferd herumreißen, doch abermals reagierte es schneller. Matador schlug einen Haken, um dem Giganten auszuweichen, der vor ihnen durch die Oberfläche brach. Aber es war zu

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